"Die Luchsforschung in Baden-Württemberg ist ein zentraler Baustein, um das noch kleine Luchsvorkommen im Schwarzwald aber auch die weitere Verbreitung in Baden-Württemberg zu unterstützen und zu etablieren. Ich freue mich außerordentlich, dass Luchse auf der Suche nach geeignetem Lebensraum Baden-Württemberg entdecken, regelmäßig den Schwarzwald erkunden und sich hier niederlassen. Das zeigt, dass unsere naturnahen Mischwälder und auch die Menschen bei uns bereit sind für diese faszinierende Tierart", sagt Landwirtschaftsminister Peter Hauk MdL.
Bisherige Nachweise dank Wildtierkameras
Der Luchs mit der wissenschaftlichen Bezeichnung B3010 war bereits im November 2024 im Südschwarzwald und im Dezember bei Bühl im landesweiten Monitoring der FVA erfasst worden. Seit Januar 2025 gab es gelegentliche Nachweise in den an Pforzheim angrenzenden Wäldern. Die Nachweise gelangen über Wildtierkameras der örtlichen Jägerschaft. "Die Jäger sind die Augen und Ohren im Wald und auch für die Wildtierforschung im Wald äußerst wichtig", so Hauk. "Nur der Fund und die schnelle Meldung eines vom Luchs frisch erlegten Beutetieres ermöglichen Fangversuche durch die Wissenschaftler der FVA", ergänzt der Minister.
Der Luchs kehrte jedoch erst nach mehreren Nächten an seine Beute zurück. "Dass es so lange dauert, bis uns ein Luchs an einem Riss in die Falle geht, ist sehr ungewöhnlich", sagt Dr. Micha Herdtfelder, der am FVA-Wildtierinstitut den Arbeitsbereich Luchs und Wolf und die Fangeinsätze leitet. "Luchse sind als heimliche Katzen für Menschen zwar völlig ungefährlich, zeigen sich an ihrem Riss aber in der Regel sehr selbstbewusst und lassen sich von unseren Fallen nicht abhalten", ergänzt der Wissenschaftler.
Erfolgreiche Zusammenarbeit führte zum Fangerfolg
Umgesetzt wurde der Fang in enger Abstimmung mit der lokalen Jägerschaft, der Forstverwaltung und den Veterinären des Zoos Karlsruhe. "Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und kurze Meldewege sind Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Aktion. Das hat hier ganz ausgezeichnet funktioniert", sagt Herdtfelder. Auch die Forstbehörde vor Ort und der Landesjagdverband Baden-Württemberg (LJV) freuen sich über den Fangerfolg. Traditionell übernimmt der LJV die Patenschaft für zugewanderte Luchse und tauft diesen in Anlehnung an die Gründersiedlung der Stadt Pforzheim auf den Namen "Portus".
In enger Zusammenarbeit mit der Stiftung KORA konnte herausgefunden werden, dass Luchs "Portus" im Jahr 2023 im Schweizer Jura geboren wurde und zuletzt im September 2024 im Kanton Aargau nachgewiesen werden konnte. Aus dem Jura kommt es regelmäßig zu Zuwanderungen von fast ausschließlich männlichen Luchsen in den Schwarzwald. "Luchs 'Portus' hat demnach eine Strecke von mehr als 160 km in den Nordschwarzwald zurückgelegt und etabliert nun möglicherweise hier ein Revier. Das umfasst bei Luchsen weit über 100 Quadratkilometer", erklärt Herdtfelder. Insofern die Technik mitspielt, liefert der Halsbandsender nun die nächsten zwei Jahre Daten über das Bewegungsmuster des Luchses. Neben den wissenschaftlichen Auswertungen werden die Daten auch dafür genutzt, die Jägerinnen und Jäger über das Verhalten des Luchses zu informieren.
Das Projekt "Luchs Baden-Württemberg"
Das Projekt "Luchs Baden-Württemberg – Bestandsstützung der Luchsvorkommen in Baden-Württemberg und den angrenzenden Regionen" ist ein Projekt der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) in Kooperation mit dem Landesjagdverband Baden-Württemberg, dem WWF Deutschland und dem Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe. Es wird zudem durch die HIT-Umwelt- und Naturschutzstiftung sowie die Luchs-Initiative Baden-Württemberg e.V. unterstützt. Auftraggeber ist das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg.
Die in Baden-Württemberg ausgewilderten Luchse stammen aus dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm für Karpatenluchse, welches durch die European Association of Zoos and Aquaria (EAZA) koordiniert wird.
Das Projekt "Luchs Baden-Württemberg" wird vom Expertinnen- und Experten-Netzwerk Linking Lynx begleitet, das sich mit der Erhaltung, dem Monitoring und dem Management des Karpatenluchses beschäftigt. Langfristiges Ziel ist es, eine lebensfähige Metapopulation des Karpatenluchses in Europa zu schaffen, welche sich von den Karpaten bis hin zum Jura, den Westalpen und dem Dinarischen Gebirge erstreckt. Die Besenderung von Luchsen und das Monitoring sind wichtige Bausteine, um die Rückkehr der Luchse wissenschaftlich zu begleiten.
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