HintergrundAngestoßen, ausgetüftelt und eingerichtet hat die vermutlich weltweit erste Forst-Photovoltaik-Anlage (Forst-PV) das lokale Bauunternehmen Emil Steidle GmbH & Co KG. Dieses nutzt den gewonnen Strom direkt vor Ort in seiner Quarzsandgrube Rengetsweiler. Zu den technischen Besonderheiten gehört die Rückbaubarkeit bzw. Umsetzbarkeit der PV-Anlage. Die Träger wurden nicht – wie üblich – in Betonfundamenten befestigt, sondern stehen in speziellen, wieder entfernbaren Schraubfundamenten. Unterstützt, gefördert und begleitet wird das Projekt durch das Landratsamt Sigmaringen, das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sowie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE). |
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Solarpanele über Forstkulturen? Ein Fall für die Forschung!
Anlage könnte waldbauliche Fragen beantworten
"Aus Sicht klassischer Forstwirtschaft mag das auf den ersten Blick tatsächlich abenteuerlich vorkommen. Aber: Da steckt etwas drin, bei dem es sich auch für eine forstliche Forschungseinrichtung lohnt, mal näher nachzuschauen", erklärte Kohnle bei der Einweihung der Anlage. Es ginge nicht nur um die Möglichkeiten, einen Beitrag zur Versorgung mit regenerativen Energien zu leisten oder dem Waldbesitz zusätzliche Einkommensquellen zu erschließen, sondern um konkrete waldbauliche Fragen.
Durch Umweltveränderungen stehen Wälder zunehmend unter Stress. Das Ergebnis sind unter anderem kahle Flächen, auf denen es neuen Wald zu begründen gilt. Die Herausforderung: "Junge Bäume brauchen zum Wachsen Sonne – auf Freiflächen gibt es davon genug, für einige Baumarten sogar zu viel. Vor allem die sogenannten Schattbaumarten haben es in der Jugend lieber ein wenig schattiger. Am besten entwickeln sie sich unter dem schützenden Schirm von Altbäumen. Auf Freiflächen leiden sie dagegen unter zu intensiver Strahlung oder unter rasch austrocknendem Oberboden", sagte Kohnle.
Genau die richtige Menge Licht dank PV-Anlage?
Zu Schattbaumarten zählen beispielsweise die Buche oder die heimische Weißtanne. Beide können sich in der Jugend auf ungeschützten Freiflächen nur schlecht entwickeln und hier kommt die PV-Anlage ins Spiel: Können die Panele einer solchen Anlage auf Freiflächen zumindest einen Teil des fehlenden Schirmschutzes übernehmen? Genau das wird bei Rengetsweiler untersucht.
Dazu wurden in der Jugend eher schattenliebende Tannen gepflanzt. Eine Hälfte auf der mit Panelen überstellten Fläche, die andere Hälfte direkt daneben auf der Freifläche.
Die Versuchsfläche soll folgende Fragen beantworten:
- Wie lange lässt sich die PV-Anlage nutzen, bevor sie über dem Jungwald abgebaut werden muss?
- Wie wirkt sich das Dach auf die jungen Tannen aus? Es sind folgende Möglichkeiten denkbar: Die PV-Anlage stört und die Pflanzen entwickeln sich schlechter als auf der Freifläche, oder die PV-Anlage wirkt als Schirmschutz, sodass sich die schattenliebenden Tannen unter der Anlage besser als auf der Freifläche entwickeln.
Die Wunschvorstellung ist die zweite Möglichkeit: "Oben absorbiert die PV-Anlage für die Jungpflanzen schädliche Überdosierungen der Strahlung und leitet sie in Form nützlichen Stroms von der Freifläche ab. Und unten profitieren die jungen Tannen vom Schirmschutz der Anlage", sagte Kohnle.
Neben Weißtannen wurde zusätzlich eine zweite Tannenart angepflanzt, die aus Kleinasien stammt. Diese kleinasiatische Tanne ist der heimischen Weißtanne in fast allen Belangen ausgesprochen ähnlich aber verspricht im Klimawandel ein deutlich besseres Anpassungspotenzial. Ob diese Tanne im Klimawandel aber wirklich als Ergänzung des Baumarten-Portfolios empfohlen werden kann, werden Anbauversuche erst noch zeigen müssen – einer davon in Rengetsweiler.