Frauen im Wald

2022 machen Frauen an der FVA knapp die Hälfte der Beschäftigten aus. Weshalb das eine Meldung wert ist? Weil die Forstwelt länger noch als andere Berufswelten Männerdomäne war, was bis heute Spuren hinterlässt. Auch in der öffentlichen Wahrnehmung: Von „Förster vom Silberwald“ bis „Forsthaus Falkenau“ – zum Klischee des Försters gehört noch immer neben Hund und Gewehr auch das Y-Chromosom.

War zu Zeiten der Gründung der Forstlichen Versuchsanstalten von Baden und Württemberg von „Frauen im Wald“ die Rede, dann ist zum Beispiel der 1871 verfasste Bericht über eine „kühne Jägerin“ und „Amazone, welche als adlige Frau „in einem geschmackvollen Jagdkostüm zur Jagd erschien und drei stattliche Eber (!) erlegte“,  auf jeden Fall schon eine Notiz in der Allgemeinen Forst- und Jagdzeitung wert.

Arbeitsort Wald

Und das, obwohl der Wald auch damals schon Arbeitsort von Frauen war: Sie waren dort beim Sammeln von Brennholz, Beeren und Früchten, oder bei der Pflege und Pflanzung als „Kulturfrau“ anzutreffen. Als solche wurden sie auf der ehemaligen 50-Pfennig-Münze verewigt. Oder, wie in der Allgemeinen Forst- und Jagdzeitung beschrieben, auch mal in der Schädlingsbekämpfung, bei der, „Um zu sehen, was von Menschenhänden noch gethan werden kann, […] unter Aufsicht 10 Frauenspersonen die an den Stämmen befindlichen und erreichbaren Raupen ablesen lassen[…]“.  Nur in Kriegszeiten, in der männliche Arbeitskräfte ersetzt werden müssen, wird die Ausübung forstlicher Tätigkeiten durch Frauen und wohl auch Ehefrauen  allgemein, toleriert. Bis auf Beschäftigungen in der Kulturpflege und für Schreibarbeiten bleibt Frauen der Weg in die männerdominierende  Forstwirtschaft jedoch bis weit ins 20. Jahrhundert versperrt.

Allgemein verhindern gleich mehrere Hürden den Frauen eine – durch Bildung – entsprechende Selbstständigkeit. Da Mädchen der Besuch des Gymnasiums verwehrt wird, ist es ihnen zuvor nur im Ausnahmefall mittels Privatunterricht möglich, das Abitur zu absolvieren. Zum Studium können sie ebenfalls nur auf Sonderwegen und nur in äußerst seltenen Fällen zugelassen werden. So beurteilt denn auch der Senat der Universität Heidelberg 1871 den „Besuch akademischer Vorlesungen durch Damen […] als eine mißliche und störende Erscheinung […], deren Fortdauer und Wachsthum begegnet werden sollte“. 

Doch 1893 ist es soweit; in Karlsruhe wird Deutschlands erstes Mädchengymnasium gegründet.  Tatsächlich immatrikulieren können sich Studentinnen ab 1900 in Baden und 1904 in Württemberg.  Diese treffen dort allerdings meist auf eine große Ablehnung seitens ihrer männlichen Kommilitonen. Denn damalige gesellschaftliche Konventionen und die strikte Trennung der Geschlechter in der Jugend, aber auch das ausgesprochene Elitedenken und die strengen Hierarchien der Studentenvereinigungen, verstärken mit der Schaffung eines traditionell-heroischen Männerbildes mit eigener Identität, diese Abgrenzung.  
Das bis nach der Märzrevolution 1850 offiziell herrschenden Adelsmonopol , der fast ausnahmslos tradierte forstliche Familienhintergrund,  als auch die traditionelle Ableistung des meist höheren Militärdienstes als Zulassungsvoraussetzungen zum Forststudium, erklärt die starke Abgrenzung des höheren Forstdienstes gegenüber Anderen und beinhaltet den grundsätzlichen Ausschluss von Frauen.

Diese breite Ablehnung überdauert jedoch noch weitere Jahrzehnte, obwohl 1921 der abzuleistende Militärdienst als Voraussetzung für die Anwartschaft des Forstdienstes entfällt. Von 1923 bis 1933 gelingt es lediglich 5 Frauen , sich als „Studierende zweiter Ordnung“ und nur durch erklärten Verzicht in den Staatsdienst eintreten zu wollen, für den Studiengang Forstwissenschaft an der Forstlichen Hochschule Tharandt einzuschreiben. 

Auch die allgemeine Forstwelt verbleibt – wie folgende Anzeige in der Badischen Forstzeitung zeigt – vorherrschend in konservativen Denkmustern verhaftet.

So ist die Biographie von Gertrud Buck-Feucht, welche sich 1931, als Tochter eines Forstamtleiters als Alternative zum Forststudium für das Studium der Biologie entscheidet, nicht ungewöhnlich. Ihre Kenntnisse der pflanzensoziologischen Vegetationsaufnahmen, ihre sehr naturgetreuen botanischen Illustrationen und ihre Nähe zum Wald lässt sie 1938 einen Beitrag über „Die Waldgesellschaften Württembergs“ veröffentlichen. Nach dem Krieg erarbeitet sie mit ihrem Vater und der Württembergischen Forstlichen Versuchsanstalt die „Württembergischen Waldstandorte“ welche als wissenschaftliche Grundlagen für erste forstliche Standortskartierungen gilt. Als forstliche Standortskartiererin erstellt sie Kartierungen auf pflanzensoziologischer Basis, die zu den ersten dieser Art gehören. Ebenso ist sie 1990/92 bei der praktischen Ausbildung zur forstlichen Standortkartierung und der forstlichen Biotopkartierung beratend tätig. Sie verfasst mehrere Publikationen über württembergische Wälder, deren Vegetation und Standortökologie. So können zum Beispiel mit ihrer langjährigen detaillierten und kontinuierlichen Bestandsaufnahme und Pflanzenartenkartierung einer Dauerbeobachtungsfläche der FVA, Hinweise und Rückschlüsse auf die Waldbodenvegetation im Zusammenhang mit waldbaulichen Behandlungsweisen und unterschiedlicher Baumartenzusammensetzung, Bodenversauerung als auch wertvolle Analysen im Hinblick auf neuere Einflüsse wie Trockenheit und Temperaturanstieg infolge des Klimawandels gezogen werden. 

Erste Einschreibung an der Universität

Erst 1934 gelingt es erstmals einer Frau, sich im Fach Forstwissenschaft an der Freiburger Albert-Ludwigs-Universität einzuschreiben.  Gerade, als sich 1937 eine weitere Frau das Studium in München aufnimmt, wird die Wehrdienstpflicht als grundlegende Voraussetzung für den Eintritt in die höhere Forstverwaltungslaufbahn , erneut eingeführt.

Aufgrund steigendem Personalbedarfs infolge kriegerischer Landeinnahmen und Erfüllung des 4-Jahres-Plans, wird 1938 auch Frauen die Aufnahme des Forstwissenschaftlichen Studiums ermöglich.  Jedoch sind diese eher für die spätere Verwendung im forstlichen Versuchs- und Forschungswesen, sowie im Verwaltungs- und Forsteinrichtungsdienst vorgesehen, weshalb ab 1942 das dreimonatige Praktikum im Ausbildungsforstamt für sie eher auf körperlich leichtere Arbeiten und anfallende Büroarbeiten beschränkt wird. Die jagdliche Ausbildung mit anschließender Jagdkundeprüfung entfällt ebenfalls. 1943 spricht sich der damalige Freiburger Waldbau-Lehrstuhlinhaber Eduard Zentgrafs dafür aus, dass nur vereinzelte Forststudentinnen die erforderliche Eignung als Assistentinnen zum wissenschaftlichen Arbeiten aufweisen können und empfiehlt daher, diese anschließend als Laborantinnen oder wissenschaftliche Hilfskräfte „heranzubilden“. 

Seit 1944 ist den Forstwissenschaftlerinnen zumindest die Promotion erlaubt, doch das weitere Festhalten an der Wehrdienstpflicht als Zulassungsvoraussetzung für den Referendardienst, verwehrt ihnen nach wie vor den Zugang zur höheren Forstbeamtenlaufbahn. Der „massive“ Anstieg auf deutschlandweit 18 Forstwissenschaftsstudentinnen veranlasst die forstlichen Fachvertreter noch im gleichen Jahr ein eigenes Zulassungsverfahren für Frauen einzuführen. So wird die praktische Lehrzeit für Frauen vor den Studienbeginn verlegt und die Zulassung zum Studium erfolgt nun ausschließlich in Abhängigkeit eines vom Leiter des Ausbildungsforstamtes erstellten Gutachtens. Da nun jedoch kriegsbedingt Neuimmatrikulationen nicht mehr möglich sind und alle jüngeren Studentinnen für den Kriegseinsatz benötigt werden, ist es nur noch den letztsemestrigen deutschlandweit fünf Forststudentinnen möglich, ihr Studium fortzusetzen. „An der Universität Freiburg ist zu diesem Zeitpunkt keine Forststudentin mehr anwesend“. 

Während 1954 z.B. in Bayern noch mehr Frauen als Männer im Staatswald beschäftigt sind, und die Wiederaufforstung in ganz Deutschland auch mit billigen weiblichen Arbeitskräften erfolgt, werden diese anschließend wieder durch rückkehrende Männern ersetzt. Frauen sind so über mehrere Jahrzehnte nur noch als Bürokräfte in der Forstwirtschaft vertreten. 

Höherer Forstdienst

Obwohl die ersten Frauen bereits Anfang der 1970er an den Universitäten Freiburg, Göttingen und München Forstwissenschaft studieren,  bleibt der Weg in den höheren Forstdienst aufgrund des weiterhin geringen Bedarf/schmalen Einstellungskorridor nur sehr wenigen vorbehalten. Im Jahr 1979 werden - mit Einführung des verwaltungsinternen Fachhochschulstudiums für Forstwirtschaft - erstmals Frauen zum Studium für den anschließenden gehobenen Forstdienst zugelassen.  Seit 1995 ist das Studium an der „Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg“ für jedermann und –frau frei zugänglich.

Eine im Jahr 2006 durchgeführte Befragung der Gleichstellungsbeauftragen der deutschen Forstverwaltungen weist zwar auf die positive Wirkung der Arbeitsatmosphäre durch die Zusammenarbeit beider Geschlechter hin, führt jedoch auch an, dass in der Forstverwaltung ein männliches Geschlecht als karriereförderlich und ein weibliches Geschlecht als karrierehinderlich wahrgenommen wird. 

Noch 2008 stellt die Forstbeamtin, in der Regel Revierförsterin im gehobenen Dienst, die Ausnahme in der Forstwirtschaft dar, Frauen in höheren Leitungspositionen sind in der „traditionell-konservativen“  und „männerdominierten“  Forstverwaltung weiterhin noch stärker unterrepräsentiert und wenn überhaupt, dann eher in der Verwaltung, Forsteinrichtung, Forschungs- und Versuchswesen und vereinzelt in der Forstamtsleitung vertreten.

Die FVA hat seit vielen Jahren kontinuierlich ein gutes Stück auf dem Weg zur Geschlechter-Parität zurückgelegt. Nachholbedarf besteht unter anderem noch bei der Besetzung von Führungspositionen: Mittlerweile sind die Leitung der Verwaltung, der Pressestelle, der Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel und der Abteilung Boden und Umwelt sowie zahlreiche Fach- und Arbeitsbereichsleitungen weiblich besetzt. Mit einem ambitionierten, derzeit in Vorbereitung befindlichen, Chancengleichheitsplan setzt die FVA diesen Weg fort, damit dieses Kapitel tatsächlich „Geschichte“ wird.

Recherche und Text: Hilke Schröder

PDF-Download des Kapitels mit Quelle

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