Habitatverbesserung für Auerhühner
"Lebensraum ist nicht alles, aber ohne Lebensraum ist Alles nichts“.
Auerhühner brauchen relativ ungestörte, sehr lichte und strukturreiche von Nadelbäumen dominierte Wälder mit offenen Strukturen. So finden sie ausreichend Nahrung (im Sommer Heidelbeeren und Insekten, im Winter junge Triebe von Kiefern, Fichten und Weißtannen) und Schutz vor Fressfeinden und Witterung zu finden. Diese Art von Wald kommt im heutigen Schwarzwald allerdings immer seltener vor. Durch die vielfältigen Ansprüche an den heutigen Wirtschaftswald, würde in den letzten Jahrzehnten im Wald immer mehr Holzvorrat angereichert, der ihn aber auch dunkler und eintöniger werden lässt. Dem Auerhuhn mangelt es dadurch an geeigneten Lebensräumen, was einer der Hauptgründe ist, warum es mittlerweile in seiner Existenz bedroht ist. Daher ist die Schaffung geeigneter Lebensräume für das Auerhuhn ein zentraler Punkt für seinen Schutz.
Eine Habitatverbesserung für das Auerhuhn führt zur Entstehung von ästhetisch ansprechenden, lichten und strukturreichen Wäldern. Über eine gezielte Gestaltung von offenen Strukturen werden diese lichten Wälder erhalten und gefördert, wodurch u.a. die Heidelbeere als wichtige Nahrungspflanze eine Chance zum Wachsen hat. Die Holznutzung ist dabei ein Motor für diese Aktivitäten: Auerhühner schützen bedeutet im Schwarzwald auch intensiv Holz nutzen. Neben dem Auerhuhn nutzen solche Maßnahmen einer Vielfalt an weiteren Pflanzen- und Tierarten, viele davon ebenfalls in ihrem Bestand gefährdet, wodurch das Auerhuhn als sogenannte „Schirmart“ für die Lebensgemeinschaft im lichten Wald gilt. Die Wirksamkeit von waldbaulichen Maßnahmen wurde von der FVA auf verschiedene Weisen erforscht und zeigt klar, dass diese Maßnahmen effektiv und ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Auerhühner sind.
Die größten Anteile des Flächenkonzeptes des Maßnahmenplanes liegen im Staatswald, wo ForstBW für die Umsetzung von habitatverbessernden Maßnahmen verantwortlich ist. Um diese mit den forstwirtschaftlichen Zielen zu vereinbaren, werden für die großflächige Umsetzung zusätzliche Mittel an ForstBW zu Verfügung gestellt. Im Rahmen des Projektes „Biodiversität entlang eines Bewirtschaftungsgradienten“ von der FVA wissenschaftlich begleitet, um unter anderen den Effekt der Maßnahmen auf die Habitatnutzung durch das Auerhuhn zu erfassen.
Für den Privat- und Kommunalwald, der knapp die Hälfte der Auerhuhn-Verbreitung ausmacht, wurde in unserem Projekt „Lücken für Auerhuhnküken im Privat- und Kommunalwald“ ein Förderinstrument entwickelt und erprobt, das Bemühungen zum Schutz von Auerhühnern finanziell unterstützt. Für Beratung bei der Umsetzung und der Beantragung ist der Verein Auerhuhn im Schwarzwald eine entscheidende Institution.
Um die Umsetzung der Maßnahmen zur Habitatgestaltung beurteilen zu können, wurde von uns das sogenannte Auerhuhn-Tool entwickelt, das mittels Luftbildern Auerhuhn-relevante Strukturen erfasst.
Hintergrund zur Habitatgestaltung
Das Auerhuhn hat einen großen Raumbedarf und eine überlebensfähige Auerhuhnpopulation im Schwarzwald benötigt somit großflächig geeignete Lebensräume. Waldbauliche Maßnahmen zur Förderung von Auerhuhnlebensräumen müssen daher großflächig geplant und umgesetzt werden. Um dies zu erreichen, bedarf es einer guten Einweisung der verantwortlichen Forstleute. Deswegen werden regelmäßig Schulungen vom Verein Auerhuhn im Schwarzwald e.V. gemeinsam mit dem Forstlichen Bildungszentrum Karlsruhe realisiert. Zudem hat die FVA mit dem „Aktionsblatt Habitatgestaltung“ eine Praxishilfe geschaffen, um geeignete Pflegeflächen und -maßnahmen auszuwählen.
Geeignete Maßnahmen sind zum Beispiel:
- Schaffen von Freiflächen
- Reduzierung des Kronenschlussgrades auf 50-70%
- dabei Wechsel lichterer und dichterer Strukturen
- Entfernen von buschig und zu dicht wachsender Verjüngung
- Anlegen von Randlinien
- Förderung tiefbeasteter Nadelbäume (statt Wertastung)
- Mulchen von zu hoher Heidelbeere
Weiterführende Informationen
Förderung
In Privat- und Kommunalwald durchgeführte Pflegemaßnahmen für Auerhühner in Vorrangflächen und Trittsteinen können seit Juni 2023 über die Verwaltungsvorschrift Naturnahe Waldwirtschaft (VwV NWW) gefördert werden. Dabei gibt es flächenbezogene Fördermittel z.B. für Habitatpflegemaßnahmen in Jungbeständen oder der Schaffung von Freiflächen. Mehr dazu finden Sie beim Förderwegweiser des Ministeriums oder beim Verein Auerhuhn im Schwarzwald e.V., der Sie auch bei Ihrem Förderantrag unterstützt.
Verein Auerhuhn im Schwarzwald e.V.
Bei der Planung und Umsetzung der Maßnahmen zur Habitatgestaltung werden wir durch unseren Kooperationspartner Auerhuhn im Schwarzwald e.V. unterstützt. Der Verein wurde 2019 u.a. mit dem Ziel gegründet, der zentrale Ansprechpartner für die praktische Umsetzung von Habitatgestaltung im Sinne des Aktionsplans Auerhuhn zu sein. Speziell berät und unterstützt der Verein Privat- und Kommunalwaldbesitzende bei der Umsetzung und Förderung von Habitatgestaltungsmaßnahmen.
Weitere Informationen bei: Auerhuhn im Schwarzwald e.V.
Projekte
- Evaluation des Aktionsplans Auerhuhn
- Lücken für Auerhuhnküken (Sonderprogramm zur Stärkung der Biologischen Vielfalt)
- Projektmodul Auerhuhn in der Freiflächenkampagne (FFK, Biodiversität entlang eines Bewirtschaftungsgradienten (seit 2018))
Links
- Verein Auerhuhn im Schwarzwald e.V.
- Förderung von Auerhuhnpflegemaßnahmen: VwV NWW
- Förderwegweiser des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
- Fristlose Kündigung fürs Auerhuhn? (waldwissen.net)
- Aktionsplan Auerwild bei ForstBW
- Forstliches Bildungszentrum Karlsruhe
Dokumente
Literatur
- COPPES, J.; WESTHAUSER, A.; SCHROTH, K.-E.; BRAUNISCH, V.; FÖRSCHLER, M.; SUCHANT, R. (2021): Small-scale habitat use of Capercaillie Tetrao urogallus broods in the Black Forest, Germany. Bird Study 68:54-63 https://doi.org/10.1080/00063657.2021.1966739
- KÄMMERLE, J.-L.; BRAUNISCH, V.; SUCHANT, R.; COPPES, J.(2020): Quantifying the effectiveness of habitat management to counter local extinction: A case-study on capercaillie. Forest Ecology and Management 474:1-9 https://doi.org/10.1016/j.foreco.2020.118379
- BRAUNISCH, V.; RODER, S.; COPPES, J.; FROIDEVAUX , J.; ARLETTAZ, J. R.; BOLLMANN, K. (2019): Structural complexity in managed and strictly protected mountain forests: Effects on the habitat suitability for indicator bird species. Forest Ecology and Management 448, pp 139-149. https://doi.org/10.1016/j.foreco.2019.06.007
- BRAUNISCH, V.; COPPES, J.; ARLETTAZ, R.; SUCHANT, R.; ZELLWEGER, F.; BOLLMANN, K. (2014): Temperate Mountain Forest Biodiversity under Climate Change: Compensating Negative Effects by Increasing Structural Complexity. PLoS ONE 9(5): e97718. doi:10.1371/journal.pone.0097718 https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0097718
- BRAUNISCH, V.; SUCHANT, R. (2008): Using ecological forest site mapping for long-term habitat suitability assessments in wildlife conservation—Demonstrated for capercaillie (Tetrao urogallus). Forest Ecology and Management, 256, pp. 1209-1221 https://doi.org/10.1016/j.ecolmodel.2012.06.002
- BRAUNISCH, V.; SUCHANT, R. (2007): A Model for Evaluating the ‘Habitat Potential’ of a Landscape for Capercaillie Tetrao urogallus: A Tool for Conservation Planning. Wildlife Biology 13(sp1), 21-33. https://doi.org/10.2981/0909-6396(2007)13[21:AMFETH]2.0.CO;2
- SUCHANT, R.; BARITZ, R.; BRAUNISCH, V. (2003): Wildlife habitat analysis: a multidimensional habitat management model. J. Nat. Conserv. 10: 253–268. https://doi.org/10.1078/1617-1381-00026