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Vorsicht bei der Autofahrt! Vermehrt Wildunfälle rund um die Zeitumstellung

Warnschild: Wildwechsel auf dem nächsten Kilometer möglich ©nmann77 – stock.adobe.com

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Forschungsprojekte an der FVA belegen keine Wirksamkeit der eingesetzten Wildwarnreflektoren

Die Zeitumstellung hat Folgen für Wildtiere – das zeigen jährlich steigende Wildunfälle, wenn die Uhren vor- oder zurückgestellt werden. Auch in den kommenden Tagen sollten Autofahrerinnen und -fahrer daher besonders achtsam unterwegs sein. Um Wildunfälle zu vermeiden, kommen seit rund 60 Jahren vor allem Wildwarnreflektoren zum Einsatz. Ob diese Reflektoren am Straßenrand – zum Beispiel als blaue Halbkreisreflektoren – tatsächlich dazu beitragen, dass Wild sein Verhalten ändert und es zu weniger Wildunfällen kommt, hat die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) in zwei Pilotprojekten untersucht.

"Rund 300.000 Wildtiere werden jährlich durch Autos an- oder überfahren, verenden oft unnötig spät und leiden dabei unter unsäglichen Schmerzen", erklärt Prof. Dr. Ulrich Schraml, Direktor der FVA. "Das entspricht einem Unfall alle 90 Sekunden – dieses enorme Ausmaß an Tierleid, aber natürlich auch der Gefährdung von Menschen muss dringend reduziert werden."

Erstmals Studien zur Wirksamkeit von Wildwarnreflektoren in Deutschland

Eine der am häufigsten angewandten Wildunfallpräventionsmaßnahmen sind Wildwarnreflektoren. Die Hersteller – insbesondere von blauen Reflektoren – versprechen eine Reduzierung der Wildunfälle. Aber Studien, die das Verhalten der Wildtiere in Bezug auf Reflektoren untersuchten, gab es in Deutschland bisher nicht. In einem fünfjährigen Pilotprojekt hat die FVA überprüft, ob die Lichtreize des blauen Halbkreisreflektors zu einem Rückgang des unfallrelevanten Verhaltens bei Rehen führen und ob die Farbe Blau tatsächlich eine "Warnfarbe" darstellt. In einem Folgeprojekt wurden neben der Untersuchung der Wirksamkeit von Wildwarnreflektoren auf Rehe, Füchse und Wildschweine auch die Straßenabschnitte in Baden-Württemberg erfasst, die bereits mit Wildwarnreflektoren ausgestattet sind.

Die Ergebnisse aus insgesamt 45.000 Stunden Videoaufnahmen entlang ausgewählter Straßenabschnitte zeigen: Wildwarnreflektoren haben keinen Effekt auf das Verhalten von Wildtieren und führen nicht dazu, dass Wildunfälle reduziert werden. "Die Tiere wurden durch Reflektoren nicht stärker in ihrem Verhalten beeinflusst im Vergleich zu Zeiträumen ohne Reflektoren", fasst Dr. Falko Brieger vom FVA-Wildtierinstitut zusammen. "Das Risiko eines Wildunfalls wird durch Reflektoren nicht verringert, so dass Wildwarnreflektoren keine geeignete Maßnahme in der Wildunfallprävention darstellen." Auch zeigen die Ergebnisse, dass die Farbe Blau keine Warnfarbe für Rehe ist und in Lichtexperimenten sogar die blau beleuchteten Futterboxen am häufigsten aufgesucht wurden.

Verkehrsgeschwindigkeit und Apps – auf der Suche nach Alternativen

Um die Zahl von Wildunfällen nachhaltig zu senken, gibt es derzeit mehrere Überlegungen. "Vieles läuft auf gezielte Maßnahmenbündel hinaus", erklärt Brieger. "Für einen flächigen Einsatz könnten unter anderem temporäre Geschwindigkeitsreduktionen oder Apps, die Verkehrsteilnehmende vor Straßenabschnitten mit hohen Zahlen von Wildunfällen warnen, Alternativen sein."
Wichtig ist, Wildunfälle zu erfassen und langfristig zu dokumentieren, damit Wildunfallschwerpunkte ermittelt und Maßnahmen umgesetzt werden können. Hier bietet das Wildtierportal Baden-Württemberg per App eine gute Dokumentation von Wildunfällen oder auch die App "Tierfund-Kataster", die deutschlandweit durch die Landesjagdverbände eingeführt wurde.

In Ausnahmefällen können Wildschutzzäune an besonders gravierenden Wildunfallschwerpunkten eingesetzt werden, sagt Brieger: "Wenn die Zäune dicht sind, sind sie eine effektive Maßnahme und erhöhen die Verkehrssicherheit." Allerdings seien bei längeren gezäunten Abschnitten Querungsmöglichkeiten wie Grünbrücken erforderlich. "Sie sind für den Biotopverbund und zur Wiedervernetzung von hoher Bedeutung, aber auch eine teure und aufwändige Maßnahme."

"Die Suche nach effektiven Maßnahmen in der Wildunfallprävention geht weiter – hier setzen wir große Hoffnung auf den baden-württembergischen interministeriellen Arbeitskreis 'Verkehrssicherheit & Wildtiere', der dem Ziel folgt, Lösungsansätze und Maßnahmen zu entwickeln, um die Verkehrssicherheit durch nachhaltige Reduktion von Wildunfällen zu verbessern. Davon profitieren gleichzeitig die Wildtiere. Was aber unumgänglich ist, ist einerseits die intensive Bejagung der Wildtiere sowie andererseits die Kenntnis, wo Unfallschwerpunkte liegen. Nur so können begleitende Maßnahmen effizient umgesetzt werden", sagt Schraml. Für die Tage rund um die Zeitumstellung gelte aber: Besonders vorausschauend zu fahren, um Wildunfälle zu vermeiden. "Die Tiere bewegen sich hier vor allem in der Dämmerung, um im Schutze der Nacht auf Wiesen und Feldern ungestört Nahrung zu suchen."

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