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Leben in totem Holz: Totholzgarten – ­eine ­Win-Win-Situation

Alle Fotos: FVA BW/Rupp

Fledermäuse, Insekten, Pilze –  für einige Arten unter ihnen ist Totholz überlebenswichtig. Gemeinsam mit der Stadt Walldorf und den Forstrevieren vor Ort hat die FVA im Staatswald der Schwetzinger Hardt nun einen Totholzgarten angelegt.

Der Erhaltungsauftrag

Das Waldgebiet Schwetzinger Hardt ist geprägt von Flugsanddecken und Dünen, die nach Ende der letzten Kaltzeit entstanden sind. Der trockene, sandige Untergrund und die jahrhunderteange Nutzung (Nährstoffaustrag) sind mit dafür verantwortlich, dass dort Kiefernwaldgesellschaften wachsen. Der Wintergrün-Kiefern-Wald ist auf kalkhaltigem, holozänem Flugsand aufzufinden und der Weißmoos-Kiefern-Wald auf basenarmen, durch ehemalige Streunutzung stark degradierten Flugsand-Standorten.

Diese sogenannten Kiefernwälder der sarmatischen Steppe – mit ihrer besonderen Bodenflora – sind seltene und geschützte Waldbiotope (geschützt nach § 32 NatSchG), von denen es landesweit nur noch 18,1 ha gibt. Die größte zusammenhängende Fläche liegt dabei im Gemeinde- sowie Staatswald der Schwetzinger Hardt. Beispiele für die schützenswerten Arten sind das Dolden-Winterlieb (Chimaphila umbellata; Rote Liste Deutschland 2 = stark gefährdet; Rote Liste Baden-Württemberg 0 = verschollen/ausgestorben) und das Grünblütige Wintergrün (Pyrola chlorantha; RL-D 2 = stark gefährdet; RL-BW 2 = stark gefährdet).

Um die Biotope und Arten zu erhalten, sind lichte Wälder mit immer wieder offenen Bodenstellen und sich verjüngender Kiefer notwendig.

Herausforderungen und Lösungen

  • Invasive Neophyten
    Damit sind Pflanzenarten gemeint, die nach der Wiederentdeckung Amerikas 1492 durch den Menschen aus Regionen eingeführt worden sind, in denen sie zuvor nicht heimisch waren. Von den vielen Neophytenarten haben einige das Potenzial, sich schnell und dabei in dichten Beständen auszubreiten. Dann spricht man von invasiven Neophyten.
    Hier hilft lediglich das Entfernen der Neophyten. In der Schwetzinger Hardt sind dies vor allem die Amerikanische Kermesbeere und die Spätblühende Traubenkirsche.
  • Eutrophierung
    Durch den Menschen reichern sich im Boden und in Gewässern Nährstoffe an, die dort in dieser Menge zuvor nicht vorhanden waren – beispielsweise durch Einträge aus der Landwirtschaft, der Industrie oder dem Verkehr. Dieses Überangebot an Nährstoffen führt zu einer Veränderung der Vegetation und der Artenzusammensetzung, was an magere Bedingungen angepassten Pflanzen- sowie Tierarten die Lebensgrundlage entzieht.
    Die Lösung: Austrag dieser Biomasse, in der viele Nährstoffe gebunden sind.
  • Beschattung
    Aufgrund von vermehrter Beschattung durch dicht stehende Bäume dringt nur sehr wenig Licht zur Bodenvegetation durch. Dadurch nimmt die Versorgung mit Licht und Wärme ab und damit die Vielfalt der Arten.
    Abhilfe schafft Auflichtung der Wälder.
  • Fehlender Rohboden
    Einige Pflanzen- und Tierarten sind darauf angewiesen, offenen Boden vorzufinden. Offener Boden bedeutet, dass kaum Konkurrenz herrscht und meist nährstoffarme Bedingungen vorliegen. Diese beiden Faktoren fördern die Ansiedelung der entsprechenden Arten. Sind Böden über lange Zeit mit einer dichten Moos- oder Grasschicht bedeckt, können die Rohboden-Besiedler nicht überleben. Der Samen der sogenannten Rohbodenkeimer muss also auf dem reinen Boden aufliegen und kann nicht durch eine Schicht von Humus und anderen Auflagen wurzeln.
    Lösung: Schaffung von Bodenverwundungen, indem fleckenartig die Bodenvegetation und die Humusschicht vom Oberboden abgekratzt wird.

Das ökologische Potenzial des Totholzgartens

  • Der Lebensraum "Totholz" bleibt langfristig erhalten.
  • In angrenzenden Lichtwäldern finden Totholzarten als Adultformen (geschlechtsreife Insekten) Blütennahrung.
  • Mit Hilfe von Informationstafeln wird der Totholzgarten Teil eines Lehrpfades und trägt so zur Umweltbildung bei.
  • Das Projekt ist begehbar: Totholz kann vor Ort "erlebt" werden – eine Unterstützung der Umweltbildung
  • Der entnommene Neophyt Späte Traubenkirsche (Prunus serotina) kann sicher eingebaut werden, ohne erneut auszutreiben. Dazu werden in den zu schützenden Kiefernwäldern die Taubenkirschen-Sträucher mitsamt der Wurzel ausgerissen. Die noch lebenden, ausschlagsfähigen Stöcke werden in den Totholzgarten gelegt und mit anderem Totholz bedeckt. Damit wird ein erneuter Austrieb aufgrund von Lichtmangel unterbunden. Haben die Traubenkirschen im Totholzgarten keinen Bodenkontakt, da sie auf liegendes Totholz aufgelegt werden, können die Pflanzen nicht austreiben und vertrocknen.

Entstehung des Totholzgartens in der Schwetzinger Hardt

Sie möchten den Totholzgarten in der Schwetzinger Hardt besuchen?

Der Totholzgarten ist Teil des Naturlehrpfades und befindet sich am Fuße der Düne "Hoher Stein" am Reilinger Weg.

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