Frax For Future - Gemeinsam für den Erhalt der Esche

Symptomatik des Eschentriebsterbens in der Krone: links krank, rechts gesund (Foto: Berthold Metzler)
Das Vorkommen der Gemeinen Esche (Fraxinus excelsior) in Mitteleuropa geht drastisch zurück. Grund dafür sind vor allem Infektionen durch einen Pilz — das Falsche Weiße Eschenstängelbecherchen (Hymenoscyphus fraxineus). Es verursacht seit 2002 in Deutschland wie auch in weiten Teilen Europas das Eschentriebsterben. Qualitätsverschlechterung des Holzes, Mortalität der Bäume und erhöhter Aufwand für Kontrollen und Maßnahmen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht führen zu finanziellen Einbußen für Forstbetriebe. Zudem ist die forstliche Zukunft der Gemeinen Esche sehr ungewiss, v.a. da Neuanpflanzungen nicht empfohlen werden.
Um den Erhalt der Esche als einheimische Waldbaumart und damit auch den Erhalt der auf die Esche spezialisierten Arten und Lebensgemeinschaften zu sichern, wurde das Demonstrationsvorhaben FraxForFuture ins Leben gerufen. Über das gesamte Bundesgebiet verteilte Untersuchungsflächen dienen als gemeinsame Arbeitsplattform für wissenschaftliche Untersuchungen auf Basis eines breitgefächerten Methodenkatalogs. Die Untersuchungsflächen werden von allen beteiligten Institutionen bearbeitet.
Für Baden-Württemberg als eschenreichstes Bundesland sind die Ergebnisse des Demonstrationsvorhabens ausgesprochen relevant. Die FVA Baden-Württemberg beteiligt sich aktiv an vier Forschungsverbünden.
Ziele
FraxForFuture entwickelt eine nationale Strategie für Forstpraxis, Politik und Forschung, damit sie sich gemeinsam und effektiv für die Esche einsetzen können. Zudem erpobt das Demonstrationsprojekt erstmalig in Deutschland eine konzertierte Vorgehensweise zu Erfassung, Beschreibung und Umgang mit einem forstpathologischen Krankheitsbild am Beispiel des Eschentriebsterbens. Dabei geht es um den langfristigen Erhalt der Esche als Wirtschaftsbaumart, das Auftreten der Krankheit sowie den Umgang mit befallenen Beständen. Damit arbeitet FraxForFuture sowohl direkt zum Eschentriebsterben als auch vorbereitend zu weiteren erwartbaren tiefgreifenden Schadereignissen in Wäldern, um Strukturen zum effektiven bundesweiten Umgang mit solchen zu etablieren.
Dazu wurden fünf Forschungsverbünde und eine Ergänzungsstudie eingerichtet, die unterschiedliche Forschungsschwerpunkte verfolgen und sich dabei eng vernetzen. Die Verbünde bestehen jeweils aus mehreren Teilprojekten, die von verschiedenen Projektpartnern — über ganz Deutschland verteilt — bearbeitet werden.






Forschungsverbünde
FraxConnect

Praxistransfer wissenschaftlicher Erkenntnisse (Foto: FVA)
FraxConnect erfüllt eine Doppelfunktion: I) in der Kommunikation und Koordination des gesamten Forschungs- und Demonstrationsvorhabens und II) der ökonomischen Analyse einschließlich des Praxistransfers. Im Detail sind dies:
- Erstellung eines Kommunikationskonzepts für die allgemeine Öffentlichkeit, forstliche Praxis, politische Entscheider/-innen und die Wissenschaft
- Organisation des internen wissenschaftlichen Austausches sowie einer internationalen wissenschaftlichen Tagung
- Wissenstransfer: Aufbau eines webbasierten Projektportals, Praxisschulungen, Politikberatung
- Überprüfung und Ergänzung waldbaulicher Empfehlungen, Strategieentwicklung und Ökonomische Analyse - Entscheidungs- und Anpassungshilfen: Entwicklung eines Krisenhandbuchs
- Beiträge zu anderen Forschungsverbünden: Entwicklung von Boniturschlüsseln zur Beurteilung der Gesundheit von Eschenbeständen und deren Vitalität, Beteiligung an der Auswahl von Plusbäumen
FraxGen

Eschen-Pfropflinge (Foto: Thünen-Institut, Waldsieversdorf)
FraxGen konzentriert sich auf die genetischen Fragestellungen innerhalb des Forschungsvorhabens. Dabei wird sowohl die genetische Variabilität der Eschen als auch der pilzlichen Krankheitserreger untersucht. Ein Schwerpunkt dieses Verbundes liegt in der Auswahl von Plusbäumen. Diese gelten als zukunftsfähig, weil sie aktuell keine oder kaum Krankheitssymptome zeigen und Samenbäume resistenter Folgegenerationen sein können.
- Identifikation gesunder und vitaler Plusbäume und deren Charakterisierung mittels molekular-genetischer Marker sowie Erkenntnisse über die Diversität, Bestandes- bzw. Populationsstrukturen und über die Bestäubungsverhältnisse der Esche in Deutschlandausgesetzt werden
- Untersuchungen zur genetischen Vielfalt und Struktur hinsichtlich Resistenz und Anfälligkeit der Esche in Deutschland
- Generative Vermehrung ausgewählter Plusbäume sowie vegetative Vermehrung mittels Pfopfung, Okulation und Gewebekultur; Aufbau von Klonarchiven und Samenplantagen, die für die Erhaltung der genetischen Ressourcen der Esche, die Bereitstellung von vitalem Vermehrungsgut und für weiterführende Züchtungsarbeiten genutzt werden können
- Die Jungpflanzen werden auf ihre Anfälligkeit vor der Auspflanzung getestet, wobei sie einem erhöhten Infektionsdruck ausgesetzt werden
- Identifikation unterschiedlich exprimierter Gene in gegenüber dem Eschentriebsterben resistenten und anfälligen Eschengenotypen und Entwicklung adaptiver genetischer Marker; Untersuchung phenolischer Inhaltsstoffe als Marker für mögliche Resistenz
FraxMon
- Etablierung eines hierarchisch aufgebauten Monitoringnetzes als Grundlage für eine
- objektivierte Risikoanalyse zur räumlichen und zeitlichen Dynamik der Ausbreitung des Eschentriebsterbens,
- als Forschungsplattform für alle Freilanduntersuchungen des Forschungsvorhabens sowie
- als eine Quelle für die Selektion potenziell resistenter und toleranter Eschen (Plusbäume)
- Entwicklung und Erprobung von Monitoringverfahren zur Vitalitätsdiagnostik auf verschiedenen Skalenebenen: bestandesweise mittels Luftbildauswertung, Einzelbaum mit biochemischen Analysen von Holz und Blattproben
- Entwicklung von fernerkundungsbasierten Verfahren für Anwendung bei der großflächigen Erfassung des Eschentriebsterbens
FraxPath

Fortgeschrittene Stammfußnekrose (Foto: FVA)
FraxPath untersucht die Beziehungen zwischen der Esche als Wirtsbaumart und dem Krankheitserreger H. fraxineus. Dabei werden die verschiedenen Symptome des Eschentriebsterbens (z. B. Stammfußnekrose, Triebinfektionen, Blattnekrosen) erforscht und innovative Ansätze zum Management des Pathogens angestrebt:
- Erkenntnisse über Pathogen-Wirt-Interaktionen sowie die damit verbundenen Sekundärmetabolite, den Einfluß von Standortsfaktoren auf die Entstehung von Stammfußnekrosen und auf Mikrobiota der Esche; insbesondere Untersuchungen zu Ursachen und den Infektionsweg bei Stammfußnekrosen und die Rolle der Rhizosphäre
- Vergleich der Transkriptome von infizierten Exemplaren der anfälligen Gemeinen Esche und der Mandschurischen Esche (F. mandshurica), die seit langem mit dem Pathogen existiert und deutlich weniger Schäden aufweist
- Identifizierung differentiell exprimierter Genmarker von H. fraxineus als Hinweis auf mögliche Resistenzen
- Bekämpfungsmöglichkeiten von H. fraxineus im Wald
FraxSilva
FraxSilva verfolgt verschiedene Forschungsansätze in natürlicher Umgebung (in situ) und außerhalb davon (ex situ). Hauptziel ist es, waldbauliche Behandlungsoptionen für die Praxis (Waldbesitzende und Waldbewirtschaftende) zu testen und entwickeln. Es werden folgende Ansätze bearbeitet:

- Identifikation von Faktoren der Waldstruktur und der Bestandesbehandlung etablierter Eschen-Rein- und Mischbestände, die im Zusammenhang mit geringerer Schädigung von Einzelbäumen und Beständen stehen (u. a. anhand von langfristig erhobenen Datensätzen auf 30 Versuchsflächen)
- Beschreibung und Untersuchung ökologischer Grundlagen (in situ und ex situ) der Epidemiologie des Eschentriebsterbens (ETS) bei variierender Mischungsart und Mischungsform (u.a. anhand von künstlicher und natürlicher Laubstreuvariation)
- Untersuchung von Wirkungszusammenhängen der Etablierung, des Wachstums und der Konkurrenzfähigkeit von Eschen-Naturverjüngung in Mischbeständen unter dem Einfluss des ETS (u. a. anhand von experimentell eingeleiteter Naturverjüngung)
- Vergleich verschiedener Möglichkeiten zur Konsolidierung und Weiterentwicklung durch das ETS schwer geschädigter Bestände unter Einbeziehung der betroffenen Restbestockung und natürlicher Anpassungsprozesse von Eschen-Populationen (u.a. anhand von Anbauversuchen alternativer Baumarten)
- Überprüfung und Überarbeitung bestehender waldbaulicher Empfehlungen zur Behandlung durch das ETS geschädigter Bestände unter Einbeziehung der Ergebnisse von (1) bis (4) sowie der Erkenntnisse der anderen FraxForFuture-Forschungsverbünde
Ergänzungsstudie FraxVir
Als Ergänzungsstudie ist das Verbundvorhaben FraxVir im Oktober 2021 gestartet. Es besteht aus vier eng vernetzten Teilprojekten, die die Auswirkungen von Virusinfektionen auf Eschen untersuchen.
Die Degeneration von Eschen wird gewöhnlich auf den Pilz Hymenoscyphus fraxineus reduziert, aber auch andere Faktoren können den Gesundheitszustand von Eschen beeinträchtigen. Virusinfektionen spielen in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle. Sie können den Metabolismus der Bäume für ihre eigene Reproduktion umprogrammieren und Veränderungen beispielsweise in der Photosynthese auslösen. Die natürliche Widerstandskraft einer virusinfizierten Esche kann deutlich reduziert sein. Möglicherweise zeigen virusinfizierte Bäume eine höhere Anfälligkeit gegenüber dem Erreger des Eschentriebsterbens.
Die Wechselwirkung von Viren und Pilzen ist bisher nur unzureichend erforscht. Zusammenhänge zwischen der Genetik der Esche, pilzlichen und viralen Pathogenen, Umweltparametern und Interaktionen von Virom und pilzlichen Erregern wie H. fraxineus werden in FraxVir umfassend untersucht.
Weitere Informationen zu den vier Teilprojekten sowie den zuständigen Partnern sind auf der Projekt-Webseite zu finden.
Demonstrationsprojekt
FraxForFuture ist als Demonstrationsprojekt konzipiert. Dies bedeutet, dass neben den unmittelbaren Erkenntnissen zum Eschentriebsterben und dem forstlichen Umgang mit dieser Krankheit auch weitere wichtige Prozesse im Forschungsbetrieb studiert und evaluiert werden sollen. Konkret sind dies beispielsweise die Identifikation relevanter und kompetenter Forschungspartner für eine komplexe Forschungsfrage, um einen transdisziplinären Forschungsverbund aufzubauen. Dieser Herausforderung werden sich zukünftig weitere Forschende und Akteure der Forschungsförderung vermutlich stellen müssen. Das Eschentriebsterben als vielschichtige Waldkrankheit steht deshalb exemplarisch für ähnlich tiefgreifende und erwartbare Forschungsaufgaben.
So ist zu klären, welche fachlichen Kompetenzen benötigt werden, wer diese in Deutschland besitzt und in welche Teilaufgaben sich eine komplexe Forschungsfrage aufgliedern lässt. Der Prozess der Zusammenarbeit dieser Partner muss organisiert, strukturiert und moderiert werden — und dies sowohl bei vorbereitenden Arbeiten als auch während der eigentlichen Forschung.
Förderung
Das Demonstrationsprojekt FraxForFuture wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Die Projekte der Unterverbünde werden aus Fördermitteln des Waldklimafonds finanziert. Projektträger ist die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V..