Forschung Wildkatze

In Baden-Württemberg wurde die Wildkatze bisher hauptsächlich entlang der Rheinebene nachgewiesen. Im Vergleich zu den walddominierten Verbreitungsgebieten der Wildkatze wie dem Pfälzer Wald, der Eifel oder dem Harz, stellt die Rheinebene eine durch den Menschen stark geprägte Kulturlandschaft dar. Die Landschaft ist dicht besiedelt, landwirtschaftlich intensiv genutzt und durch ein stark frequentiertes Straßennetz gekennzeichnet. Wie die waldgebundene Tierart diesen fragmentierten Lebensraum nutzt und wie sie sich in der Landschaft bewegt, wurde mittels GPS-Satellitentelemetrie untersucht. Darüber hinaus wurde das Wildkatzenvorkommen im Oberrheingebiet mit dem Vorkommen in den benachbarten Ländern (Frankreich, Schweiz) mittels populationsgenetischer Analysen verglichen um die Herkunft der fast 100 Jahre lang verschwundenen Tierart zu klären.

Aufgaben & Ziele

  • Neue Erkenntnisse über die Wildkatze sollen zukünftig die Beurteilung erleichtern, welche Maßnahmen für den Schutz dieser streng geschützten und seltenen Tierart in fragmentierten Landschaften sinnvoll sind. Als Leitart für den Waldverbund, steht sie auch als Stellvertreterin für andere waldgebundene Wildtierarten mit großen Raumansprüchen wie Baummarder, Rothirsch oder Luchs.
  • Die gewonnenen Daten zum Raum-Zeit-Verhalten der Wildkatzen in der Kulturlandschaft verschaffen uns ein besseres Verständnis darüber wie anpassungsfähig diese Tierarten tatsächlich sind und wie sie die intensiv anthropogen genutzte Landschaft wahrnehmen und für sich nutzen können.

Raum-Zeit-Verhalten

Im Zeitraum 2010 bis 2015 angelegten Forschungsprojekt, welches durch die Landesjagdabgabe kofinanziert wurde, wurden 21 Wildkatzen im Kaiserstuhl und den angrenzenden Rheinauen gefangen und mit GPS-Halsbändern besendert. Mit den gewonnenen telemetrischen Daten konnten Aussagen über das Raum-Zeit-Verhalten von Wildkatzen im Hinblick auf die Nutzung der stark fragmentierten Landschaft der Rheinebene gemacht werden.

Mittels populationsgenetischer Analysen konnte gezeigt werden, dass die Wildkatzenpopulation der Rheinebene nicht von der französischen Vogesenpopulation zu unterscheiden ist. Der Rhein stellte bisher keine Barriere für den Individuenaustausch dar. Aufgrund der genetischen Eigenschaften der beiden Populationen und fehlenden flächendeckendem Vorkommen der Wildkatze außerhalb der Rheinebene, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit rückgeschlossen werden, dass die Wildkatze tatsächlich ausgestorben war und in den letzten Jahrzehnten eine Rückkehr nach Baden-Württemberg stattfindet.

Crossing the Rhine: a potential barrier to wildcat (Felis silvestris silvestris) movement?

Die bisher kaum vorhandenen Kenntnisse zur Raumnutzung von Wildkatzen-Hybriden konnten durch den Fang und Besenderung von zwei F1 Hybriden erweitert werden. Es zeigt sich, dass sich die Raumnutzung nicht von anderen Wildkatzen unterscheidet.

Mit einem Anteil von ca. 10 % Introgression ist die Wildkatzenpopulation in den Rheinauen nicht direkt durch eine Vermischung mit Hauskatzen gefährdet. Ein Anteil an Hybriden in einer Population wird häufig nach der Ausbreitung in neue Verbreitungsgebiete beobachtet und könnte die Kolonisierung neuer Gebiete zeitweise sogar erleichtern. Für die erfolgreiche Wiederbesiedelung der Wildkatze in  Baden-Württemberg sollten diese Prozesse langfristig beobachtet werden.

Die Ergebnisse der Telemetrie zeigen, dass die Wildkatze auch in einer intensiv genutzten Kulturlandschaft vorkommen kann, aber eine waldgebundene Tierart bleibt und auf die Vernetzung von Waldflächen angewiesen ist. Vor allem weibliche Tiere nutzen nur selten das Offenland und überquerten keine strukturlosen, landwirtschaftlichen Flächen. Wildkatzen gingen im Zeitraum der Besenderung nicht in Siedlungen, nutzen allerdings anthropogen genutzte Flächen wie Industriebrachen, verfallene Bunkeranlagen oder leerstehende Gebäude innerhalb des Waldes.

Projektbericht: Die Wildkatze (Felis s. silvestris) in den Rheinauen und am Kaiserstuhl - Raum-Zeit-Verhalten der Wildkatze in einer intensiv genutzten Kulturlandschaft (PDF)

 

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