Aspisviper Projekt
Die zunehmende ‚Verdunkelung‘ der Wälder gefährdet insbesondere die Lebensräume lichtliebender Arten, wie die der Aspisviper (Vipera aspis). Mit ihrem geographisch isolierten Reliktvorkommen im südlichen Baden-Württemberg gilt sie als vom Aussterben bedroht.
Um die Aspisviper mit gezielten Maßnahmen fördern zu können und Erkenntnisse über die Habitatnutzung der Art zu gewinnen, wurden im Sommer 2016 umfangreiche Habitatstrukturaufnahmen durchgeführt. Die daraus abgeleiteten quantitativen Zielwerte der wichtigsten Strukturparameter flossen in den Managementplan des Gebietes ein und dienen einem flächendeckenden Pflegekonzept, die dort vorkommenden lichten Waldlebensräume zu erhalten.
Habitatansprüche der Aspisviper im Südschwarzwald - Hintergrund
Das Reliktvorkommen der Aspisviper stellt einen Ausläufer der rückläufigen Population des Schweizer Juras dar. Die im Schwarzwald bekannten Funde liegen am nordöstlichen Rande des Verbreitungsgebiets, auf einer Höhe von 450 bis 800 m ü. NN (Naulleau, 1997; Fritz & Lehnert, 2007). Hier bevorzugt sie vor allem offene, sonnenexponierte Standorte wie Block- und Geröllhalden oder Steinbrüche mit kraut- und strauchreichen Säumen, aber auch Waldrandbereiche und Uferböschungen (Fritz & Lehnert, 2007).
Nach Einschätzung verschiedener Artexperten ist das Gebiet seit Jahren zunehmenden Veränderungen unterworfen, die sich insbesondere im Verlust lichter Strukturen und Saumgesellschaften zeigen und sich somit negativ auf Lichtwaldarten auswirken. Einige der von Kersting (1985) beschriebenen dort vorkommenden Arten wurden aktuell nicht mehr nachgewiesen oder unterliegen einem starken Rückgang.
Aufgrund dieser Entwicklungen und der besonderen Verantwortung Baden-Württembergs für die Aspisviper wurden die Habitatansprüche der Aspisviper untersucht, um daraus quantitative Zielwerte für relevante Habitatstrukturen ableiten zu können und zielführende Maßnahmen einzuleiten.
Methoden
Für die Analyse wurden Blockhalden mit und ohne bekanntes Vipernvorkommen im Hinblick auf ihre Habitatstrukturen verglichen. Die Flächenauswahl erfolgte auf Grundlage der Kartierdaten der Viper-Experten. Anhand der Sichtungen pro Halde und Jahr wurden Präsenz- (Beobachtung von Aspisvipern innerhalb der letzten fünf Jahre) und Absenzhalden (keine Beobachtung innerhalb der letzten fünf Jahre oder länger) abgeleitet. Innerhalb dieser wurden Zufallspunkte erstellt, an welchen die Strukturaufnahmen erfolgten. Die Zufallspunkte stellten den jeweiligen Mittelpunkt eines Aufnahmeplots (30 x 30m) dar.
Innerhalb dieser Plots wurden folgende Parameter erhoben:
- Geländeparameter
- Entwicklungsstufen
- Vegetationsbedeckung
- Zusammensetzung der Strauch- und Baumschicht
- Totholz
- Vegetationsdistanz
- Sonstige Deckung (Boden)
- Mittlere Besonnungsdauer
Die statistischen Analysen wurde mit der Software R (R Development Core Team 2013) durchgeführt. Mittels generalisiertem linearem Modell (GLM) und anschließendem Erstellen von ‚Conditional Inference Trees‘ (CIT; R-Paket ‚partykit‘ (Hothorn & Zeileis, 2016)) konnten quantitative Schwellenwerte für die Habitatparameter bestimmt werden, welche das Vorkommen der Aspis Viper bestmöglich erklären.
Handlungsempfehlungen
Die Durchführung der Habitatstrukturaufnahmen erfolgte auf Blockhalden, weshalb der Schwerpunkt der Maßnahmen sich auf diese Strukturen bezieht.
Abgeleitet aus den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung werden folgende Maßnahmen empfohlen:
- Die Exposition der Halden, auf welchen Maßnahmen geplant werden, sollten eine südliche Ausrichtung aufweisen (zwischen OSO und WSW)
- Eine möglichst lange Besonnungsdauer (insbesondere am Vormittag) von ≥ 2h sollte gewährleistet sein - Bäume und beschattende Sträucher, welche die Besonnung der Halden stark einschränken, sollten entfernt werden
Der Deckungsgrad (Baumschicht):
- sollte insgesamt unter 34% liegen,
- der Nadelbäume (Fichte, Douglasie, Tanne) sollte unter 17% liegen (Kiefer ausgenommen, da diese als Lichtbaumart keinen negativen Effekt auf das Vorkommen der Aspisviper hat)
Weiteres:
- Haselnussbäume (ggf. auch -sträucher) auf den Blockhalden (Haldenrand auf größeren Blockhalden davon ausgenommen) sollten zurückgschnitten werden
- Die Vernetzung besiedelter und ehemals besiedelter Blockhalden durch Schaffung von Trittsteinen und Korridoren (Pflegemaßnahmen auf weiteren Blockhalden, Blockwaldflächen und in felsigen Bereichen) sollte gewährleistet werden