Informationsplattform Holzernteverfahren
Die Menschen haben schon immer Holz geerntet für die vielseitigen Anwendungsbereiche dieses nachwachsenden Rohstoffs. Doch die natürlichen, technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändern sich kontinuierlich, und die Art und Weise, wie Holzernte stattfindet, entwickelt sich immer weiter. Jedoch bedeutet Holzernte auch heute noch überwiegend gefährliche und körperlich anspruchsvolle Handarbeit, nun aber mit zunehmender Unterstützung durch Maschinen.
In Baden-Württemberg kommen seit Jahrzehnten praktizierte und bewährte Arbeitsverfahren mit regionalen Modifikationen zum Einsatz. Darüber hinaus findet eine kontinuierliche Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten statt, um die Arbeit in der Holzernte sicherer, pfleglicher und effizienter zu gestalten, und diese beispielsweise an neue waldbauliche Entwicklungen anzupassen.
Die Informationsplattform Holzernteverfahren veranschaulicht, unter welchen Voraussetzungen Holzernte in Baden-Württemberg stattfindet und welche Verfahren hierbei zum Einsatz kommen.
Wie funktioniert die Informationsplattform?
Allgemeines
Bei der Informationsplattform Holzernteverfahren handelt es sich um eine im Laufe von Jahren gewachsene Zusammenstellung von Holzernteverfahren, Beschreibungen und Bewertungen. Da in Baden-Württemberg regional zahlreiche Varianten von Holzernteverfahren bekannt sind, die häufig den örtlichen Rahmenbedingungen entspringen, kann kein Anspruch auf Vollständigkeit bestehen.
Ein Teil der beschriebenen Verfahren wurde durch die Abteilung Waldnutzung an der FVA Baden-Württemberg im Rahmen wissenschaftlicher Projekte selbst untersucht. Für die Beschreibung anderer Holzernteverfahren wurde auf die Kenntnisse und Datensammlungen forstlicher Praktikerinnen und Praktiker zurückgegriffen. Häufig wurden Verfahren im Rahmen von KWF-Tagungen vorgestellt und die Beschreibungen den KWF-Tagungsführern entnommen. Die entsprechenden Quellen werden in den Literaturangaben aufgeführt.
Die unterschiedliche Herkunft und der Zeitbezug der Verfahrensbeschreibungen kann dazu führen, dass beispielsweise Angaben zu Arbeitsleistung und Kosten nicht immer aktuell und untereinander vergleichbar sind.
Die Informationsplattform soll mit den Entwicklungen im Wald Schritt halten. Neue Verfahren und Erkenntnisse, die sich sinnvoll in die Plattform integrieren lassen, können ergänzt und veraltete Daten aktualisiert werden.
Die Informationsplattform Holzernteverfahren zeigt Arbeitsverfahren, die unter baden-württembergischen Rahmenbedingungen in der Holzernte zum Einsatz kommen.
Aufbau der Informationsplattform
Zu den Inhalten der Informationsplattform mit den Beschreibungen der Holzernteverfahren wird man über den Reiter "Holzernteverfahren" geführt. Die Abbildung 2 zeigt den Aufbau der Auswahl-Hilfe.
Die Verfahren
Bei der Auswahl eines bestimmten Verfahrens öffnet sich ein Untermenü, über das detaillierte Informationen zu dem jeweiligen Verfahren abgerufen werden können.
Auf der ersten Seite vermittelt der "Überblick"einen ersten Eindruck. Der Überblick enthält Piktogramme zum Einsatzbereich, eine Kurzbeschreibung und bildliche Darstellung des Arbeitsverfahrens als Funktiogramm, sowie eine kompakte Bewertungsübersicht.
Unter "Beschreibung" sind die Arbeitsschritte des Holzernteverfahrens, unterteilt nach Fällung/Aufarbeitung und Rückevorgang, detailliert beschrieben und bebildert.
Der Reiter "Maschinen/Arbeitskräfte" leitet zu einer Übersicht der für das jeweilige Holzernteverfahren erforderlichen fachkundigen Arbeitskräfte, Geräte und Maschinen.
In den Tabellen zu "Leistung/Kosten" werden Angaben zu einer möglichen Arbeitsproduktivität und dementsprechenden Kostenansätzen gemacht. Die Daten gehen auf Erfahrungswerte oder Untersuchungsergebnisse zurück. In manchen Fällen handelt es sich um aus verschiedenen Quellen zusammengezogene Werte. Für einzelne Holzernteverfahren ist keine aussagekräftige Datengrundlage verfügbar. In allen Fällen haben die Angaben nur einen orientierenden Charakter und können nicht als repräsentativ gelten, da Leistung und Kosten immer im Kontext der individuellen Voraussetzungen betrachtet werden müssen.
Unter "Bewertung" werden Vor- und Nachteile des Holzernteverfahrens im Hinblick auf verschiedene Kriterien benannt. Die jeweiligen Einordnungen gehen zurück auf eine Bewertungsmatrix (PDF 163 KB) und geben eine erste Orientierung (siehe unten). Vor der Entscheidung für ein Holzernteverfahren muss immer eine individuelle Einschätzung und Abwägung möglicher Auswirkungen vorgenommen werden.
Unter "Video" kann – sofern verfügbar - ein Kurzfilm mit Erläuterungen zum Ablauf des Holzernteverfahrens angeschaut werden.
"Literatur" führt die zugrunde liegenden Informationsquellen auf.
Filme
Hier sind alle Videos hinterlegt, die auf der Infoplattform verfügbar sind. Es sind Produktionen der Abteilung Waldnutzung, die mit Unterstützung der örtlichen Beteiligten erstellt wurden. Es ist geplant, weitere Videos zu Anschauungszwecken zu produzieren und auf der Infoplattform zur Verfügung zu stellen.
Glossar
Das Glossar erläutert in alphabetischer Reihenfolge die bei der Beschreibung der Holzernteverfahren verwendeten Fachbegriffe. Die Begriffe lassen sich direkt im Text anwählen und nachschlagen.
Literatur
Das Literaturverzeichnis zeigt eine Zusammenstellung der Informationsquellen, die für die Beschreibung der Holzernteverfahren verwendet wurden.
Bewertung der Holzernteverfahren
Holzernte soll verschiedene, sich teilweise widersprechende Anforderungen erfüllen. Eine Bewertung von Holzernteverfahren muss sich also an konkreten Kriterien orientieren. Die in der Informationsplattform vorgestellten Verfahren werden insbesondere hinsichtlich ihrer Auswirkungen in folgenden Bereichen bewertet:
- Wirtschaftlichkeit, denn Holzernte stellt im Forstbetrieb die entscheidende Einflussgröße für die Steuerung der Wertschöpfung dar, und zwar sowohl kurzfristig in betrieblicher, als auch langfristig in waldbaulicher Hinsicht
- Bestandespfleglichkeit und Umweltverträglichkeit, denn dies ist eine Voraussetzung für den Erhalt der Gesundheit und Qualität der Wälder
- Arbeitssicherheit, denn Holzernte gehört zu den gefährlichsten Arbeiten im Wald und Arbeitsverfahren stellen unterschiedliche Ansprüche an Fachkunde und Qualifikation der Ausführenden
- Ergonomie, um die physischen und psychischen Belastungen für die Forstwirtinnen und Forstwirte einschätzen zu können
- Organisation, um den Aufwand von Arbeitsverfahren hinsichtlich der Planung und Integration der Holzernte in eine Gesamtprozesskette abschätzen zu können und ihre Flexibilität gegenüber geländebedingten Einsatzgrenzen und Holzmarktanforderungen.
Für den Vergleich der Holzernteverfahren untereinander ist eine möglichst objektive Einschätzung und Gewichtung der Kriterien von Bedeutung. Zu diesem Zweck wurde in enger Anlehnung an die Darstellung, die das Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik e.V. (KWF e.V.) bei der Verfahrensbewertung in den KWF-Tagungsführern nutzt, eine Bewertungsmatrix erstellt, nach der alle auf der Informationsplattform dargestellten Holzernteverfahren beurteilt werden.
Vor jeder Holzerntemaßnahme sollte darüber hinaus eine individuelle Bewertung und Risikoabschätzung unter Einbeziehung der konkreten Rahmenbedingungen durchgeführt werden.
Hintergrundinformationen
Holzernte in Baden-Württemberg
Waldstruktur
Die naturnahe Waldwirtschaft hat sich in Baden-Württemberg schon seit mehreren Jahrzehnten von großflächigen Kahlschlägen und gleichförmigen Altersklassenwäldern abgewandt. Ein heute vielerorts sichtbares Ergebnis sind vertikal und horizontal strukturierte Waldbestände mit vielfältigen Baumarten und natürlicher Verjüngung. Dies stellt die Holzernte vor besondere Herausforderungen. Von den Forstwirtinnen und Forstwirten werden ausgewählte und entsprechend markierte Einzelbäume im Bestand gefällt. Bei flächig vorhandener Naturverjüngung ist der Arbeitsbereich nur eingeschränkt einsehbar. Hinzu kommt der, im Hinblick auf eine Erhöhung der Biodiversität bewusst herbeigeführte Anstieg von stehendem und liegendem Totholz. Für die Holzernte bedeutet dies, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit diesen zunehmenden Risiken trotz zahlreicher technischer und organisatorischer Innovationen eine wichtige Aufgabe bleibt.
Die Fällung und das Rücken von Bäumen sollen zudem keine Schäden am verbleibenden Bestand und der Naturverjüngung verursachen. Dieser Anspruch an eine pflegliche Holzernte ist ein weiteres wichtiges Entscheidungskriterium für oder gegen ein Holzernteverfahren.
Erschließung
Die Holzernte wird geprägt durch die Art der Feinerschließung der Waldbestände. In Baden-Württemberg ist dies in befahrbaren Lagen, insbesondere im Staatswald, aber auch vielfach in den Wäldern der Städte und Gemeinden und teilweise auch Privatwäldern, eine dauerhafte Feinerschließung mit unbefestigten Rückegassen in 40 Meter Abständen. Das heißt, dass der Waldboden außerhalb der Rückegassen nicht von Forstmaschinen befahren werden darf und somit auf diesen Flächen keine Verdichtung durch Befahrung stattfindet.
Allerdings führen die weiten Abstände der Rückegassen zu Einschränkungen bei der mechanisierten Holzernte. Es verbleibt ein nicht durch den Kran der Forstmaschinen erreichbarer Mittelblock zwischen den Gassen, der motormanuell bearbeitet werden muss.
Neben den standardmäßig mit Rückegassen erschlossenen Lagen (Hangneigung bis 30%) weist Baden-Württemberg auch einen erheblichen Anteil von nur eingeschränkt befahrbarem Übergangsgelände (Neigung ca. 30-50%) und Hanglagen (Hangneigung über 50%) auf. Neben einer Feinerschließung mit Maschinenwegen können manche Bereiche nur mit dem Seilkran erschlossen werden.
Desto besser erschlossen und homogener die Bestände sind, desto höher kann der Mechanisierungsgrad bei der Holzernte sein. Motormanuelle Holzernte findet dementsprechend häufig unter anspruchsvollen Gelände- und Bestandesverhältnissen statt. Sowohl die rein motormanuelle Holzernte, wie auch teilmechanisiert im Zusammenspiel mit einer Forstmaschine, erfordert geeignete und sichere Holzernteverfahren.
Standorte
In Baden-Württemberg trifft man in ebenen und damit eigentlich befahrbaren Lagen häufig befahrungsempfindliche Böden an, auf denen eine technische Befahrbarkeit für Forstmaschinen, und damit dauerhafte Nutzung der Rückegassen, nur eingeschränkt gegeben ist. Die Auswirkungen des Klimawandels mit fehlenden Frost- und starken Niederschlagsphasen weichen die Böden zusätzlich auf und verschärfen damit diese Problematik. Schon nach wenigen Überfahrten, zudem mit hohen Lasten, hinterlassen Forstmaschinen auf befahrungsempfindlichen Rückegassen tiefe Fahrspuren. Neben organisatorischen und technischen Anpassungen können bodenschonendere Holzernteverfahren Lösungsansätze bieten.
Zielgruppen der Informationsplattform
Die Informationsplattform Holzernteverfahren richtet sich zum einen an forstliche Praktikerinnen und Praktiker, die beispielsweise auf der Suche nach möglichen Alternativen zu bisher praktizierten Verfahren oder für besondere Einsatzbereiche sind und diesbezügliche Vor- und Nachteile abwägen wollen.
Die detaillierte Beschreibung der einzelnen Verfahren, Erläuterungen mit Bildern und zum Teil Videos ermöglichen zum anderen aber auch einen frischen Einstieg in die Thematik, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Berufsausbildung von Forstwirtinnen und Forstwirten, dem forstlichen Studium oder allgemein für ein am Wald und seiner Bewirtschaftung interessiertes Publikum.
Nicht zuletzt wird Transparenz geschaffen bei dem "schwer zugänglichen" Thema Holzernte. Waldbesuchende müssen sich aus Sicherheitsgründen großräumig vom Holzeinschlag fernhalten. Aus dieser Perspektive präsentiert sich Holzernte eher als (Zer-)Störfaktor, mit Wegsperrungen, Umleitungen und einem sich verändernden Waldbild mit häufig negativ wahrgenommenen Spuren an Waldboden und Bestand. Die Informationsplattform zeigt mit ausführlichen Beschreibungen, Bildern und Videos differenziert den Ablauf professioneller Forstarbeiten "hinter den Kulissen". Dies ist unser Anspruch an einen pfleglichen und nachhaltigen Umgang mit dem Wald!
Arbeitssicherheit
Die Informationsplattform Holzernteverfahren gibt einen Über- und auch detaillierten Einblick zu in Baden-Württemberg verbreiteten Holzernteverfahren. Bei der Beschreibung der Verfahren wird vorausgesetzt, dass die Ausführung der Arbeiten durch ausgebildete Forstwirtinnen und Forstwirte oder erfahrene Waldarbeitende mit ECC-Motorsägenzertifikat oder vergleichbarer Qualifikation und Fachkunde erfolgt.
PSA
Bei der Waldarbeit sollte der Einsatz einer funktionierenden persönlichen Schutzausrüstung (PSA) selbstverständlich sein. Bei der motormanuellen Holzernte umfasst diese eine Schutzhelmkombination mit Gehör- und Gesichtsschutz, Hose und Stiefel mit Schnittschutzfunktion sowie Schutzhandschuhe. Die Oberbekleidung in Signalfarbe und eine an das Wetter angepasste Wetterschutzkleidung vervollständigen die PSA. Die Brauchbarkeit der Schutzausrüstung für die Waldarbeit wird z.B. von dem FPA-Prüfzeichen bescheinigt. Helmfunkkombinationen erleichtern die Verständigung zwischen den Beteiligten und erhöhen die Sicherheit.
Rettungskette
Die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben hat Vorrang vor einer gegebenenfalls unzureichenden Verfahrensbeschreibung. So sind beispielsweise die von den Unfallversicherungsträgern und betrieblichen Regelungen definierten Standards hinsichtlich der Kommunikation bei der Holzernte und Einhaltung der Rettungskette zu erfüllen.
Alleinarbeit bei gefährlichen Waldarbeiten ohne ständige Ruf-, Sicht- oder sonstige Verbindung mit einer anderen Person, die Erste Hilfe leisten könnte, ist nach den Vorgaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) sowie UVV Forsten verboten. Eine Ausnahme betrifft das Arbeiten mit Seilwinden bei Einsatz eines passiven Notrufsystems. Eine weitere Ausnahme besteht gemäß UVV Forsten für bäuerliche Betriebe, die andere geeignete sicherheitstechnische Vorkehrungen treffen müssen, wenn Alleinarbeit nicht zu vermeiden ist. Hierzu gehören eine entsprechende fachliche Ausbildung und Fachkunde, angemessene technische Ausrüstung und PSA sowie ein Mobiltelefon mit Notruffunktion.
Obwohl dies bei den einzelnen Verfahrensbeschreibungen nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist für den Bereich des baden-württembergischen Staatswaldes vorgeschrieben, dass bei gefährlichen Arbeiten im Wald mindestens drei Personen vor Ort sein müssen, um im Notfall einen Notruf absetzen, die verletzte Person betreuen und gegebenenfalls den Rettungswagen und Notarzt zum Unfallort lotsen zu können.
Auch wenn je nach Verfahren für einen reibungslosen Ablauf nicht unmittelbar drei Personen erforderlich sind, müssen durch organisatorische Maßnahmen, wie z.B. die parallele Bearbeitung benachbarter Blöcke in Kleingruppen, Einbindung des Forstunternehmers in die Kommunikation am Hiebsort o.ä. die oben beschriebenen Anforderungen an eine funktionierende Rettungskette gewährleistet werden.
(Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (2014): DGUV Information 214-046, Sichere Waldarbeiten; Unfallverhütungsvorschrift Forsten (VSG 4.3) Stand: 1. Januar 1997, in der Fassung vom 1. Januar 2017)
Auswahl Holzernteverfahren
Die praktische Arbeit im Wald ist bis heute mit erheblichen Gefahren und körperlicher Belastung verbunden. Um das Gesundheitsrisiko für die im Wald beschäftigten Menschen so gering wie möglich zu halten, stellen Arbeitssicherheit und Ergonomie zentrale Kriterien bei der Entscheidung für oder gegen ein Holzernteverfahren dar. Eine entsprechende Einordnung der Holzernteverfahren findet bei der Informationsplattform über eine Bewertungsmatrix (PDF 163 KB) und eine Gewichtung der einzelnen Verfahrensaspekte statt. Hier fließen neben dem Mechanisierungsgrad und den Geländeverhältnissen die Anforderungen an Ausbildung und Erfahrung ein. Neben der Einschätzung der physischen Arbeitsbelastung, Witterungsabhängigkeit und Belastung durch Abgase, die ein Verfahren aufweist, wird auch die psychische Arbeitsbelastung bewertet
Die Gefährdungen bei einer Holzerntemaßnahme sind bei der Entscheidung für ein Arbeitsverfahren für den konkreten Einsatz abzuwägen und z.B. im Rahmen des Arbeitsauftrags zu kommunizieren.