Der Klimawandel verändert den Wald – und die Waldforschung. Im Rahmen der vielfältigen Maßnahmen des Landes für den Wald in Baden-Württemberg liefert die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) wissenschaftliche Grundlagen für den Aufbau klimastabiler Wälder. Dafür investiert das Land an der FVA 3,3 Mio. Euro. Peter Hauk MdL, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, hat sich mit Expertinnen und Experten der FVA vor Ort über die laufenden Projekte ausgetauscht.
Schäden frühzeitig erkennen, Empfehlungen für die Auswahl von Baumarten aussprechen, Risikomanagement weiterentwickeln und das Verständnis in der Gesellschaft fördern: Mit ihrer Forschungsarbeit liefert die FVA wissenschaftliche Antworten auf wichtige Fragen zur Waldzukunft. "In der gesellschaftlichen Diskussion um den Wald spielen mitunter Emotionen eine große Rolle", sagt Prof. Dr. Ulrich Schraml, Direktor der FVA. "Die Waldbesitzenden und die Forstleute müssen sich bei ihren täglichen Entscheidungen aber auf wissenschaftliche Aussagen stützen können. Dazu brauchen wir ein Bild von der Zukunft des Waldes und eine Bewertung der Handlungsalternativen, die die Verantwortungstragenden im Wald, aber auch die Öffentlichkeit nachvollziehen können. Daran arbeiten wir", erklärt Schraml.
"Wie wichtig der Walderhalt ist, zeigt sich gerade in Zeiten der Pandemie. Aus aktuellen Befragungen der FVA wissen wir, dass 77 Prozent der Menschen im Land ihre Freizeit auch im Wald verbringen", erklärt Forstminister Peter Hauk MdL. Durch COVID-19 hätte sich die Zahl der Waldbesuchenden weiter erhöht und die Menschen blieben auch länger im Wald, um sich zu erholen. Daher wundere es nicht, dass die aktive Anpassung der Wälder an den Klimawandel von den meisten Menschen im Land als richtiger Schritt angesehen werde. "Mit ihrer interdisziplinären und praxisorientierten Forschungsarbeit leisten die Fachleute der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt seit Jahrzehnten wichtige und wertvolle Arbeit zugunsten der Wälder in Baden-Württemberg."
Die Projekte der FVA im Rahmen des Notfallplans für den Wald setzen sich unter anderem wie folgt zusammen:
1. Schadgeschehen verstehen und dokumentieren
Wie können Schadflächen und -mengen ermittelt werden? Für ein effizientes Vorgehen werden Fernerkundungsverfahren weiterentwickelt. Analysen von Ursachen der Baumsterblichkeit werden vertieft und neue Erkenntnisse über die Wechselwirkungen zwischen Wasser- und Nährstoffversorgung erarbeitet.
2. Biodiversität auf den Schadflächen erhalten
Belassen, räumen, oder wiederaufforsten? Die Auswirkung dieser Handlungsmöglichkeiten wird untersucht, um die Biodiversität auf Schadflächen zu sichern und zu fördern.
3. Borkenkäfer- und Risikomanagement weiterentwickeln
Prognosemodelle für Borkenkäfer werden an die aktuelle Situation angepasst, Alternativen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln geprüft und entwickelt. Um effiziente Maßnahmen ergreifen zu können, wird eine belastbare monetäre Bewertung der Kosten-Nutzen-Relation erstellt.
4. Standorte regenerieren und Resilienz von Waldökosystemen verbessern
Grundlage des geplanten Waldumbaus sind angemessen mit Nährstoffen versorgte Standorte. Dabei ist nicht nur der Nährstoffhaushalt ein Thema, sondern auch die Identifikation von geeigneten Saatgutbeständen mit trockenstresstoleranten Bäumen.
5. Baumarteneignung prüfen und kommunizieren
Welche Bäume eignen sich für den Wald der Zukunft? Bisher liegen in Baden-Württemberg klimadynamische Baumarteneignungskarten für vier Hauptbaumarten vor (Fichte, Weißtanne, Buche, Traubeneiche); sie sollen um weitere Arten ergänzt werden. In einer Pilotstudie werden auch die Holzeigenschaften von Alternativbaumarten charakterisiert.
6. Versuchsanbau klimaanpassungsfähiger Alternativbaumarten
Erkenntnisse über verschiedene Eigenschaften von Baumarten, mit denen bisher wenig Anbauerfahrung in Baden-Württemberg besteht, werden mit Hilfe neuer Versuchsflächen erarbeitet. Der Schwerpunkt liegt auf Laubbaumarten mit heimischer, europaheimischer und außereuropäischer Verbreitung.
7. Bürgerschaftliches Engagement fördern und die Walddebatte versachlichen
Der Dialog über die in den Wäldern anlaufenden Maßnahmen ist ein wichtiges Element des laufenden Transformationsprozesses. Auch die Waldforschung muss sich daher öffnen, damit eine gelingende Debatte über die Zukunft des Waldes im Land stattfinden kann.
- Pressemitteilung des Ministeriums zum Download (PDF, 195 KB)