Lücken für Auerhuhnküken im Privat- ­und ­Kommunalwald

Das Auerhuhn (Steckbrief PDF, 162MB) gilt als Schirmart für Biodiversität in borealen und hochmontanen Waldlebensräumen. Es braucht lichte, störungsarme, arten- und strukturreiche Nadel- und Mischwälder, die durch die modernen gesellschaftlichen Ansprüche an den Wald und ihre forstwirtschaftlichen Nutzungsformen nur noch selten im Schwarzwald aufzufinden sind. Der Bestandestrend dieser vom Aussterben bedrohten Art ist seit Jahren rückläufig. Schon 2008 wurde diese negative Entwicklung erkannt und für die Erhaltung dieser gefährdeten Art der Aktionsplan Auerhuhn (APA) erstellt. Auf der Basis eines wissenschaftlich hergeleiteten Flächenkonzepts enthält er alle relevanten Handlungsfelder (Waldwirtschaft, Jagd, Tourismus, Infrastruktur / Windenergie, Forschung) und benennt umzusetzende Maßnahmen.

Nur noch 136 Auerhähne im Schwarzwald

Doch die Umsetzung der vorgegebenen Maßnahmen erfolgte nicht großflächig und konsequent genug. Daher verkleinerte sich die Auerhuhnpopulation weiterhin drastisch und ist aktuell mit 136 Auerhähnen auf einem sehr niedrigen Niveau, weshalb dringend umzusetzende Aktivitäten erforderlich sind. Denn soll der Charaktervogel des Schwarzwaldes auch in Zukunft die Urigkeit und Naturnähe dieser Landschaft symbolisieren, muss für seine Erhaltung weit mehr als bisher unternommen werden. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass insbesondere Handlungsdefizite bei der Verbesserung des Lebensraums und der Koordination der beteiligten Akteurinnen und Akteure bestehen. Die Schaffung von Freiflächen (= Lücken) spielt bei der Lebensraumverbesserung eine wesentliche Rolle. Hierzu wird derzeit im Staatswald eine Freiflächen-Kampagne durchgeführt.

Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt

Da im Privat- und Kommunalwald Instrumente der naturnahen Waldwirtschaft schwerer umzusetzen sind, bedarf es weitergehender Schritte: Daher unterstützt das Land Baden-Württemberg im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt das Projekt "Lücken für Auerhuhnküken im Privat- und Kommunalwald". Seit 2018 wird das Vorhaben vom FVA-Wildtierinstitut durchgeführt und bietet für Waldbesitzende, die zum Schutz oder zur Verbesserung dieses Lebensraums beitragen wollen, eine geeignete Möglichkeit aktiv zu werden. Entsprechende Maßnahmen zur Habitatverbesserung werden finanziell und fachlich unterstützt. Denn eine forstwirtschaftliche Nutzung von Wäldern, welche sich gleichzeitig an den Bedürfnissen der Auerhühner orientiert, hilft nicht nur dieser Vogelart, sondern ist eine sehr sinnvolle Strategie zur Förderung der Biodiversität als Ganzes. Durch den Wechsel aus lichten und dichteren Baumbeständen werden sowohl Nahrungs- als auch Deckungsmöglichkeiten für Altvögel und frisch geschlüpfte Küken deutlich verbessert. Diese Vielfalt am Waldboden kann nicht nur dem Auerhuhn helfen, sie lockt viele Insekten an und ist für andere bedrohte Vogelarten, Fledermäuse, Reptilien und damit für das Ökosystem Wald wertvoll.

In der ersten Phase des Vorhabens lagen die Schwerpunkte vor allem bei der Erarbeitung eines einheitlich und leicht umsetzbaren Förderkonzeptes. Es wurde in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, den Forstbehörden, Revierleitenden und Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Forstökonomie und Management erarbeitet. Dieses praxisorientierte Förderkonzept ist wesentlicher Bestandteil der novellierten Richtlinie Nachhaltige Waldwirtschaft – "Förderung von Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes im Wald". Dieses Förderkonzept soll dazu dienen, die Umsetzung des Aktionsplans Auerhuhn im Privat- und Kommunalwald zu initiieren, fachlich zu fundieren, und sowohl Habitat-Management-Maßnahmen zu steuern als auch zu dokumentieren.

Zusätzlich zum Förderinstrument konnten 2018/2019 durch den Aufbau eines Akteurs-Netzwerkes die Thematik zielgruppenorientiert vermittelt und Maßnahmen auf für das Auerhuhn prioritären Flächen im Schwarzwald beispielhaft umgesetzt werden. So konnten gemeinsam mit den Projektpartnern Naturpark Südschwarzwald und Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord 156 Hektar Lebensraum auf für das Auerhuhn schützenswerten Waldflächen geschaffen werden.

Fortführung der Ökologischen Erfolgskontrolle notwendig

Das Sonderprogramm zur Stärkung der Biologischen Vielfalt läuft seit 2023 in seiner vierten Phase. In dieser ist auch das Projekt Lücken für Auerhuhnküken weiter vertreten. Die Koordination der Pflegemaßnahmen sowie die Vor-Ort-Betreuung wurden mittlerweile komplett an den Verein Auerhuhn im Schwarzwald e.V. übertragen. Die FVA beteiligt sich weiterhin mit der wissenschaftlichen Begleitung der Maßnahmen in Form der Ökologischen Erfolgskontrolle. Da für die mittels der Förderung gepflegten Maßnahmenflächen eine Zweckbindungsfrist von 10 Jahren gilt, ist es wichtig, das Monitoring der Maßnahmenflächen über einen längeren Zeitraum als bisher fortzuführen. Denn nur durch ein längerfristig angelegtes Monitoring kann eine Einschätzung darüber getroffen werden, wie sich die gepflegten Flächen entwickeln und ob oder wann auf einer Maßnahmenfläche eine Erhaltungsmaßnahme zur Aufrechterhaltung der Auerhuhnhabitateignung notwendig ist. Ebenfalls unklar ist noch, ob die verschiedenen Maßnahmentypen alle gleich gute Wirkungen für das Auerhuhn erzielen oder welche Maßnahmen im Hinblick auf das Auerhuhn besonders gut geeignet sind. Nur durch diese fachliche Begleitung kann ein ökologisch und ökonomisch sinnvoller Einsatz der Fördermittel gewährleistet werden.

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