Ministerpräsident zu Besuch im Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn

Wie steht es um das Hohlohmoor? Wie geht es dem Auerhuhn im Schwarzwald? Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann machte im Rahmen seiner Sommertour Halt am Kaltenbronn. Das Natur- und Waldschutzgebiet war die ideale Kulisse, um über Moorrenaturierung und die vom Aussterben bedrohte Vogelart zu sprechen.
Nach einer Begrüßung durch ForstBW-Vorstandsvorsitzenden Max Reger und den Bürgermeister von Gernsbach, Julian Christ, stellten die FVA und ihre Projektpartner diese Themen vor.

Maßnahmen verbessern den Lebensraum des Auerhuhns

Die Hauptursache für das drohende Aussterben des Auerhuhns ist die Verschlechterung seines Lebensraums. Auch Störungen durch Menschen und Fressfeinde spielen eine Rolle. Mit verschiedenen Stellschrauben bei der Waldbewirtschaftung kann die Forstwirtschaft aber erfreulicherweise Waldstrukturen schaffen, die bessere Überlebensbedingungen für das Auerhuhn sicherstellen können: Aktuelle Ergebnisse der FVA belegen, dass lebensraumverbessernde Maßnahmen funktionieren. Der Maßnahmenplan für den Zeitraum 2023 bis 2028 im Rahmen des Aktionsplans Auerhuhn hat zum Ziel, eine deutliche Trendumkehr hinsichtlich der Populationsentwicklung zu bewirken.

Das Auerhuhn ist das größte Raufußhuhn Europas. Obwohl es gut fliegen kann, verbringt es einen Großteil seines Lebens am Boden des Waldes. Um ausreichend Nahrung und Schutz zu finden, muss genügend Sonnenlicht den Waldboden erreichen. Daher braucht das Auerhuhn lichte Wälder mit Freiflächen und offene Bestände zum Überleben.

Starker Populationsrückgang

Auerhühner kommen auch in großen Teilen Sibiriens und Skandinaviens, außerdem zerstreut in Südeuropa bis Spanien und Griechenland vor. Allerdings sind sie in Süd- und Mittel-Europa bereits weitgehend verschwunden oder die Population ist in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangen. So auch in Deutschland: Während sie um 1900 noch fast jedes Mittelgebirge bis in die Tieflagen besiedelt haben, kommen Auerhühner aktuell – trotz vieler Schutzbemühungen – nur noch in wenigen ihrer früheren Verbreitungsgebiete vor.

Gemeinsames Monitoring bietet einen Überblick über die Populationsentwicklung

Das Monitoring der FVA in Zusammenarbeit mit der Jägerschaft und dem Nationalpark Schwarzwald zeigt eindeutig, dass die Auerhuhn-Population aktuell weiter stark zurückgegangen ist. Die Auerhähne (also nur die männlichen Tiere) werden jährlich an den bekannten Balzplätzen gezählt. Mitte der 1990er Jahre wurden jährlich noch circa 450 Hähne gezählt, dann ging der Bestand zurück und seit Anfang der 2000er Jahre schien er sich bei etwa 300 Hähnen zu stabilisieren.

Seit 2013 wurden stetig immer weniger Hähne gezählt, wobei im Jahr 2022 ein Tiefstand von 97 Hähnen erreicht wurde. Trotz erfreulichen Ergebnissen aus dem letzten Jahr ist klar, dass das Auerhuhn vom Aussterben bedroht ist.

Ursachen für den Populationsrückgang

Die Hauptursache für den Rückgang der Auerhuhnpopulation im Schwarzwald ist die Lebensraumverschlechterung. Zudem spielen Störungen durch Menschen und Fressfeinde eine Rolle. Das Erfreuliche ist allerdings, dass die Waldbewirtschaftung einen Einfluss auf die Waldstrukturen und somit den Lebensraum des Auerhuhns hat. Aktuelle Ergebnisse der FVA belegen, dass lebensraumverbessernde Maßnahmen funktionieren. Nebenbei können sogar die Auswirkungen des Klimawandels abgebremst werden. Auch viele andere Waldarten profitieren von den Maßnahmen zu Gunsten des Auerhuhns, weshalb sie einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der biologischen Vielfalt insgesamt darstellen.

Es gibt dabei jedoch Vieles zu beachten – um diese Maßnahmen in Einklang mit weiteren Nutzungsformen im Schwarzwald zu bringen, ist der neue Maßnahmenplan entstanden.

Aktionsplan Auerhuhn: Maßnahmenplan 2023-2028

Der Erfolg des Maßnahmenplans für den Zeitraum 2008 bis 2018 wurde evaluiert. Basierend auf den Erkenntnissen dieser Evaluation ist ein Maßnahmenplan für den Zeitraum 2023 bis 2028 entstanden. Ziel dieses Plans ist eine deutliche Trendumkehr hinsichtlich der Populationsentwicklung.

Das Grundprinzip des Maßnahmenplans 2023 bis 2028 ist die Konzentration: Zum einen auf die entscheidenden Flächen, die sogenannten Vorrangflächen, zum anderen auf die von einem Expertengremium herausgearbeiteten wesentlichen Maßnahmen:

Im Unterschied zum Flächenkonzept des ersten Maßnahmenplans 2008-2018 das mit unterschiedlichen Priorisierungen Flächen im Umfang von etwa 180.000 Hektar umfasste, konzentriert sich das Flächenkonzept des Maßnahmenplans 2023-2028 auf nur noch rund 59.000 Hektar, die nochmals in Kerngebiete des Vorkommens (34.000 Hektar bzw. 27.000 Hektar) und Randbereiche des Vorkommens unterschieden werden.

Die Vorrangflächen sind im Gegensatz zu den Kernflächen die Flächen, die für eine längerfristig überlebensfähige Auerhuhnpopulation notwendig sind, wenn der Wald auch noch andere Funktionen erfüllen und nicht ausschließlich nach den Erfordernissen des Auerhuhns bewirtschaftet und gepflegt werden soll. 

Die drei zentralen Handlungsfelder des Maßnahmenplans sind:

  • Erhaltung und Wiederherstellung des Lebensraums,
  • Verminderung anthropogener Störung,
  • Verminderung prädatorenbedingter Mortalität.

Die Steuerung bzw. Koordination des Plans ist ein weiterer wichtiger Schlüssel für seine Umsetzung.

Fortschritte sind bereits sichtbar

Das Land Baden-Württemberg als Waldeigentümerin, hier ForstBW und der Nationalpark Schwarzwald sind entscheidende Akteure, was den Auerhuhnschutz angeht. ForstBW hat bereits auf vielen Flächen günstige Lebensraumbedingungen geschaffen.  Das Land hat die Förderrichtlinie NWW um den Teil E ergänzt und dort Fördertatbestände zu Gunsten des Auerhuhns eingeführt.

Der Verein "Auerhuhn im Schwarzwald" berät kommunale und private Waldbesitzende hinsichtlich der Durchführung von Habitatpflegemaßnahmen. Bereits Anfang Juli 2024 waren Maßnahmen auf circa 384 Hektar Fläche fest geplant oder bereits beantragt oder bewilligt gewesen. Weitere Maßnahmen kommen voraussichtlich noch diesen Sommer dazu. Auch für das kommende Haushaltsjahr werden bereits Maßnahmen geplant.

Wenn der Maßnahmenplan weiterhin – und davon geht die FVA aus – so großflächig und beherzt umgesetzt wird wie im zurückliegenden Jahr, dann werden die Ziele 

  • kurzfristige Trendumkehr der Auerhuhnpopulation und
  • längerfristig letztlich der Erhalt des Auerhuhns im Schwarzwald

erreicht. 

Zum Arbeitsbereich "Wildtierforschung und Waldvögel" am FVA-Wildtierinstitut

Moorvernässung: Klima- und Artenschutz

Die vielen Funktionen des Moores für Mensch, Tier und Pflanzen erhalten – das ist das Ziel des LIFE Natur-Projektes MooReKa (Moorrevitalisierung Kaltenbronn – Hohlohmoor). Es will das Ökosystem Hochmoor in Hohlohmoormiss und Breitlohmiss revitalisieren. Die Wiedervernässung soll dafür sorgen, dass die hohen Niederschläge wieder länger im Moor verbleiben, indem die jahrhundertelange Entwässerung über ein Netz aus kilometerlangen Entwässerungsgräben gestoppt wird. Dazu arbeitet die FVA als eine Projektpartnerin mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe, ForstBW und dem Naturpark Schwarzwald Mitte-Nord im LIFE-Projekt eng zusammen.

Die Moore am Kaltenbronn, so auch das Hohlohmoor, entwickeln sich in einen zunehmend ungünstigeren Zustand: Es herrscht vor allem sommerlicher Wassermangel, der dem massiven Torfkörper des Moores und der gegen Trockenheit empfindlichen Moorvegetation schadet. Wenn der Torf abtrocknet, zersetzt er sich und löst sich buchstäblich in Luft auf, gibt also klimaschädliches Kohlendioxid an die Atmosphäre ab. Grund dafür ist einerseits, dass im Zuge des Klimawandels im Sommer über längere Zeit der Niederschlag fehlt und andererseits hat das in historischer Zeit angelegte Drainagesystem immer noch seine entwässernde Wirkung.

Ziel der Moorvernässung und damit auch des LIFE Natur-Projektes ist die Entwicklung und Erhaltung der besonders wertvollen zentralen Teile des Hohlohmoors in seiner Funktion als Wasser- und Torf- bzw. Kohlenstoffspeicher (Boden- und Klimaschutz) sowie als Lebensraum für moortypische und seltene Pflanzen- und Tierarten (Artenschutz) in seinen charakteristischen Lebensräumen (Habitatschutz).

Ministerpräsident Winfried Kretschmann erhielt unter anderem einen Einblick in die komplexen und umfangreichen Untersuchungen der FVA im Rahmen des Projekts. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erläuterten, warum die Untersuchungen für die Vorbereitung und Durchführung der Maßnahmen, der Genehmigungen, aber auch der Wirkungskontrolle nach der Umsetzung der Wiedervernässung, wichtig sind. Das ausgedehnte Grabensystem, das das Hohlohmoor durchzieht, die Moorwälder und offenen Moorflächen waren ebenso Thema wie der Ausblick auf den Großen Hohlohsee – einen wunderschönen Moorkolk im zentralen Bereich des Moores. 

Das LIFE Natur-Projekt MooReKa umfasst eine Maßnahmenfläche von 68 Hektar. In rund 35 Kilometer Entwässerungsgräben werden Grabensperren eingebaut, die das Niederschlagswasser wirkungsvoll zurückhalten. Die größte Anzahl sind kleine und mittlere Grabensperren von fünf bis neun Meter Breite und wenige große Grabensperren mit über 30 Meter Breite.

Drainagesystem wirkt Jahrzehnte später noch immer nach

Das historisch angelegte Drainagesystem hat beispiellose Ausmaße: Mit einer Gesamtlänge von rund 520 Kilometern durchziehen die Entwässerungsstrukturen in systematischer und dichter Anordnung die insgesamt rund 350 Hektar Moorfläche von Hohlohmoor und Wildseemoor. Angelegt wurde das System in mehreren sich überlagernden Generationen im 18. und 19. Jahrhundert mit dem Ziel, die Moore wirtschaftlich nutzbar zu machen; neben Versuchen zum Torfabbau vor allem für den Waldbau und das Triften von Holz. Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte man jedoch, dass trotz großer Anstrengung weder der Torfabbau noch der forstwirtschaftliche Erfolg lohnenswert waren, und stellte die Bauarbeiten ein. Die Entwässerungsstrukturen und Gräben aber bestanden fort und entziehen den Mooren noch heute – 250 Jahre später – lebensnotwendiges Wasser.

Nur durch mehr Wasser kann der Lebensraum fortbestehen

Nur durch ein hohes und möglichst gleichmäßiges Angebot an Wasser können Moore, deren Torfe, Lebensräume und charakteristischen Arten gedeihen und fortbestehen. Geplante Moorvernässung soll dafür sorgen, dass die Niederschläge nur langsam durch den Torfkörper ziehen, so länger im Moor verbleiben und dort zu einer Förderung der natürlichen Ökosystemfunktionen beitragen können.

Um dieses Ziel zu erreichen, werden im Projekt eine Reihe begleitender Aktivitäten notwendig sein:

  • eine detaillierte Vernässungsplanung,
  • ein Zulassungsverfahren,
  • eine verfeinerte Zustandserfassung als Grundlage für diese Planung sowie
  • eine spätere Wirkungskontrolle,
  • ein Rück- und ein Ersatzneubau des an den Hohlohsee führenden Bohlenwegs sowie
  • eine begleitende, intensive Öffentlichkeitsarbeit.

Die Rolle der FVA im Projekt

Die FVA betreut im Rahmen des Projektes das Arbeitspaket Wirkungs- und Effizienzkontrolle und ökologische Baubegleitung. Das Arbeitspaket hat folgende Ziele:

  • Erfassung des Ausgangszustands und Bewertung der Reaktion des Moorökosystems auf Maßnahmen, Erkennen und Korrigieren örtlich auftretender Fehlentwicklungen bei der Vernässung
  • Bereitstellung von Grundlagen zur Prüfung des Vorhabens im Zulassungsverfahren und für die eingriffsmindernde Steuerung des Maßnahmenvollzugs im Rahmen einer Ökologischen Baubegleitung
  • Beurteilung insbesondere der ökologischen Folgen der Maßnahmen und deren Steuerung sowie die eingriffsmindernde Steuerung der Bauarbeiten auf Basis von Untersuchungen von Schutzobjekten / -gütern
  • Überprüfung abiotischer und biotischer Auswirkungen der Maßnahmen bzw. deren Bewertung durch den Vergleich räumlicher sowie zeitlicher Effekte

Hierzu laufen im Arbeitspaket umfangreiche Erfassungen und Datenerhebungen zu einer Vielzahl von Themen: Vegetation, Biotope, Wasserhaushalt im und um das Moor, Wasserqualität und Abflüsse, Waldstrukturen, Höhenentwicklung der Torfoberfläche als ein Proxy für den Zustand der Torfe, den Ausgangsbestand und später die Wirkung der Renaturierung auf die seltenen Tierarten im Moor wie Kreuzotter, Auerhuhn, Libellen, Falter und andere, und die wertvollen FFH-Lebensräume wie offene Hochmoore, Schlenken- und Bultkomplexe und die Moorwälder.

Zur Projektseite am Regierungspräsidium Karlsruhe

Warenkorb schließen

Warenkorb

Titel Anzahl Preis
Gesamtpreis: