Waldumfrage Baden-Württemberg

WaMoS: Waldmonitoring Soziokulturell

Wie blicken die Bürgerinnen und Bürger Baden-Württembergs auf den Wald im Land? Eine aktuelle Studie der FVA zeigt, wie der Wald in Baden-Württemberg sowie seine unterschiedlichen Funktionen derzeit erlebt werden und welche Erwartungen es diesbezüglich gibt. Hierzu wurden im März und April 2020 über 2.000 Personen über ihre persönliche Waldnutzung, ihr Wissen und ihre Einstellungen zum Wald befragt.

Die Untersuchung ist Teil des Soziokulturellen Waldmonitorings. Grundlage der Studie bildete ein Fragebogen mit 65 Fragen bzw. Fragenblöcken. Er wurde in Kooperation mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Zürich und auf Basis bisheriger Studien der FVA entwickelt. Die Fragen beziehen sich auf die  persönliche Waldnutzung in der Freizeit, Wissen sowie Werte und Einstellungen der Bevölkerung zum Wald. Themenfelder wie Einstellungen zu Wildtieren werden genauso beleuchtet, wie die Haltung zu den Waldfunktionen, die Einschätzungen von Klimaveränderungen im Wald und Einstellungen gegenüber der Forstbranche und zu Naturschutzleistungen.  Aus den Ergebnissen werden Informationen und Empfehlungen für Forstpraxis und Politik abgeleitet.

Inhaltliche Module des Projekts

Die Befragung wurde im März und April 2020 durch den Online-Panel Anbieter „Norstat Deutschland GmbH“ durchgeführt. Es nahmen insgesamt 2.018 Personen an der Umfrage teil. Als Grundgesamtheit diente dabei die in Baden-Württemberg wohnhafte, deutschsprachige, volljährige Bevölkerung zwischen 18-70 Jahren (Stand 2019). Das Sample wurde nach den Variablen Alter, Geschlecht und Bildungsstand quotiert, um die Grundgesamtheit nach diesen Merkmalen abzubilden.

Wie setzt sich die Stichprobe der Umfrageteilnehmenden zusammen?

Die Grundgesamtheit der Stichprobe setzt sich in etwa aus gleichen Teilen an Frauen und Männern zusammen. Zwei Personen gaben als Geschlecht „divers“ an. Bei der Stichprobenauswahl erfolgte neben dem Geschlecht eine Quotierung über das Alter der Bevölkerung Baden-Württembergs (gekreuzte Quotierung). Die Verteilung ist in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1: Welchem Geschlecht fühlen Sie sich zugehörig?

Altersgruppe

männlich

weiblich

Anzahl

Anteil

Quote Alter BW**

Anzahl

Anteil

Quote Alter BW**

18-29

247

12%

12%

240

12%

11%

30-39

183

9%

9%

199

10%

9%

40-49

247

12%

13%

230

11%

13%

50-59

227

11%

11%

233

12%

11%

60-70

102

5%

5%

108

5%

5%

Gesamt

1.006*

50%

 

1.010*

50%

 

*zwei Personen gaben das Geschlecht divers an. Die Personen sind bei dieser Aufstellung nicht berücksichtig.

**Quelle https://ec.europa.eu/CensusHub2/query.do?step=selectHyperCube&qhc=false

Bildungsabschluss

Neben der Quotierung über Alter und Geschlecht wurde auch der Bildungsstand der Teilnehmenden bei der Auswahl berücksichtigt. Dies erfolgte über eine „softe“ Quotierung. Grundlage für die Auswahl bietet folgende Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1988/umfrage/bildungsabschluesse-in-deutschland/

Die Frage nach dem höchsten Bildungsabschluss beantworteten die Teilnehmenden wie folgt: eine allgemeine bzw. fachgebundene Hochschulreife haben 38,3%, einen Realschul- oder vergleichbaren Abschluss 30,8% und einen Volks- bzw. Hauptschulabschluss 28,7%. 1,5% der Teilnehmenden gab an (noch) keinen allgemeinen Abschluss zu haben. Bei der Betrachtung dieser Prozentangaben muss allerdings berücksichtigt werden, dass Personen ohne Abschluss im Vergleich zum Landesdurchschnitt leicht unterrepräsentiert sind, weil nur volljährige Personen befragt wurden. 13 Personen machten beim Ausfüllen des Fragebogens keine Angaben zu ihrem Bildungsabschluss.

Unter den Umfrageteilnehmenden haben 27% einen Hochschulabschluss und 73% eine abgeschlossene Berufsausbildung.

Der deutlich größere Teil der Umfrageteilnehmenden gab an, zum Zeitpunkt der Umfrage erwerbstätig zu sein (72%), wobei 3% der Personen bestätigten, dass ihr Beruf etwas mit Wald bzw. mit Holzverarbeitung zu tun habe. Weitere 6% stimmten dem teilweise zu. Etwa 8% der Befragten besitzen selbst Wald.

Tabelle 2: Anteile der höchsten Bildungsabschlüsse der Teilnehmenden

 

Teilnehmende

Anteil in Prozent

Anteil in Deutschland

(noch) keinen allgemeinen Abschluss

30

1,5%

7,5%

Volks-/ Hauptschulabschluss

580

28,7%

28,6%

Realschul- oder vergleichbarer Abschluss

622

30,8%

30,0%

Allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife

773

38,3%

33,5%

Keine Angaben

13

0,6%

0,2%

Zahlreiche Tierarten leben in freier Wildbahn. Sie sind allerdings häufig nicht oder nur mit Glück und für aufmerksame Waldbesuchende sichtbar. Durch die gleichzeitige Funktion des Waldes als Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten sowie als Erholungsraum für den Menschen spielen der Schutz von Wildtieren vor Störungen durch Freizeitaktivitäten sowie die Jagd eine wichtige Rolle. Wie ist die Bevölkerung Baden-Württembergs gegenüber Wildtieren eingestellt und wie wird das Spannungsfeld zwischen Schutz und Jagd wahrgenommen? Inwieweit ist die Bevölkerung bereit, zum Schutz von Wildtieren Einschränkungen der Freizeitnutzung in Kauf zu nehmen? Wie ist die Bevölkerung gegenüber bestimmten Wildtieren eingestellt?

Zunächst werden die Einstellungen zu Jagd auf Wildtieren beleuchtet. Diese beziehen sich auf Wildtiere wie Rehe, Rothirsche und Wildschweine. Hier gehen die grundsätzlichen Meinungen auseinander (Abb. 1). Knapp ein Viertel (23,8%) befürworten die Jagd auf Wildtiere, während knapp ein Drittel (30,1%) keine positive Einstellung hierzu hat. Gleichzeitig ist fast die Hälfte der Befragten geteilter Meinung (46,1%).

Betrachtet man möglicheMotive der Jagd auf Wildtiere, so vertreten die Befragten eindeutigere Meinungen: Der Jagd auf Wildtiere wie Rehe, Rothirsche oder Wildschweine, um Wildfleisch verkaufen zu können, steht die Mehrheit der Befragten kritisch gegenüber (Abb. 2). 51% lehnen dies ab, etwa jede fünfte Person (20%) stimmt hingegen zu.

Anders sieht es dagegen bei der Jagd auf Wildtiere zum Schutz des Waldes aus: Zur Aussage „Wildtiere müssen gejagt werden, damit sie nicht überhandnehmen und den Wald schädigen“ positionieren sich die Befragten wesentlich positiver (Abb. 3): Die absolute Mehrheit (52,5%) stimmt dieser Aussage zu (vollständig: 16,0%; teilweise: 36,5%). Wieder ist ein relativ großer Anteil unentschlossen (27,8%). Ein knappes Fünftel der Befragten (19,6%) lehnt die Aussage teilweise oder vollständig ab.

Bei der Frage nach der Einstellung zum Schutz von Wildtieren (Abb. 4) ist zunächst festzuhalten, dass die Befragten dem strengen Schutz bestimmter Gebiete zugunsten der Wildtiere grundsätzlich weitgehend zustimmen (80,6%).

Konkret bezogen auf den Winter befürwortet der Großteil der Befragten (73,4%) die Bewahrung von Wildtieren vor Störungen durch Freizeitaktivitäten, um diese nicht zu beeinträchtigen. Ein gutes Fünftel (21,7%) ist unschlüssig und 4,9% stimmen dem nicht zu.

Es lässt sich außerdem eine emotionale Betroffenheit der Menschen feststellen, wenn es darum geht, dass durch das jeweilige eigene Freizeitverhalten im Wald Wildtiere gestört werden könnten. Etwa zwei Drittel der Befragten (66,4%) fühlt sich beim Gedanken daran unwohl.

Gleichzeitig sind 71,2 % der Befragten bereit, ihre Freizeitaktivitäten in der Natur einzuschränken, um negative Auswirkungen auf Wildtiere zu verringern. Dabei sind auch 22,7% unentschlossen und 6,1% lehnen dies ab.

Darüber hinaus ist auch die Einstellung zu Wildtieren in Baden-Württemberg Bestandteil der durchgeführten Befragung. Dazu wird in Bezug auf verschiedene Wildtiere abgefragt, was die Umfrageteilnehmenden davon halten, dass diese Tierarten in Baden-Württemberg frei leben oder künftig möglicherweise frei leben werden (Abb.5). Die größte Zustimmung liegt hierbei bei Bibern (70,4%), Luchsen (64,5%) und Wildschweinen (61,9%). Für freilebende Waschbären spricht sich rund die Hälfte der Befragten aus (52,8%). Am geringsten fällt die Zustimmung zu freilebenden Wölfen (47,3%) und Bären (35,9%) aus. Gleichzeitig sprechen sich 16,4% für freilebende Wölfe und 22,3% für freilebende Bären in ausgewiesenen Schutzgebieten wie dem Nationalpark aus.

Trockenheit, Dürre, Borkenkäfer, Aufarbeitungsdruck, Waldbrandgefahr, … Für viele Menschen, die beruflich im Wald oder mit dem Wald zu tun haben, ist der Klimawandel schon lange ein im wahrsten Sinne des Wortes heißes Thema. Mit den Dürrejahren 2018 bis 2020 ist der Klimawandel allerdings auch in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

Welche Folgen der Klimawandel im Wald bereits jetzt anrichtet, in der Zukunft anrichten wird, welche Ursachen die Anfälligkeit vieler Wälder hat und wie die Wälder der Zukunft aussehen sollen – das alles ist Gegenstand breiter Debatten. Wie steht die Bevölkerung in Baden-Württemberg zu diesen Themen?

Die überwiegende Mehrheit der Befragten (89,9%) ist von einem menschengemachten Klimawandel überzeugt (Abb. 1). Etwas mehr als 10% sind gegenteiliger Ansicht. Das Ergebnis deckt sich mit internationalen Bevölkerungsumfragen, die mit ähnlichen Fragen operieren (vgl. EPCC 2017).

Dass der Klimawandel in den letzten Jahren bereits in vielen Wäldern zu dramatischen Veränderungen geführt hat, ist hingegen vielen nicht bewusst (Abb.2): So schätzen 8,8% der Befragten die Entwicklung der Waldgesundheit in Baden-Württemberg über die letzten zehn Jahre hinweg als positiv ein. Ein gutes Fünftel (21,8%) gab an, die Waldgesundheit habe sich aus ihrer Sicht nicht verändert. Der Großteil der Befragten hingegen (45,7%) geht davon aus, dass sich die Waldgesundheit verschlechtert hat. Fast ein Viertel kann oder möchte hierzu keine Aussage machen. Auffallend ist: Wer einen menschlichen Beitrag zum Klimawandel leugnet, schätzt die Waldgesundheit signifikant besser ein.

Den Befragten  scheint es schwer zu fallen, allgemeine Aussagen zum Zustand der Wälder zu treffen: Wer kann schon sagen, wie es um die Gesundheit des Waldes ganz allgemein in Baden-Württemberg steht? Gefragt wurde deshalb auch, ob den Waldbesuchenden in dem Wald, den sie selbst regelmäßig besuchen, Veränderungen auffallen, die sie auf den Klimawandel zurückführen (Abb. 3). Bislang fallen etwa einem Drittel der Befragten in dem Wald, den sie regelmäßig besuchen, Veränderungen auf, die sie auf den Klimawandel zurückführen (Abb. 3). 23% konnten keine Angabe machen („weiß nicht“) und 44% fallen keine solchen Veränderungen auf. Diejenigen, die mit „ja“ geantwortet hatten, wurden im Anschluss gefragt, welche Veränderungen ihnen auffallen. Der Schwerpunkt hierbei liegt auf abgestorbenen oder erkrankten Bäumen. Tier- und Pflanzenarten, die aufgrund des wärmeren Klimas hier Fuß fassen können, fallen hingegen nur einer Minderheit auf.

Beim Blick auf die Ursachen für die Anfälligkeit der Wälder für den Klimawandel ist die Bevölkerung in ihrer Einschätzung gespalten. Zusammengefasst ergeben die Antworten folgendes Bild (Abb. 4): Fast 45% sehen in menschlichen Eingriffen und in der wirtschaftlichen Nutzung des Waldes die Hauptursache. Demgegenüber steht andererseits ein knappes Drittel der Befragten (31%), die natürliche Prozesse als hauptursächlich für die aktuellen Waldschäden halten. 15% gaben an nicht zu wissen, was die Anfälligkeit der Wälder verursacht, 9% antworteten mit „sonstigen Ursachen".

Was soll getan werden angesichts der Waldschäden – die Ärmel hochkrempeln und den Wald aktiv wieder aufforsten oder der Natur ihren Lauf nehmen lassen (Abb. 5)? 61% der Befragten halten es für das Beste, geschädigte oder umgestürzte Bäume von den Flächen zu entfernen und neue Bäume zu pflanzen. Weitere 16% befürworten, dass nach dem Entfernen geschädigter Bäume der Wald ohne Zutun nachwachsen sollte (Naturverjüngung). Etwa 23% sprechen sich dafür aus, keine forstlichen Maßnahmen zu ergreifen und nur die Wege zu räumen, bzw. überhaupt nichts zu unternehmen.

Der Klimawandel wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ganze Landschafts- und Waldbilder auf den Kopf stellen. Daher wurden die Teilnehmenden nicht nur nach Schadensbeseitigung gefragt, sondern auch, wie sie zu verschiedenen Maßnahmen zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel stehen (Abb. 6).

Hier wird insbesondere das Fällen von mit Schädlingen befallenen Bäumen von einer großen Mehrheit als geeignete Maßnahme gesehen (78,7%). Auch die Pflanzung von nicht heimischen Baumarten wird von einer knappen Mehrheit befürwortet (53,2%). Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wird hingegen überwiegend kritisch gesehen. Nur ein Drittel der Befragten (33,0%) stimmt dieser Maßnahme zu. Etwa ein Viertel der Befragten (24,5%) bevorzugt eine strikte Zurückhaltung der Menschen bei der Umgestaltung der Wälder.

Hinter den Einstellungen zu Klimawandel und Wildtieren, aber auch hinter den unterschiedlichen Haltungen zu Forstwirtschaft stehen unterschiedliche Naturverständnisse, sogenannte Umweltwerthaltungen. Diese wurden mit den folgenden zehn Items abgefragt, die von der Befragung der WSL in Zürich und deren WaMoS-Monitoring übernommen wurden (Abb. 1).

Auf den ersten Blick zeigt sich bereits: Es gibt zwei Gruppen von Items. Diejenigen, zu denen überwiegende Zustimmung herrscht (von oben bis einschließlich „Wir nähern uns der maximalen Anzahl an Menschen, die auf der Erde leben können.“), und diejenigen, die mehrheitlich unentschlossen oder negativ bewertet werden. Mit Hilfe einer Faktoranalyse wurden die Items zu zwei zentralen Dimensionen verdichtet. Auf der einen Seite stehen die „anthropozentrischen Werthaltungen“. Diese umfassen solche Einstellungen gegenüber der Natur, die die Menschen, ihr Handeln und vor allem ihre Bedürfnisse für zentral einschätzen. Dem gegenüber stehen auf der anderen Seite die „ökozentrischen Werthaltungen“. Diese sehen eher die Erde, die Natur und natürliche Prozesse im Zentrum und befürworten, dass sich menschliches Handeln und menschliche Bedürfnisse in diese eingliedern sollten.

Aus den genannten zehn ursprünglichen Items wurden mithilfe einer Faktoranalyse die beiden Dimensionen „anthropozentrischen Werthaltungen“ und „ökozentrischen Werthaltungen“ gebildet. Die Abbildung 2 zeigt deren Verteilung auf die Gesamtstichprobe.

Der Wald ist beliebter Freizeit- und Erholungsraum. Das ist nicht erst seit der Corona Krise und dem damit verbundenen „Waldbesuchs-Boom“ bekannt (Weinbrenner et al. 2021). Aber wie viele Menschen in Baden-Württemberg gehen überhaupt in den Wald und warum ist der Wald beliebter Freizeit- und Erholungsort? Sind die Menschen mit ihrem Waldbesuch zufrieden? Im Folgenden werden die Kernergebnisse zu diesen Fragen beantwortet.

Weniger als ein Viertel der Befragten (23,1%) war in den vergangenen zwölf Monaten gar nicht im Wald (Abb. 1). Umgekehrt bedeutet dies: Mehr als drei Viertel aller Befragten (76,9%) hat in den letzten zwölf Monaten den Wald im Rahmen einer Freizeitaktivität besucht.

Die Häufigkeit des Waldbesuchs variiert jedoch stark nach Jahreszeit (Abb. 2). Im Sommer gehen die Befragten grundsätzlich häufiger in den Wald als im Winter. Außerdem gaben auch einige Befragte an, dass sie ausschließlich im Sommer in den Wald gehen. Gleichzeitig gehen 32,3% der Befragten ganzjährig mindestens einmal pro Woche in den Wald. Darüber hinaus wurden die Teilnehmenden nach der Dauer ihres letzten Waldbesuchs gefragt (Abb. 3). Hier war ein gutes Viertel (25,4%) zwischen 5 und 30 Minuten im Wald und 36,8% der Befragten hielten sich zwischen 31 und 60 Minuten im Wald auf. Ein bis zwei Stunden waren fast 30% der Befragten im Wald und 8,3% sind über zwei Stunden im Wald gewesen.

Was genau machen die Menschen, wenn sie in den Wald gehen? Hier konnten die Befragten mehrere Tätigkeiten auswählen (Abb. 4). Am häufigsten werden „Spazieren gehen“ (77,1%), „Erholen und entspannen“ (61,4%) sowie „Natur erleben/beobachten“ (61,4%) genannt. „Mountainbiken/E-Mountainbiken" wurde von 7,1 % der Befragten gewählt. „Reiten“, „Wintersport“, „Anderer Sport“, „Jagen“, „Feste feiern“, „Arbeiten“ und „Spezifische Infrastruktur aufsuchen“ wurde von einem niedrigen einstelligen Prozentbereich der Befragten ausgewählt.

Außerdem wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Gründen und Motiven für ihren Waldbesuch gefragt, indem sie ihre Zustimmung zu unterschiedlichen Aussagen geben konnten. Ein Waldbesuch scheint für die meisten Befragten mit positiven Aspekten verbunden zu sein. Eine Faktorenanalyse dieser Antworten ergibt, dass es drei Hauptmotive für einen Waldbesuch gibt (Abb. 5): „Alleine sein“, „Gesundheit und Natur genießen“ und „Gesundheit, Sport und soziale Kontakte“. Etwas für die eigene Gesundheit zu tun verbinden viele Menschen also ruhiger Erholung in der Natur. Andererseits ist Gesundheit auch ein eher aktives Motiv, wenn es mit Sport treiben oder z.B. Treffen mit Freundinnen und Freunden oder der Familie zusammenhängt. Das Motiv „Alleine sein“ trifft für deutlich weniger Menschen zu, erfährt aber die meiste „Teils/Teils“- Zustimmung.

Insgesamt sind die Menschen zufrieden mit ihren Waldbesuchen (Abb. 6). Lediglich 5,5% sind eher oder sehr unzufrieden mit ihren Waldbesuchen in den letzten 12 Monaten. Konkret nach Störungen bei ihrem letzten Waldbesuch gefragt, bestätigen dies nur 9,7%, weitere 23,1% bestätigen dies teilweise (Abb. 7). Diese Personen wurden ebenfalls nach der Art der Störung gefragt. Hierbei war Müll im Wald (70%) mit Abstand der häufigste Grund. An zweiter Stelle wurden andere Waldbesuchende, die sich rücksichtslos verhalten, genannt (28,5%).

Es liegt in der Natur der Sache, dass der Wald innerhalb der Forstbranche als das zentrale Thema gesehen wird. Was aber weiß die Bevölkerung über den Wald? Wie gut fühlen sich die Menschen zum Thema Wald informiert? Wer engagiert sich wie für den Wald?

Jeweils weniger als 10% der Befragten gab an, dass ihr Beruf wenigstens „teilweise“ etwas mit Wald oder Holzverarbeitung zu tun hat. Für neun von zehn Befragten gilt also: Sie haben in ihrem Berufsleben weder etwas mit Wald noch mit Holzverarbeitung zu tun. Ähnlich niedrige Zahlen entfallen auf diejenigen, die Eigentümerinn und Eigentümer einer Waldfläche sind (7,8%).

Ebenso niedrig ist der Anteil derjenigen, der früher oder aktuell in einer waldbezogenen Bürgerinitiative aktiv  oder ist (5,6%) (Abb.1). In dieser Gruppe sind Waldeigentümerinnen und -eigentümer weit überproportional vertreten: Von denjenigen, die in einer waldbezogenen Bürgerinitiative aktiv sind, besitzt ein knappes Drittel (31,3%) Wald. Hier werden die Fallzahlen allerdings bereits sehr klein. Diese Gruppe umfasst nur noch 35 Personen. Der Zusammenhang zwischen Waldeigentum und Engagement ist trotzdem höchstsignifikant (Cramer-V: 0,211).

Gut ein Fünftel der Befragten (22,4%) gab an, im vergangenen Jahr für Klima- und Umweltschutz gespendet zu haben (Abb. 2). Von denjenigen, die in einer waldbezogenen Bürgerinitiative aktiv sind, gaben knapp zwei Drittel (63,4%) an, im vergangenen Jahr Geld für Klima- und Umweltschutz gespendet zu haben. Die Spendenbereitschaft ist in jungen und hochgebildeten Bevölkerungsschichten besonders hoch.

Wie die Menschen den Wald wahrnehmen und welche Haltungen sie zu waldbezogenen Konflikten und zu Veränderungen der Wälder durch Klimawandel und sich wandelnde gesellschaftliche Ansprüche haben, hängt auch vom Informationsstand über den Wald ab. Für wie gut informiert halten sich die Befragten also?

Knapp die Hälfte der Befragten (47,7%) fühlen sich entweder „sehr gut“ (8,1%) oder „eher gut“ (36,6%) über das Thema Wald informiert (Abb. 3). Dem gegenüber steht eine wesentlich kleinere Gruppe an Befragten, die sich „eher schlecht“ (9,2%) oder „sehr schlecht“ (2,0%) informiert fühlen. Die größte Einzelgruppe entfällt allerdings auf diejenigen, die sich weder als gut noch als schlecht informiert beschreiben und daher „weder noch“ geantwortet haben (44,2%). Man kann also durchaus festhalten, dass bei einer großen Gruppe der Bevölkerung potenziell ein Bedürfnis nach Wissen zum Thema Wald besteht. In der Gruppe derjenigen, die „weder noch“ geantwortet haben, sind allerdings auch diejenigen vertreten, die sich grundsätzlich nicht für das Thema Wald interessieren und für die subjektiv eine Informiertheit über das Thema auch keine Rolle spielt.

In Abbildung 4 sind die Informationsquellendargestellt, die die Befragten zum Thema Wald nutzen. Angegeben sind die Prozente der Fälle, das heißt, 6% der Befragten informieren sich über „Apps fürs Smartphone“. Die meisten Befragten informieren sich über das „Internet allgemein“ (48%) oder über das Fernsehen (41%). Eine weitere wichtige Gruppe für Informationen über den Wald sind „andere Personen, z.B. Eltern, Großeltern, Bekannte“ (31%). Hier werden Informationen also nicht über klassische Medien konsumiert, sondern in Gesprächen oder über Nachrichten ausgetauscht. Informationsaustausch über „Social-Media“-Plattformen spielt interessanterweise nur eine untergeordnete Rolle.

Etwa ein Drittel der Befragten gab an zu wissen, wer sich um den Wald kümmert, den sie am häufigsten besuchen (Abb. 5). Bei einer solchen Wissensabfrage ist immer mit Effekten sozial-erwünschten Antwortverhaltens zu rechnen. Schließlich wissen die Befragten, dass es im Nachhinein nicht möglich ist, den Wahrheitsgehalt ihrer Antwort zu überprüfen. Insbesondere ältere Befragte gaben an zu wissen, wer sich um den Wald kümmert, den sie am häufigsten besuchen.

Die Gruppe derjenigen, die zuvor „ja“ angab, wurde außerdem noch gefragt, ob sie zu diesen Personen oder Institutionen bereist einmal persönlichen Kontakt hatten (Abb. 6). Knapp die Hälfte dieser Teilnehmenden (47,1%) bejaht auch dies. Etwas mehr als die Hälfte (52,9%) weiß zwar wer sich um die Fläche kümmert, hatte persönlich aber noch nie Kontakt zu diesen Personen oder dieser Institution. Hier bietet sich also noch großes wechselseitiges Potenzial für Dialog und Kommunikation

Viele Menschen schätzen den Wald als Lebensraum, für das Klima, die Holzbereitstellung, Wasser- und Bodenschutz, für die Freizeitgestaltung, die Gesundheit – und viele Aspekte mehr. Ob und wie Wald aber bewirtschaftet werden sollte, war und ist ein Thema, das Anlass zu Diskussionen gibt.

Wie also bewerten Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg die Leistungen der Forstwirtschaft für den Wald und die Gesellschaft? Und welche Aspekte sind für sie wichtig, wenn sie Holz und Holzprodukte kaufen möchten?

Zunächst einmal wurden die Menschen gefragt, welchen Akteurinnen und Akteuren sie bei der Pflege und dem Management der Wälder vertrauen beziehungsweise wessen Arbeit sie besonders wertschätzen. Dabei konnten die Befragten auch mehrere Personengruppen benennen (Abb. 1). Mit 80,7% nennen die meisten Personen „Försterinnen und Förster“. Ebenfalls positiv bewertet wird die Arbeit der „Waldarbeitenden“ (56,1%), der „Waldeigentümerinnen und -eigentümer“ (45,3%) und der „Naturschützenden“ (43,4%). Die weiteren vorgegebenen Antwortkategorien fallen im Vergleich dazu deutlich ab. Somit erhalten Personen, die der Forstwirtschaft zugeordnet werden können, insgesamt eine hohe Anerkennung ihrer Arbeit.

Dochwie wird die Arbeit der „Branche“ für den Wald beziehungsweise Waldfunktionen bewertet? Hierfür haben die Teilnehmenden ihre Zustimmung zu drei Funktionsgruppen gegeben, inwiefern die Forstwirtschaft zu deren Erfüllung beiträgt (Abb. 2). Das interessanteste Ergebnis sticht hier sofort ins Auge: Der Beitrag der Forstwirtschaft wird von den Menschen nicht etwa im Bereich der Nutzungsfunktion des Waldes („Rohstoff- und Erwerbsquelle“) am zutreffendsten gesehen, sondern im Bereich der ökologischen Funktion („Lebensraum für Pflanzen und Tiere“). Da aber die Zustimmung zu allen drei Funktionsgruppen außergewöhnlich hoch und auch die Ablehnung („trifft nicht zu“) ungewöhnlich klein ist, kann ein sozial erwünschtes Antwortverhalten der Befragten nicht ausgeschlossen werden.

Zwar kann unter Forstwirtschaft auch ein passives Management wie z.B. Prozessschutz fallen, im Allgemeinen wird aber wahrscheinlich eher eine aktive Bewirtschaftung der Wälder mit diesem Begriff verbunden. Trotzdem wurden die Teilnehmenden darüber hinaus in einer konkreten Frage gebeten, ihre Meinung zur Wichtigkeit der Bewirtschaftung von Wäldern für einzelne Waldfunktionen anzugeben (Abb. 3). Die größte Wichtigkeit wird der Bewirtschaftung der Wälder dabei für die „Kohlendioxid-Speicherung“ (57,6% sehr wichtig) und den „Erhalt der biologischen Vielfalt“ (52,9% sehr wichtig) zugesprochen. Vor allem der Zusammenhang zwischen einer (aktiven) Bewirtschaftung und dem Erhalt der biologischen Vielfalt ist hierbei ein erstaunliches Ergebnis. Auch bei dieser Frage fällt die Bewertung der Wichtigkeit der weiteren Aspekte deutlich ab: So halten nur 20,3% der Befragten die Bewirtschaftung der Wälder zur „Bereitstellung von Nutzholz“ für „sehr wichtig“, obwohl innerhalb des Forstsektors die Holzproduktion als eine der zentralen – wenn nicht die zentrale – Aufgabe der Waldbewirtschaftung begriffen wird. Hier scheinen also Fremd- und Selbstbild auseinanderzufallen.

44,6% der Teilnehmenden geht außerdem davon aus, dass der Anteil an Totholz in den letzten Jahren zugenommen hat (Abb. 4). Etwa ein Viertel kann keine Veränderung feststellen (25,3%), 7,4% meinen, der Anteil an abgestorbenen Bäumen habe abgenommen. Ein gutes Fünftel der Befragten (22,6%) konnte bzw. wollte sich zu dieser Frage nicht positionieren.

Neben den Waldfunktionen an sich haben wir außerdem noch genauer nachgefragt, welche Kriterien für die Teilnehmenden wichtig sind, wenn sie Holzprodukte kaufen (Abb. 5).

Insbesondere Langlebigkeit und Schönheit werden hier häufig benannt, am wenigsten ein geringer Kaufpreis.

Hintergrund

Die Untersuchung ist Teil des Soziokulturellen Waldmonitoring. Das Waldmonitoring Soziokulturell wird seit 2019 von der Stabsstelle "Gesellschaftlicher Wandel" der FVA in Kooperation mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Zürich durchgeführt und regelmäßig aktualisiert.

Projekte in der Stabsstelle

Den Wald vor lauter Bäumen sehen. Marteloskope als Forschungs- und Kommunikationsinstrument für integrative Waldwirtschaft – und Etablierung eines demoskopischen „Waldbarometers“ in Deutschland

1762 Wie nehmen unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen Wald und integrative Forstwirtschaft wahr? Wie verstehen unterschiedliche Menschen das Zusammenspiel von Erholung, Naturschutz, Klimaschutz und Holzproduktion? Gemeinsam mit unserem Kooperationspartner European Forest Institute (EFI) führen wir im Rahmen des Projekts „Martelkom“ in sogenannten „Marteloskopen“ (Übungs- und Demonstrationsflächen integrativer Waldwirtschaft) Waldbau-Übungen mit Bürger:innen durch und erforschen diese sozialwissenschaftlich. Wir nutzen damit Marteloskope als Forschungsort und erproben gleichzeitig, ob und wie sie sich als Kommunikationsort mit Bürger:innen eignen. Ziel ist die Unterstützung von Kommunikation zwischen Akteur:innen der Forstwirtschaft und der Gesellschaft 2022 2025 Ziel- und Nutzungskonflikte Kommunikations- & Bildungsforschung Direktion inkl. Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel (• Mitarbeit Review des Standes der Forschung • Federführung Erarbeitung Sampling Design und Versuchsaufbau Marteloskop Übung mit Bürgerinnen und Bürgern • Durchführen von Marteloskop-Übungen und mit unterschiedlichen urbanen Gruppen und Milieus sowie die Erhebung empirischer Daten in Baden-Württemberg • Analyse der Daten aus BW und NRW mit Fokus auf der Rekonstruktion impliziten Wissens • Durchführen weiterer Marteloskop-Übungen in Regionen mit waldbezogenen Konflikten sowie Erhebung und Analyse empirischer Daten • Mitarbeit repräsentative deutschlandweite Befragung und deren Analyse • Gemeinsame Publikationen der Ergebnisse (wissenschaftlich, Fachzeitschriften, Webinar, Broschüre, Workshop) • Mitarbeit Projektmanagement und Öffentlichkeitsarbeit) Anna Kaufmann

Konstruktive transdisziplinäre Debatten für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung.Komplexe und konfliktäre Themen multiperspektivisch erörtern

1760 . 2022 2024 Ziel- und Nutzungskonflikte Kommunikations- & Bildungsforschung Direktion inkl. Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel (• Öffentlichkeitsarbeit in die waldbezogenen Fachcommunities • Erstellung Konzept für die Beteiligungskommunikation und Ansprache, Veranstaltungsorganisation • Identifizierung von Praxisbeispielen des Dialogs • Setzung der Themen und Identifizierung der Expert:innen für die Fachgruppe • Begleitung, Beobachtung und gemeinsame Auswertung der Diskursräume • Federführung Konzeption und Abstimmung einer Prototypenentwicklung eines konstruktiven Debattenkonzepts • Mitwirkung Veranstaltungsorganisation zum Test des Debattenkonzepts, Auswertung & Ausarbeitung, Publikation der Ergebnisse) Beate Kohler Wiebke Hebermehl

Externe Evaluation des Waldbautrainings ForstBW als Grundlage einer zielgerichteten Weiterentwicklung

1611 Seit 2016 finden in Baden-Württemberg Waldbautrainings statt: Ein festes Trainer*innen-Team schult dabei in regelmäßigem Turnus Mitarbeitende von ForstBW direkt an ihrer Arbeitsstelle und veranschaulicht so praxisnah die 2014 neu eingeführte Waldentwicklungstypen-Richtlinie. Ziel der Evaluationsstudie ist es, Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung zu identifizieren und auf dieser Grundlage Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Schulungen zu erarbeiten. Dabei geht es zum einen um die unmittelbare Wirkung der Waldbautrainings auf die Teilnehmenden und zum anderen um die Rahmenbedingungen, die Wirksamkeit der Trainings beeinflussen. Methodisch werden neben standardisierten Umfragen auch Gruppendiskussionen durchgeführt und mit rekonstruktiven Methoden analysiert. 2018 2020 Nachhaltigkeit messen und bewerten Kommunikations- & Bildungsforschung Direktion inkl. Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel (Projektleitung, Datenaufnahme und Auswertung) Anne Ulrich

Weiterentwicklung Waldnaturschutzkonzeption BW, Ziel 10 „Transparenz und Kommunikation verbessern, Kompetenzen stärken“

1335 Die nur für den Staatswald verbindliche Gesamtkonzeption Waldnaturschutz ForstBW (2014-2020) wird nach einem Bericht zur Zielerreichung nun als ‚Gesamtkonzeption Waldnaturschutz Baden-Württemberg‘ (GK WNS 2024-2030) überarbeitet. Sie soll über eine differenzierte Ausarbeitung für den Staatswald und die Landesforstverwaltung auch für den Kommunal- und Privatwald freiwillige Maßnahmen vorschlagen, die sinnvoll sind und gefördert werden können. Dieser Weiterentwicklungsprozess bindet unterschiedliche Akteursgruppen innerhalb und außerhalb des Forstsektors aktiv mit ein. Mit dem Ziel „Transparenz und Kommunikation verbessern, Kompetenzen stärken“ berät die Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel das GK WNS Projektteam und begleitet diesen Beteiligungsprozess. 2014 Waldnaturschutz und Biodiversität Waldnaturschutz Kommunikations- & Bildungsforschung Waldnaturschutz (Unterstützung/Schulungsmodule zu den einzelnen Sachthemen Intensiver Austausch bzgl. erfolgender Weiterentwicklung und Konkretisierung der Ziele der Waldnaturschutzkonzeption) Direktion inkl. Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel (Nach Umsetzung von Inhalten der WNS-Konzeption 2014-2020 auf der Fläche vor Ort; Tandem- und Multiplikatorenschulung, seit 2021 Beratung und Begleitung des Partizipationsprozesses für die Weiterentwicklung der GK WNS 2030) Carol Großmann
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