Waldumfrage Baden-Württemberg

Wie blicken Bürgerinnen und Bürger auf den Wald? Seit 2019 untersucht die Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel (SGW) der FVA in verschiedenen Studien wie Wald sowie seine unterschiedlichen Funktionen erlebt werden, welche Erwartungen diesbezüglich bestehen und welche Veränderungen und Entwicklungen wahrgenommen werden. Bislang wurden in 4 Befragungen über 8000 Menschen zu ihrer persönlichen Waldnutzung, ihrem Wissen und ihren Einstellungen zum Wald befragt.

Den Umfragen aus verschiedenen Projekten liegt ein Fragebogen mit wiederkehrenden Frageblöcken zugrunde. Dieser wurde als Teil des soziokulturellen Wald-Monitorings in Kooperation mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Zürich und auf Basis bisheriger Studien der FVA entwickelt. Neben wiederkehrenden grundlegenden Fragen in den Umfragen zu Walderholungsnutzung, Einstellungen und Werten werden in den Projekten zusätzlich spezielle Themenfelder in den Fokus genommen,unter anderem Einstellungen zu Wildtieren, Einschätzungen zu Waldgesundheit, Klimawandel/-schutz, freiwilliges Engagement für den Wald, Eigentumsverständnisse. Aus den Ergebnissen werden Informationen und Empfehlungen für Forstpraxis, Politik und die Arbeit von Stakeholder-Gremien abgeleitet.

Inhaltliche Module des Projekts

Datengrundlage und Methodisches Vorgehen

Die Befragungsdaten wurden seit 2020 im Rahmen unterschiedlicher Projekte der FVA erhoben und nachträglich für die folgenden Darstellungen zusammengeführt und verglichen. Die Fragestellungen wurden in den einzelnen Projekten teilweise leicht verändert und der Fokus der Befragung je nach Projektausrichtung angepasst. Durch die projektgebundene Durchführung der Befragungen sind die Daten nicht immer direkt vergleichbar. Bei Grafiken und Visualisierungen wird per Akronym auf die jeweils genutzte Datengrundlage und Fallzahl verwiesen.

Grobe Eckdaten zu den Befragungen sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst, genauere Beschreibungen zu den Umfragen sind auf den jeweiligen Projektseiten hinterlegt.

Akronym

Projektname

Befragungs-zeitraum

Stichproben-größe

Untersuchungs-gebiet

Befragungs-

institut

WaMoS

Soziokulturelles Waldmonitoring

März/April 2020

2.018

Baden-Württemberg

Norstat Deutschland GmbH

BürgEng

Bürgerschaftliches und unternehmerisches ­Engagement in der aktiven Wiederbewaldung

Juni 2021

2.007

Baden-Württemberg

Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH

PsychEig

Mein Wald, Dein Wald oder jedermanns Wald?

Aug/Sept 2021

2.002

Bundesrepublik

com.X

Institut für

Kommunikations-Analyse und Evaluation

WahrWald

Wahrnehmung klimabedingter Waldschäden durch die Bevölkerung in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz

September/ Oktober 2021

2.504

Rheinland-Pfalz

Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH

Die jeweiligen Stichproben wurden nach den Variablen Alter, Geschlecht und Bildungsstand quotiert, um die jeweilige Grundgesamtheit des Untersuchungsgebietes nach diesen Merkmalen abzubilden. Als Datengrundlage hierfür dienten die Daten des Mikrozensus und der statistischen Landesämter. Mit einem Gewichtungsfaktor wurden verbleibende Abweichungen der Verteilung dieser Merkmale in den Stichproben im Nachhinein an die tatsächliche Verteilung in der Grundgesamtheit angepasst.

Die Aufbereitung der Datensätze und statistischen Analysen wurden mit dem Statistikprogramm SPSS 27 von IBM durchgeführt.

Neben den deskriptiven Häufigkeitsverteilungen wurden Zusammenhänge mittels des Chi²-Tests auf Signifikanz untersucht. Zudem wurde mittels der Berechnung des Cramérs-V-Wertes die Größe des Unterschieds analysiert (Effektstärke). Bei der Interpretation des Wertes gelten folgende „Richtwerte“: Ab einem Cramérs-V-Wert von 0,1 wird von einem kleinen Unterschied/Zusammenhang gesprochen, ab 0,3 von einem mittleren und ab 0,5 von einem großen.

Stadt-Land-Vergleich:

Unterschiede zwischen Stadt und Land sind häufig Gegenstand verschiedener (öffentlicher) Diskussionen. Sie werden oft als „gegensätzliche Lebensräume“ dargestellt und der hier oder dort lebenden Bevölkerung werden bestimmte Eigenschaften zugesprochen. „Dorfmenschen“ und „Stadtmenschen“ scheinen als deutlich voneinander trennbare Gruppen zu existieren, die sich in ihren Lebenseinstellungen, ihrem Wissen und Handlungen stark voneinander unterscheiden. Vor allem in Konfliktsituationen werden diese gruppenspezifischen Stereotype häufig bedient.

Auch in Bezug auf den Themenkomplex „Wald“ scheint immer wieder Stereotype durch. Stadtmenschen wird häufig zwar eine ökologische Grundhaltung unterstellt, die jedoch gleichzeitig mit Naturentfremdung und damit auch mit einer kritischen Haltung gegenüber Waldbewirtschaftung verknüpft wird. Menschen vom Dorf wird hingegen eine größere Selbstverständlichkeit im Umgang mit der Natur und ein alltäglicher Bezug zur Nutzung natürlicher Ressourcen unterstellt.  

Für die Auswertungen der Befragungsergebnisse war daher interessant, ob und inwieweit sich Unterschiede zwischen der Stadt- und Landbevölkerung in den Befragungsdaten finden lassen.

Für die Untersuchung der Unterschiede zwischen Stadt- und Landbevölkerung wurde den Befragungsdaten die Gemeindetypisierung RegioStaR des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zugewiesen, in der alle Gemeinden Deutschlands nach dem Grad ihrer Urbanität kategorisiert werden (https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/regionalstatistische-raumtypologie.html). Grundlage für die Zuweisung ist die in den Umfragedaten hinterlegte Postleitzahl. Fälle mit Postleitzahlen, die in zwei Gemeinden verwendet werden, wurden von der Analyse ausgeschlossen. In den Auswertungen wurde die Einteilung in sieben Kategorien übernommen, um auch die Übergangsräume zwischen Stadt und Land mit abzubilden und gleichzeitig noch genügen große Subgruppen für die Analysen zu erhalten.

Zahlreiche Tierarten leben in freier Wildbahn. Sie sind allerdings häufig nicht oder nur mit Glück und für aufmerksame Waldbesuchende sichtbar. Durch die gleichzeitige Funktion des Waldes als Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten sowie als Erholungsraum für den Menschen spielen der Schutz von Wildtieren vor Störungen durch Freizeitaktivitäten sowie die Jagd eine wichtige Rolle. Wie ist die Bevölkerung Baden-Württembergs gegenüber Wildtieren eingestellt und wie wird das Spannungsfeld zwischen Schutz und Jagd wahrgenommen? Inwieweit ist die Bevölkerung bereit, zum Schutz von Wildtieren Einschränkungen der Freizeitnutzung in Kauf zu nehmen? Wie ist die Bevölkerung gegenüber bestimmten Wildtieren eingestellt?

Zunächst werden die Einstellungen zu Jagd auf Wildtieren beleuchtet. Diese beziehen sich auf Wildtiere wie Rehe, Rothirsche und Wildschweine. Hier gehen die grundsätzlichen Meinungen auseinander (Abb. 1). Knapp ein Viertel (23,8%) befürworten die Jagd auf Wildtiere, während knapp ein Drittel (30,1%) keine positive Einstellung hierzu hat. Gleichzeitig ist fast die Hälfte der Befragten geteilter Meinung (46,1%).

Betrachtet man möglicheMotive der Jagd auf Wildtiere, so vertreten die Befragten eindeutigere Meinungen: Der Jagd auf Wildtiere wie Rehe, Rothirsche oder Wildschweine, um Wildfleisch verkaufen zu können, steht die Mehrheit der Befragten kritisch gegenüber (Abb. 2). 51% lehnen dies ab, etwa jede fünfte Person (20%) stimmt hingegen zu.

Anders sieht es dagegen bei der Jagd auf Wildtiere zum Schutz des Waldes aus: Zur Aussage „Wildtiere müssen gejagt werden, damit sie nicht überhandnehmen und den Wald schädigen“ positionieren sich die Befragten wesentlich positiver (Abb. 3): Die absolute Mehrheit (52,5%) stimmt dieser Aussage zu (vollständig: 16,0%; teilweise: 36,5%). Wieder ist ein relativ großer Anteil unentschlossen (27,8%). Ein knappes Fünftel der Befragten (19,6%) lehnt die Aussage teilweise oder vollständig ab.

Bei der Frage nach der Einstellung zum Schutz von Wildtieren (Abb. 4) ist zunächst festzuhalten, dass die Befragten dem strengen Schutz bestimmter Gebiete zugunsten der Wildtiere grundsätzlich weitgehend zustimmen (80,6%).

Konkret bezogen auf den Winter befürwortet der Großteil der Befragten (73,4%) die Bewahrung von Wildtieren vor Störungen durch Freizeitaktivitäten, um diese nicht zu beeinträchtigen. Ein gutes Fünftel (21,7%) ist unschlüssig und 4,9% stimmen dem nicht zu.

Es lässt sich außerdem eine emotionale Betroffenheit der Menschen feststellen, wenn es darum geht, dass durch das jeweilige eigene Freizeitverhalten im Wald Wildtiere gestört werden könnten. Etwa zwei Drittel der Befragten (66,4%) fühlt sich beim Gedanken daran unwohl.

Gleichzeitig sind 71,2% der Befragten bereit, ihre Freizeitaktivitäten in der Natur einzuschränken, um negative Auswirkungen auf Wildtiere zu verringern. Dabei sind auch 22,7% unentschlossen und 6,1% lehnen dies ab.

Darüber hinaus ist auch die Einstellung zu Wildtieren in Baden-Württemberg Bestandteil der durchgeführten Befragung. Dazu wird in Bezug auf verschiedene Wildtiere abgefragt, was die Umfrageteilnehmenden davon halten, dass diese Tierarten in Baden-Württemberg frei leben oder künftig möglicherweise frei leben werden (Abb.5). Die größte Zustimmung liegt hierbei bei Bibern (70,4%), Luchsen (64,5%) und Wildschweinen (61,9%). Für freilebende Waschbären spricht sich rund die Hälfte der Befragten aus (52,8%). Am geringsten fällt die Zustimmung zu freilebenden Wölfen (47,3%) und Bären (35,9%) aus. Gleichzeitig sprechen sich 16,4% für freilebende Wölfe und 22,3% für freilebende Bären in ausgewiesenen Schutzgebieten wie dem Nationalpark aus.

Trockenheit, Dürre, Borkenkäfer, Aufarbeitungsdruck, Waldbrandgefahr, … Für viele Menschen, die beruflich im Wald oder mit dem Wald zu tun haben, ist der Klimawandel schon lange ein im wahrsten Sinne des Wortes heißes Thema. Mit den Dürrejahren 2018 bis 2020 ist der Klimawandel allerdings auch in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

Welche Folgen der Klimawandel im Wald bereits jetzt hat, in der Zukunft haben wird, wie die Wälder der Zukunft aussehen sollen und wie die Gesellschaft mit dem Klimawandel umgehen wird – das alles ist Gegenstand breiter Debatten. Wie steht die Bevölkerung zu diesen Themen?

Da vor allem die Folgen des Klimawandels als wichtiger Aspekt in der Entwicklung der Waldgesundheit besprochen werden, wurde er in weiteren Fragen in den Fokus genommen. Auch hier wird deutlich, dass ein Großteil der Bevölkerung ein Bewusstsein für das Thema hat.

Mit 96% ist die überwiegende Mehrheit der Befragten aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz von einem mindestens teilweise menschengemachten Klimawandel überzeugt. Insgesamt 68% sehen im menschlichen Handeln die bedeutendere Ursache für den derzeitigen Klimawandel. Dieses Ergebnis deckt sich weitestgehend mit internationalen Bevölkerungsumfragen, die mit ähnlichen Fragen operieren (vgl. EPCC 2017) – wobei der Anteil derjenigen, die die Hauptursache im menschlichen Handeln sehen, in der hier betrachteten Stichprobe größer ausfällt als in der verglichenen Studie.

Menschen im Wald: Aktivitäten und Motive

Der Wald ist beliebter Freizeit- und Erholungsraum. Das ist nicht erst seit der Corona Krise und dem damit verbundenen „Waldbesuchs-Boom“ bekannt (Weinbrenner et al. 2021). Durch die Umfragen wollten wir genauer herausfinden, welchen Stellenwert der Wald im Alltag der Menschen einnimmt. Das heißt hier: Wie häufig gehen die Menschen in den Wald, was machen sie dort besonders häufig oder welche Wegstrecke nehmen sie auf sich, um in den Wald zu kommen? Im Folgenden werden die Kernergebnisse zu diesen und weiteren Fragen beantwortet.

Wie in Abbildung 1 ersichtlich, gaben nur 3% der Befragten an in den letzten 12 Monaten nie in einem Wald gewesen zu sein. Insgesamt 39% waren mindestens einmal pro Woche im Wald und weitere 28% mindestens einmal im Monat. Für viele Menschen ist der Wald demnach ein sehr präsenter Ort in ihrem Alltag und für ihre Freizeitgestaltung.

Was genau machen die Menschen, wenn sie in den Wald gehen? Hier konnten die Befragten mehrere Tätigkeiten auswählen (Abbildung 2). Sehr häufig werden Tätigkeiten genannt, die als eher „ruhig“ zusammengefasst werden können (Spazieren gehen, erholen und entspannen, Natur erleben/beobachten, etc.). Seltener werden sportliche Aktivitäten wie (E-)Mountainbiking, Wintersport oder Reiten betrieben.

Bezogen auf die Frage, wer welche Tätigkeiten im Wald ausübt, zeigen sich drei Ebenen von Zusammenhängen: Alter, Geschlecht und Haushaltsgröße.

Ältere Befragte geben besonders häufig das Sammeln von Naturprodukten, Natur erleben/beobachten sowie Erholen und Entspannen an, während jüngere Personen häufiger Mountainbike fahren, Joggen/Walken und Feste feiern. Die Gruppe der Befragten, die Mountainbike fahren, setzt sich aus signifikant mehr Männern als Frauen zusammen, während Naturprodukte häufiger von Frauen als von Männern gesammelt werden. Insbesondere für Familien sind spezifische Infrastrukturen, wie Grillplätze oder Aussichtstürme besonders relevant. Sie suchen diese Orte signifikant häufiger auf. Insgesamt sind die Zusammenhänge jedoch eher schwach ausgeprägt. Das heißt, dass auch einzelne Gruppen – z.B. die der Mountainbiker:innen in sich sehr divers und unterschiedlich ist.

Bei der Frage nach der Zufriedenheit mit dem letzten Waldbesuch zeigt sich, dass nur ein sehr geringer Anteil der Befragten unzufrieden war (0,4%). Die große Mehrheit ist entweder zufrieden oder eher zufrieden gewesen (65% bzw. 30%). Waldbesuche scheinen demnach für die allermeisten Waldbesuchenden ein positives Erlebnis zu sein.

Wie lange die Befragten sich im Wald aufhalten, konnten diese für ihren letzten Waldbesuch angeben. Hier zeigt sich, dass sich ca. die Hälfte (54%) der Befragten 30-90 Minuten im Wald aufhält. Nur wenige (4%) halten sich kürzer als 30 Minuten im Wald auf. 16% bleiben sogar über 2 ½ Stunden im Wald.

Die Dauer des Waldbesuchs hängt auch mit der Tätigkeit zusammen, die im Wald ausgeübt wird. So halten sich Menschen, die im Wald Joggen oder (Nordic-)Walken, Radfahren und mit dem Hund spazieren gehen tendenziell kürzer im Wald auf, als Menschen, die die Natur erleben/beobachten wollen, Zeit mit Familie und Freund:innen verbringen oder die Wandern gehen. Insbesondere die Gruppe der Menschen, die im Wald wandern gehen, hält sich besonders lange im Wald auf: Etwa 2/3 der Befragten bleiben über zwei Stunden im Wald.

Zudem wurde nach dem Zeitaufwand gefragt, den die Befragten bei ihrem letzten Waldbesuch auf sich genommen haben, um in den Wald zu gelangen. Viele der Befragten besuchen demnach in einen Wald in ihrer näheren Umgebung: 20% brauchen nur bis 5 Minuten dorthin. Ein auch relativ großer Anteil (17%) steuert dagegen einen Wald in über 26 Minuten Entfernung an.

Wird die Dauer der Wegstrecke in Zusammenhang mit der danach ausgeübten Tätigkeit betrachtet, zeigen sich drei unterschiedliche Muster. Berücksichtig werden konnten dabei allerdings nicht alle Tätigkeiten, da diese teilweise zu selten ausgeübt wurden. Die Fallzahlen in der Stichprobe werden dann so klein, dass die Aussagen nicht mehr verallgemeinert werden können.

Im ersten Muster wird für die Tätigkeit besonders häufig ein nahliegender Wald aufgesucht – hier beispielhaft für Fahrradfahren/Mountainbiking dargestellt (55% haben einen kurzen Weg, brauchen also nur bis zu 10 Minuten mit dem Fahrrad in den Wald). Ein ähnliches Muster – kurze Dauer der Wegstrecke – ist auch bei den Tätigkeiten Joggen/Walken (70%), Gassi gehen (61%) und Spazieren gehen (46%) zu beobachten. Auch hier brauchen die Befragten weniger als zehn Minuten, um in den Wald zu kommen (s. Abb. 6).

Der zweite Typ von Tätigkeiten zeichnet sich durch eine relativ gleichmäßige Verteilung auf alle Wegstrecken aus. D.h. für diese werden kurze, mittlere und lange Wegstrecken gleichermaßen zurückgelegt. Beispielhaft ist dies hier für die Tätigkeit Natur erleben/beobachten dargestellt – gleiche Muster ergeben sich auch bei den Tätigkeiten: Erholen/Entspannen, Zeit mit Familie/Freunden verbringen, Sammeln von Naturprodukten oder Arbeiten (s. Abb. 7).

Abb. 7: Weg in den Wald (Beispiel Natur erleben und beobachten) in BW und RLP

Der letzte Typ von Tätigkeiten zeichnet sich dadurch aus, dass besonders häufig lange Wegstrecken zurückgelegt werden – hier dargestellt für das Wandern (49% legen lange Strecken über 20 Minuten hierfür zurück) (s. Abb. 8). Ähnliche Verteilungen lassen sich für weitere häufig angegebene Tätigkeiten nicht wiederfinden – lediglich eine leichte Tendenz bei der Tätigkeit spezielle Infrastruktur aufsuchen (39% nehmen längere Wege auf sich).

Es wurde außerdem erhoben, welches Fortbewegungsmittel für den letzten Waldbesuch gewählt wurde: Auffällig ist, dass knapp die Hälfte der Befragten mit dem Auto oder dem Motorrad zu ihrem Waldbesuch fahren (49%). Ein weiterer großer Anteil (39%) geht zu Fuß in den Wald. Der öffentliche Nahverkehr scheint hier für die allermeisten Befragten dagegen keine sinnvolle Option zu sein, nur 2% geben an, diesen für ihren letzten Waldbesuch genutzt zu haben (s. Abb. 9).

Deutlich wird bei der Betrachtung welches Fortbewegungsmittel für welche Dauer der Wegstrecke genutzt wird, dass ein Großteil der Kurzstrecken zu Fuß zurückgelegt wird, und längere Strecken mit dem Auto. Das Fahrrad wird zwar nur von wenigen genutzt, diese legen aber teilweise auch längere Strecken damit zurück, bis sie in den Wald kommen. Der ÖPNV wird von wenigen hauptsächlich bei weiten Strecken genutzt. In weiteren Analysen zeigt sich zudem, dass der ÖPNV hauptsächlich von Befragten genutzt wird, die daraufhin wandern gehen – für die allermeisten weiteren Tätigkeiten spielt dieses Fortbewegungsmittel noch keine Rolle (s. Abb. 10).

Ein weiterer Aspekt von Waldbesuchen sind mögliche störende Umstände oder Situationen, die das Erlebnis gegebenenfalls beeinträchtigen. Unter den Befragten wurden von insgesamt 38% Störungen während der Waldbesuche wahrgenommen. Diese Gruppe (902 Personen) wurde daraufhin gebeten zusätzlich die Art der Störung anzugeben:

Besonders häufig wird dabei „Müll im Wald“ als Störung genannt: Mehr als die Hälfte (58%) der Befragten, die sich gestört fühlen, nennt diesen Umstand. Das Problem scheint demnach in den Wäldern weit verbreitet vorzukommen – oder wenigstens so erlebt zu werden. Jeweils knapp ein Viertel nennt als Störungen rücksichtslose Waldbesuchende (24%) oder Waldbesuchende mit Fahrrädern (22%). Auch Waldbesuchende mit Hunden werden von Einigen als Störung wahrgenommen (12%). Konflikte mit anderen Menschen im Wald sind demnach neben dem Müll ein nicht selten vorkommendes Problem.

Störende Umstände durch die natürliche Umgebung sind etwas seltener genannt worden: 15% geben einen schlechten Wegezustand an, weitere 12% herumliegende Bäume oder Äste. Insgesamt scheint dies ein vergleichsweise kleines Problem bei Waldbesuchen zu sein.

Neben den dargestellten Störungen gab es noch weitere Nennungen, wobei diese nur von unter 10% der Personen genannt wurden und der Übersichtlichkeit halber nicht dargestellt wurden: Zu viele Waldbesuchende, Verkehrslärm, Schlechter/fehlender Handyempfang, Waldbesuchende mit Pferden, Lärm durch Forstmaschinen, Wegesperrungen, Jagd/Jagende.

Verteilung in der Bevölkerung:

Auch das Störungsempfinden beim Waldbesuch ist in der Bevölkerung relativ gleichmäßig verteilt. Bei einzelnen Auslösern gibt es jedoch Unterschiede. So fühlen sich Männer signifikant häufiger vom „Autoverkehr auf Waldstraßen“ gestört, als Frauen. Gleiches gilt für den schlechten oder fehlenden Handyempfang im Wald.

Auch bezüglich des Alters und des Störungsempfindens gibt es Unterschiede: Jüngere Befragte fühlen sich häufiger vom schlechten oder fehlendem Handyempfang sowie Lärm durch Forstmaschinen gestört. Ältere Befragte hingegen fühlen sich von anderen Waldbesuchenden, die mit Hunden unterwegs sind sowie von anderen Waldbesuchenden, die mit Fahrrädern unterwegs sind, gestört. Betrachtet man alle angegebenen Störungsgründe und ihre Altersverteilung zeigt sich die hier angedeutete Tendenz: Ältere Befragte fühlen sich häufiger von anderen Besuchenden gestört, während die jüngeren sich eher von Umständen oder Situationen – nicht aber anderen Menschen – gestört fühlen.

Wie die Menschen den Wald wahrnehmen und welche Haltungen sie zu waldbezogenen Konflikten und zu Veränderungen der Wälder durch Klimawandel und sich wandelnde gesellschaftliche Ansprüche haben, hängt auch vom Informationsstand über den Wald ab. Für wie gut informiert halten sich die Befragten?

Knapp die Hälfte der Befragten (47,7%) fühlen sich entweder „sehr gut“ (8,1%) oder „eher gut“ (36,6%) über das Thema Wald informiert (Abb. 3). Dem gegenüber steht eine wesentlich kleinere Gruppe an Befragten, die sich „eher schlecht“ (9,2%) oder „sehr schlecht“ (2,0%) informiert fühlen. Die größte Einzelgruppe entfällt allerdings auf diejenigen, die sich weder als gut noch als schlecht informiert beschreiben und daher „weder noch“ geantwortet haben (44,2%). Man kann also durchaus festhalten, dass bei einer großen Gruppe der Bevölkerung Potenzial für Wissenstransfer zum Thema Wald besteht. In der Gruppe derjenigen, die „weder noch“ geantwortet haben, sind allerdings auch diejenigen vertreten, die sich einfach überhaupt nicht für das Thema Wald interessieren und für die subjektiv eine Informiertheit über das Thema auch keine Rolle spielt.

In Abbildung 4 sind die Informationsquellen dargestellt, die die Befragten zum Thema Wald nutzen. Angegeben sind die Prozente der Fälle, das heißt, 3% der Befragten informieren sich über „Apps (Smartphone)“. Die meisten Befragten informieren sich über das Fernsehen (55%), Printmedien (52%) sowie „Internet allgemein“ (51%). Eine weitere wichtige Gruppe für Informationen über den Wald sind „andere Personen, z.B. Eltern, Großeltern, Bekannte“ (20%). Hier werden Informationen also nicht über klassische Medien konsumiert, sondern in Gesprächen oder über Nachrichten ausgetauscht. Informationsaustausch über „Social-media“-Plattformen spielt interessanterweise nur eine untergeordnete Rolle (15%).

Etwa ein Drittel der Befragten gab an zu wissen, wer sich um den Wald kümmert, den sie am häufigsten besuchen (Abb. 5). Insbesondere ältere Befragte gaben an zu wissen, wer sich um den Wald kümmert, den sie am häufigsten besuchen.

Die Gruppe derjenigen, die zuvor „ja“ angab, wurde außerdem noch gefragt, ob sie zu diesen Personen oder Institutionen bereist einmal persönlichen Kontakt hatten (Abb. 6). Knapp die Hälfte dieser Teilnehmenden (47,1%) bejaht auch dies. Etwas mehr als die Hälfte (52,9%) weiß zwar wer sich um die Fläche kümmert, hatte persönlich aber noch nie Kontakt zu diesen Personen oder dieser Institution. Hier bietet sich also noch großes Potenzial für Dialog und Kommunikation.

Viele Menschen schätzen den Wald als Lebensraum, für das Klima, die Holzbereitstellung, Wasser- und Bodenschutz, für die Freizeitgestaltung, die Gesundheit – und viele Aspekte mehr. Ob und wie Wald aber bewirtschaftet werden sollte war und ist ein Thema, das Anlass zu Debatten gibt. Wie also bewerten Bürger:innen in Baden-Württemberg die Leistungen der Forstwirtschaft für den Wald und die Gesellschaft? Und welche Aspekte sind für sie wichtig, wenn sie Holz und Holzprodukte kaufen möchten?

In einer grundlegenden Frage wurden die Menschen darum gebeten anzugeben, wie sie die Arbeit verschiedener Akteur:innen bei der Pflege und dem Management der Wälder bewerten (Abb. 1). Knapp 90% der Befragten bewerteten die Arbeit der Förster:innen als gut bis sehr gut, diese Gruppe wird damit besonders häufig als sehr positiv in ihrer Arbeit mit dem Wald angesehen, Von einer deutlichen Mehrheit der Befragten wird auch die Arbeit von der Gruppe der Waldarbeitenden als gutes Kümmern um den Wald bewertet (ca. 70% Zustimmung) sowie das Engagement von Menschen in Umwelt- und Naturschutzorganisationen oder waldbezogenen Bürgerinitiativen . (>60% Zustimmung). Bei Jäger:innen sowie Waldeigentümer:innen gehen die Meinungen etwas auseinander: Beiden Gruppen wird immer noch von ca. 50% der Befragten zugetraut, sich gut oder sehr gut um den Wald zu kümmern..

Dagegen fällt deutlich ab, wie viele der Befragten den Umgang von Anwohnenden mit dem Wald positiv bewerten: 49% geben hier „teils/teils“ an, ca. 40% „nicht so gut“ oder „schlecht“ und nur ca. 10% “gut“.

Hintergrund

Die Untersuchung ist Teil des Soziokulturellen Waldmonitoring. Das Waldmonitoring Soziokulturell wird seit 2019 von der Stabsstelle "Gesellschaftlicher Wandel" der FVA in Kooperation mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Zürich durchgeführt und regelmäßig aktualisiert.

Projekte in der Stabsstelle

Den Wald vor lauter Bäumen sehen. Marteloskope als Forschungs- und Kommunikationsinstrument für integrative Waldwirtschaft – und Etablierung eines demoskopischen „Waldbarometers“ in Deutschland

1762 Wie nehmen unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen Wald und integrative Forstwirtschaft wahr? Wie verstehen unterschiedliche Menschen das Zusammenspiel von Erholung, Naturschutz, Klimaschutz und Holzproduktion? Gemeinsam mit unserem Kooperationspartner European Forest Institute (EFI) führen wir im Rahmen des Projekts „Martelkom“ in sogenannten „Marteloskopen“ (Übungs- und Demonstrationsflächen integrativer Waldwirtschaft) Waldbau-Übungen mit Bürger:innen durch und erforschen diese sozialwissenschaftlich. Wir nutzen damit Marteloskope als Forschungsort und erproben gleichzeitig, ob und wie sie sich als Kommunikationsort mit Bürger:innen eignen. Ziel ist die Unterstützung von Kommunikation zwischen Akteur:innen der Forstwirtschaft und der Gesellschaft 2022 2025 Ziel- und Nutzungskonflikte Kommunikations- & Bildungsforschung Direktion inkl. Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel (• Mitarbeit Review des Standes der Forschung • Federführung Erarbeitung Sampling Design und Versuchsaufbau Marteloskop Übung mit Bürgerinnen und Bürgern • Durchführen von Marteloskop-Übungen und mit unterschiedlichen urbanen Gruppen und Milieus sowie die Erhebung empirischer Daten in Baden-Württemberg • Analyse der Daten aus BW und NRW mit Fokus auf der Rekonstruktion impliziten Wissens • Durchführen weiterer Marteloskop-Übungen in Regionen mit waldbezogenen Konflikten sowie Erhebung und Analyse empirischer Daten • Mitarbeit repräsentative deutschlandweite Befragung und deren Analyse • Gemeinsame Publikationen der Ergebnisse (wissenschaftlich, Fachzeitschriften, Webinar, Broschüre, Workshop) • Mitarbeit Projektmanagement und Öffentlichkeitsarbeit) Anna Kaufmann

Konstruktive transdisziplinäre Debatten für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung.Komplexe und konfliktäre Themen multiperspektivisch erörtern

1760 . 2022 2025 Ziel- und Nutzungskonflikte Kommunikations- & Bildungsforschung Direktion inkl. Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel (• Öffentlichkeitsarbeit in die waldbezogenen Fachcommunities • Erstellung Konzept für die Beteiligungskommunikation und Ansprache, Veranstaltungsorganisation • Identifizierung von Praxisbeispielen des Dialogs • Setzung der Themen und Identifizierung der Expert:innen für die Fachgruppe • Begleitung, Beobachtung und gemeinsame Auswertung der Diskursräume • Federführung Konzeption und Abstimmung einer Prototypenentwicklung eines konstruktiven Debattenkonzepts • Mitwirkung Veranstaltungsorganisation zum Test des Debattenkonzepts, Auswertung & Ausarbeitung, Publikation der Ergebnisse) Wiebke Hebermehl Beate Kohler

Externe Evaluation des Waldbautrainings ForstBW als Grundlage einer zielgerichteten Weiterentwicklung

1611 Seit 2016 finden in Baden-Württemberg Waldbautrainings statt: Ein festes Trainer*innen-Team schult dabei in regelmäßigem Turnus Mitarbeitende von ForstBW direkt an ihrer Arbeitsstelle und veranschaulicht so praxisnah die 2014 neu eingeführte Waldentwicklungstypen-Richtlinie. Ziel der Evaluationsstudie ist es, Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung zu identifizieren und auf dieser Grundlage Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Schulungen zu erarbeiten. Dabei geht es zum einen um die unmittelbare Wirkung der Waldbautrainings auf die Teilnehmenden und zum anderen um die Rahmenbedingungen, die Wirksamkeit der Trainings beeinflussen. Methodisch werden neben standardisierten Umfragen auch Gruppendiskussionen durchgeführt und mit rekonstruktiven Methoden analysiert. 2018 2020 Nachhaltigkeit messen und bewerten Kommunikations- & Bildungsforschung Direktion inkl. Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel (Projektleitung, Datenaufnahme und Auswertung)

Weiterentwicklung Waldnaturschutzkonzeption BW, Ziel 10 „Transparenz und Kommunikation verbessern, Kompetenzen stärken“

1335 Die nur für den Staatswald verbindliche Gesamtkonzeption Waldnaturschutz ForstBW (2014-2020) wird nach einem Bericht zur Zielerreichung nun als ‚Gesamtkonzeption Waldnaturschutz Baden-Württemberg‘ (GK WNS 2024-2030) überarbeitet. Sie soll über eine differenzierte Ausarbeitung für den Staatswald und die Landesforstverwaltung auch für den Kommunal- und Privatwald freiwillige Maßnahmen vorschlagen, die sinnvoll sind und gefördert werden können. Dieser Weiterentwicklungsprozess bindet unterschiedliche Akteursgruppen innerhalb und außerhalb des Forstsektors aktiv mit ein. Mit dem Ziel „Transparenz und Kommunikation verbessern, Kompetenzen stärken“ berät die Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel das GK WNS Projektteam und begleitet diesen Beteiligungsprozess. 2014 Waldnaturschutz und Biodiversität Waldnaturschutz Kommunikations- & Bildungsforschung Waldnaturschutz (Unterstützung/Schulungsmodule zu den einzelnen Sachthemen Intensiver Austausch bzgl. erfolgender Weiterentwicklung und Konkretisierung der Ziele der Waldnaturschutzkonzeption) Direktion inkl. Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel (Nach Umsetzung von Inhalten der WNS-Konzeption 2014-2020 auf der Fläche vor Ort; Tandem- und Multiplikatorenschulung, seit 2021 Beratung und Begleitung des Partizipationsprozesses für die Weiterentwicklung der GK WNS 2030) Carol Großmann
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