Lücken für Auerhuhnküken im Privat- und Kommunalwald
Das Projekt "Lücken für Auerhuhnküken im Privat- und Kommunalwald" beschäftigt sich mit der Pflege und Schaffung von Auerhuhn-Lebensraum in Privat- und Kommunalwäldern. Vorangegangene Untersuchungen und Evaluationen haben gezeigt, dass es insbesondere beim Erhalt und der Schaffung von geeignetem Lebensraum Defizite gab, um einen weiteren Rückgang der geschützten und vom Aussterben bedrohten Art aufzuhalten. Neben der Entwicklung eines Förderkonzeptes, welches Waldbesitzenden finanzielle Anreize zur auerhuhngerechten Waldbewirtschaftung bietet, werden im Rahmen dieses Projektes die somit geschaffenen Habitate sowie deren Nutzung durch das Auerhuhn vor den Habitatpflegemaßnahmen und über die Jahre danach untersucht. Dies ist wichtig, um die Nachhaltigkeit der Maßnahmen sicherzustellen und bei eventuell unerwünschten Entwicklungen der Flächen eingreifen und das Förderkonzept anpassen zu können. Erste Auswertungen zeigen, dass viele der bisher gepflegten Flächen schon kurze Zeit nach Maßnahmenumsetzung von Auerhühnern angenommen wurden.
Das Auerhuhn (Steckbrief PDF, 162MB) gilt als Schirmart für Biodiversität in lichten Waldlebensräumen. Es braucht lichte, störungsarme, arten- und strukturreiche Nadel- und Mischwälder, die durch die modernen gesellschaftlichen Ansprüche an den Wald und ihre forstwirtschaftlichen Nutzungsformen nur noch selten im Schwarzwald aufzufinden sind. Der Bestandestrend des Auerhuhns ist seit Jahren rückläufig und es wird mittlerweile sowohl in der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands als auch Baden-Württembergs als vom Aussterben bedroht geführt. Aufgrund dieser negativen Entwicklungen wurde bereits 2008 der Aktionsplan Auerhuhn (APA) erstellt, um das Auerhuhn in BW zu erhalten und den Negativtrend zu stoppen. Auf der Basis eines wissenschaftlich hergeleiteten Flächenkonzepts enthält er alle relevanten Handlungsfelder (Waldwirtschaft, Jagd, Tourismus, Infrastruktur/Windenergie, Forschung) und benennt umzusetzende Maßnahmen.
Trotz Aktionsplan weiterer Rückgang des Auerhuhns
Allerdings erfolgte die Umsetzung der vorgegebenen Maßnahmen erfolgte nicht großflächig und konsequent genug. Die Auerhuhnpopulation verkleinerte sich weiterhin drastisch und ist auf einem sehr niedrigen Niveau. Soll der Charaktervogel des Schwarzwaldes auch in Zukunft hier leben und die Urigkeit dieser Landschaft symbolisieren, sind dringend aktive Maßnahmen zum Schutz und Erhalt des Auerhuhns erforderlich. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass insbesondere Handlungsdefizite bei der Verbesserung des Lebensraums und der Koordination der beteiligten Akteurinnen und Akteure bestehen.
Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt und Förderrichtlinie Nachhaltige Waldwirtschaft (NWW)
Ein großen Teil des Flächenkonzeptes liegt im Privat- und Kommunalwald, weshalb diesem ebenso eine bedeutende Rolle beim Schutz des Auerhuhns zukommt. Um auch dort eine flächige Habitatverbesserung bzw. -schaffung zu ermöglichen, wurde 2018 im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt des Landes Baden-Württemberg das Projekt "Lücken für Auerhuhnküken im Privat- und Kommunalwald" ins Leben gerufen. Die im Projekt entwickelten und erprobten Maßnahmen und Abläufe waren die wichtigste Grundlage für das Förderprogramm NWW Teil E. Dieses bietet Waldbesitzenden, die zum Schutz oder zur Verbesserung des Auerhuhn-Lebensraums beitragen wollen, eine geeignete Möglichkeit aktiv zu werden. Entsprechende Maßnahmen zur Habitatverbesserung werden finanziell und fachlich unterstützt. Denn eine forstwirtschaftliche Nutzung von Wäldern, welche sich gleichzeitig an den Bedürfnissen der Auerhühner orientiert, hilft nicht nur dieser Vogelart. Vielmehr ist sie eine sehr sinnvolle Strategie zur Förderung der Biodiversität als Ganzes.
Das Projekt Lücken für Auerhuhnküken im Privat- und Kommunalwald 2018 bis heute
In den ersten Phasen des Vorhabens lagen die Schwerpunkte vor allem bei der Erarbeitung eines einheitlich und leicht umsetzbaren Förderkonzeptes. Es wurde in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, den Forstbehörden, Revierleitenden und Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Forstökonomie und Management erarbeitet. Dieses praxisorientierte Förderkonzept beschreibt verschiedene Maßnahmen zur Auerhuhnhabitatpflege und ist wesentlicher Bestandteil der novellierten Richtlinie Nachhaltige Waldwirtschaft (NWW) – "Förderung von Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes im Wald". Es soll dazu dienen, den Aktionsplans Auerhuhn im Privat- und Kommunalwald umzusetzen, fachlich zu fundieren, und Habitat-Management-Maßnahmen sowohl zu steuern als auch zu dokumentieren.
Zusätzlich zum Förderinstrument konnte 2018/2019 durch den Aufbau eines Akteurs-Netzwerkes die Thematik zielgruppenorientiert vermittelt und Maßnahmen auf für das Auerhuhn prioritären Flächen im Schwarzwald beispielhaft umgesetzt werden. So wurden bereits in der ersten Phase von 2018-2019 gemeinsam mit den Projektpartnern Naturpark Südschwarzwald und Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord 156 Hektar Lebensraum auf für das Auerhuhn schützenswerten Waldflächen geschaffen.
In der zweiten und dritten Phase des Vorhabens stand die Anwendung und Erprobung des erarbeiteten Förderkonzepts sowie der fachliche Austausch mit den Akteurinnen und Akteuren im Vordergrund. An die Stelle der beiden Naturparke als Kooperationspartner trat der 2019 gegründete Verein Auerhuhn im Schwarzwald e.V., der die fachliche Begleitung der Vor-Ort-Maßnahmen übernahm. Außerdem wurde ein Schulungskonzept entwickelt und seit 2021 mehrere Schulungen zum Thema für Forstrevierleitende, Forsteinrichtende und weitere, im Forstsektor tätige Personen durchgeführt. In den Schulungen werden dem Auerhuhn zugutekommende Maßnahmen und Fördermöglichkeiten aufgezeigt, aber auch der fachliche Austausch mit den Teilnehmenden sowie Erfahrungen und Probleme bei der Habitataufwertung diskutiert, um das Förderinstrument kontinuierlich zu verbessern.
Mit der Einführung der Ökologischen Erfolgskontrolle 2020 steht ein weiterer wichtiger Baustein zur Evaluierung des Förderinstruments zur Verfügung. Die Ökologische Erfolgskontrolle soll fundierte Aussagen zur Wirksamkeit der Pflegemaßnahmen bzw. der Entwicklung der gepflegten Flächen für das Auerhuhn ermöglichen, um das Förderinstrument bei Bedarf anpassen zu können. Dabei werden Maßnahmenflächen vor der eigentlichen Maßnahmenumsetzung sowie in den darauffolgenden Jahren an den immer gleichen Probepunkten untersucht, um Veränderungen durch die Maßnahme an sich als auch über die Zeit danach feststellen zu können. Erfasst werden sowohl indirekte Auerhuhnnachweise wie z.B. Federn, Kot oder Trittsiegel, als auch Habitat- und Waldstrukturparameter.
Auswertungen zeigen: Auerhühner nehmen die neuen Lebensräume an
Erste Auswertungen zeigen, dass viele der bisher gepflegten Flächen schon kurze Zeit nach Maßnahmenumsetzung von Auerhühnern angenommen wurden. So stieg der Anteil der Flächen mit Auerhuhnnachweisen von ca. einem Drittel vor Maßnahmenumsetzung auf bereits knapp die Hälfte nur ein Jahr danach, wie in obiger Grafik zu sehen. Auch in den Folgejahren wurden die (neu) angenommenen Flächen wieder von Auerhühnern genutzt und noch weitere, bis dahin nicht genutzte Pflegeflächen angenommen. Erfreulicherweise wurden auf manchen Flächen in den Jahren nach Maßnahmenumsetzung auch Nachweise von Auerhuhnküken gefunden. Im Rahmen des Projekts „Biodiversität entlang eines Bewirtschaftungsgradienten“ werden auf diesen Flächen und weiteren Vergleichsflächen nicht nur das Auerhuhn, sondern auch andere Artengruppen und die Auswirkung auf die Biodiversität insgesamt untersucht.
Fortführung der Ökologischen Erfolgskontrolle notwendig
Das Sonderprogramm zur Stärkung der Biologischen Vielfalt läuft seit 2023 in seiner vierten Phase. In dieser ist auch das Projekt "Lücken für Auerhuhnküken" weiter vertreten. Die Koordination der Pflegemaßnahmen sowie die Vor-Ort-Betreuung wurden mittlerweile komplett an den Verein Auerhuhn im Schwarzwald e.V. übertragen. Die FVA beteiligt sich weiterhin mit der wissenschaftlichen Begleitung der Maßnahmen in Form der Ökologischen Erfolgskontrolle. Da für die mittels der Förderung gepflegten Maßnahmenflächen eine Zweckbindungsfrist von 10 Jahren gilt, ist es wichtig, das Monitoring der Maßnahmenflächen über einen längeren Zeitraum als bisher fortzuführen. Denn nur durch ein längerfristig angelegtes Monitoring kann eine Einschätzung darüber getroffen werden, wie sich die gepflegten Flächen entwickeln und ob oder wann auf einer Maßnahmenfläche eine Erhaltungsmaßnahme zur Aufrechterhaltung der Auerhuhnhabitateignung notwendig ist. Ebenfalls unklar ist noch, ob die verschiedenen Maßnahmentypen alle gleich gute Wirkungen für das Auerhuhn erzielen oder welche Maßnahmen im Hinblick auf das Auerhuhn besonders gut geeignet sind. Nur durch diese fachliche Begleitung kann ein ökologisch und ökonomisch sinnvoller Einsatz der Fördermittel gewährleistet werden.