Methodik
Borkenkäfer-Monitoring wird von der FVA Baden-Württemberg bereits seit den frühen 1990-er Jahren mit zunehmender Intensität durchgeführt. Während dieser Zeit kam es sowohl zu einigen methodischen Anpassungen als auch zu Standortsänderungen. Ab 2021 hat sich das Monitoringnetz gegenüber den Vorjahren deutlich erweitert. Es umfasst neben dem Buchdrucker und dem Kupferstecher nun auch den Krummzähnigen Tannenborkenkäfer und zählt in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz aktuell insgesamt 30 Standorte.
Ziel des Monitorings:
Überwachung der Phänologie der in Südwestdeutschland wichtigsten Borkenkäferarten, um dadurch zeitlich und räumlich differenziert geeignete Bekämpfungsmaßnahmen für die forstliche Praxis abzuleiten.
Was, wie und wo wird beobachtet?
Die Schwärmaktivität wird für Buchdrucker, Kupferstecher und den Krummzähnigen Tannenborkenkäfer mittels artspezifischen Pheromonfallen dokumentiert. Wir verwenden die Pheromone Pheroprax (Buchdrucker), Chalcoprax (Kupferstecher) sowie Curviwit (Krummzähniger Tannenborkenkäfer) in Theysohn-Einzelfallen, welche wöchentlich dienstags geleert werden. Der Beobachtungszeitraum ist in der Regel April bis September, kann aber je nach Schwärmaktivität im März bzw. Oktober erweitert werden. Die Fallen stehen frei (Wildwiese, Freifläche; 1-2 Fallen pro Standort und Art) mit einem Mindestabstand von 30 m zum nächsten Wirtsbaum und auch von Falle zu Falle. Im Umkreis des Fallenstandortes gibt es überwiegend befallsfähige Wirtsbäume. Wichtig: Im Rahmen des Fallenmonitorings wird die Populationsgröße nicht wesentlich reduziert, lediglich beobachtet! Eine direkte Ableitung des lokalen Befallsrisikos aus absoluten Fangzahlen ist fehlerbehaftet.
Der Entwicklungsfortschritt von Buchdrucker und Krummzähnigem Tannenborkenkäfer unter der Rinde wird zudem mittels Brutbäumen verfolgt. Hierzu wird ein befallsfähiger Wirtsbaum (Fichte bzw. Tanne) ausgelegt und mit dem entsprechenden Pheromon beködert, sodass sich Käfer einbohren und Bruten anlegen. Wöchentlich werden Rindenfenster abgehoben und die Entwicklungsstadien dokumentiert. Um den Ausflug der fertig entwickelten Käfer zu verhindern, wird der Brutbaum im frühen Jungkäferstadium entrindet und unschädlich gemacht. Ein Brutbaum zeigt die Entwicklung jeweils einer Generation. Um die Generationenentwicklung im Jahresverlauf zu dokumentieren, müssen also mehrere Brutbäume zeitlich nacheinander ausgelegt werden. Der Brutbaum liegt frei und wird stärker besonnt als vergleichbar befallene Bäume im Bestandesinneren. Die Entwicklung im Brutbaum läuft aufgrund der erhöhten Temperatur demnach etwas schneller ab, und erlaubt eine um einige Tage vorfristige Aussage zum Entwicklungsstand der Käfer.
Um die Borkenkäferphänologie mit der Witterung in Beziehung zu setzen, messen wir an ausgewählten Standorten auch Wetterdaten, wie z.B. Temperatur, Globalstrahlung und Niederschlag. Die Wetterstation steht frei in unmittelbarer Nähe zur Falle bzw. dem Brutbaum; Temperaturfühler messen z.T. auch die Rindentemperatur am Brutbaum.
Die von der FVA betreuten Monitoringstandorte liegen an einem Höhengradienten im Südschwarzwald (300-1400 m ü.NN), welcher auf wenigen Kilometern von Freiburg bis hinauf zum Feldberg reicht. Im Rahmen eines landesweiten Borkenkäfer-Monitorings in Baden-Württemberg erfolgt die Betreuung durch lokale Revierförster von ForstBW bzw. dem Nationalpark Schwarzwald, wobei die methodischen Standards landesweit vergleichbar bleiben.
In Rheinland-Pfalz wird von den dortigen Landesforsten, fachlich unterstützt von der FVA Baden-Württemberg, ein eigenes Buchdrucker-Monitoring im Pfälzerwald, im Hunsrück-Hochwald sowie seit 2021 auch in der Eifel durchgeführt (370-690 m ü.NN), mit z.T. etwas veränderter Methodik. Im Gegensatz zu Baden-Württemberg werden die Daten beispielsweise montags statt dienstags aufgenommen. Die Fallenstandorte sind nicht standardisiert bzgl. Freistand und Fichtenanteil. Die Daten sowie ein wöchentlich erstellter Newsletter hierzu sind auch auf www.wald-rlp.de abrufbar.
Modellierung der Borkenkäfer-Entwicklung
Seit 2024 kann der Entwicklungsstand der Buchdrucker in Südwestdeutschland mit Hilfe des Phänologiemodells PHENIPS-Clim abgeschätzt werden. Damit ist es zusätzlich zum Borkenkäfer-Monitoring möglich, (1) aktuelle Informationen zu phänologischen Ereignissen (z.B. dem Schwärmstart der Parental- bzw. der Filialgenerationen) auf der gesamten Fläche zu erhalten, nicht nur an den Monitoringstandorten; und (2) die Generationenanzahl pro Jahr genauer zu bestimmen, als es mittels Monitoringmethoden möglich ist. Nicht zuletzt ermöglicht die Anwendung des Modells auch eine langfristige Simulation der sich verändernden Buchdrucker-Phänologie unter zukünftigen Klimabedingungen.
Das verwendete Modell PHENIPS-Clim wurde an der FVA-BW entwickelt und basiert in seiner grundsätzlichen Struktur auf dem Vorgänger PHENIPS (Baier et al., 2007). Anhand von empirischen Untersuchungen wurden die Kenngrößen ermittelt, welche im Modell implementiert sind. So ist der Schwärmbeginn im Frühjahr bspw. von einer bestimmten Temperatursumme ab dem 1. März und einer Tagestemperaturschwelle abhängig, die Entwicklung vom Ei zum Jungkäfer berücksichtigt nun auch Tagestemperaturschwankungen, und das Ende der Brutanlagen im Spätsommer ist abhängig von einer Kombination aus Tageslänge und Tagestemperatur. PHENIPS-Clim unterscheidet sich von PHENIPS in vielen dieser Kenngrößen und kann insbesondere Klimawandelbedingungen besser abbilden.
Unter dem Reiter “Phänologie” wird wöchentlich der aktuelle Entwicklungsstand als Karte für die Landesfläche von Baden-Württemberg bzw. Rheinland-Pfalz / Saarland, sowie für ausgewählte Standorte als Liniengrafik angezeigt. Die Karte zeigt jeweils den frühesten Ausflug bzw. maximalen Entwicklungsstand der Generationen (inklusive Geschwisterbrut) im 1 x 1 km-Raster an. Steht innerhalb der kommenden 7 Tage der Ausflug der Parental- oder Filialgenerationen bevor, wird dies durch einen Punkt angekündigt. Die stationsbezogenen Grafiken stellen die Generationenentwicklung als Linien dar; die 7-Tage-Vorhersage ist gestrichelt erkennbar (siehe Beispielgrafik unten). Neben dem frühesten Ausflug (linke Linie der jeweiligen Generation) bildet die farbige Fläche die Variabilität im Ausflug aufgrund unterschiedlicher Strahlung ab. Das Ende der Brutanlagen wird im Modell generell als letztmögliche Brutanlage dargestellt, um das für das Management relevante Szenario abzubilden.