Forschungsprojekt untersucht Beitrag von "neuer Wildnis" zur Lösung der Klima- und Biodiversitätskrise
Ein vieldiskutiertes Konzept gegen den menschengemachten Klimawandel und das Artensterben ist die Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme und Landschaften. Im wissenschaftlichen Kontext hat sich hierfür der Begriff "Rewilding" etabliert. Und tatsächlich erlebt die Natur in Europa bereits vielerorts ein Comeback.
Waldfläche wächst
Da in einigen Ländern immer mehr Menschen in Städte ziehen sowie Landnutzungsänderungen stattfinden, nimmt die Waldfläche in der Europäischen Union kontinuierlich zu. Zwischen 1990 und 2020 um fast 10 Prozent (+14 Millionen Hektar). Bis 2030 werden schätzungsweise zehn bis 29 Millionen Hektar Fläche aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommen. Dies bietet Flora, Fauna und komplexen Ökosystemen die Möglichkeit, Raum zurückzugewinnen.
Einfluss auf Klima und Arten
Wie sich das Einstellen menschlicher Eingriffe auf die Kohlenstoffbindung und die Erhaltung der biologischen Vielfalt auswirkt, wurde bisher noch nicht systematisch erforscht. Diese länderübergreifende Aufgabe übernehmen 16 internationale wissenschaftliche Institutionen unter Leitung der Universität Udine (Italien). Im Fokus der Evaluation stehen die "Rewilding"-Konzepte "Proforestation", eine Aufgabe der Waldbewirtschaftung, um natürliche Waldentwicklung zu ermöglichen sowie "Land abondonment", welches Sukzession nach Aufgabe landwirtschaftlicher Flächen beschreibt. Im Rahmen eines interdisziplinären Ansatzes werden zudem rechtliche, kulturelle, wirtschaftliche und politische Aspekte des "Rewilding" untersucht.
Daten und Modelle
Die FVA leitet ein Arbeitspaket, das die europäischen Potenziale zur ober- und unterirdischen Kohlenstoffbindung und -speicherung sowie Veränderungen der Biodiversität untersucht. Hierfür greift sie auf eine breite Datenbasis zurück, die das europäische Klimagefälle von der mediterranen bis zur borealen Zone abdeckt. Als wichtige Parameter gelten die fortschreitende Dauer der Stilllegung und die zeitlich einhergehenden Veränderungen. Als natürliche Referenz werden die verbleibenden europäischen Urwaldbestände herangezogen. Die bewirtschaften Wälder gelten im Untersuchungsaufbau als Normalzustand (Baseline). Auf dieser Datenbasis werden Modelle erstellt, um die langfristige Entwicklung von Biodiversität und Kohlenstoffspeicher auf stillgelegten Flächen zu quantifizieren und prognostizieren.
Wichtige Entscheidungsgrundlage
Die Erkenntnisse werden entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung politischer Konzepte wie der EU-Biodiversitätsstrategie und des EU-Green-Deals sein. Das Projekt WILDCARD ist Teil des EU-Programms "Horizon Europe" (Fördernummer 101081177). Es läuft bis 2027 und ist mit einem EU-Budget von 8,9 Millionen Euro und einem Schweizer Beitrag von 1,2 Millionen Euro ausgestattet.
Partnerinstitutionen des Projektes WILDCARD
- Technische Universität München (Deutschland)
- European Forest Institute (Finnland)
- Vrije Universiteit Amsterdam (Niederlande)
- Institute of Biodiversity and Ecosystem Research at the Bulgarian Academy of Sciences (Bulgarien)
- Research Institute for Nature and Forest (INBO)
- Ștefan cel Mare University of Suceava (Rumänien)
- Silva Tarouca Research Institute for Landscape and Ornamental Horticulture (Tschechische Republik)
- Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (Deutschland)
- Prospex Institute (Belgien)
- Wageningen University & Research (Niederlande)
- Nordwestdeutsche Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (Deutschland)
- University of Turin (Italien)
- University of Padua (Italien)
- University of South Bohemia in České Budějovice (Tschechische Republik)
- ETH Zürich (Schweiz)