Waldlabor Oberrhein

Das Oberrheingebiet zwischen Basel und Bingen ist eine der wärmsten und trockensten Regionen Deutschlands. Trockenstress gefährdet die Bäume und macht sie zugleich anfälliger für Schädlinge wie den Maikäfer.

Die Waldbewirtschaftenden stehen vor der Herausforderung, die zahlreichen Ökosystemleistungen des Waldes unter ungewissen zukünftigen Bedingungen zu erhalten. Denn bisherige Ansätze zur Wiederaufforstung, Schädlingsbekämpfung und zum Schutz der biologischen Vielfalt sind angesichts hoher Kosten und des fortschreitenden Klimawandels nicht mehr tragfähig. Ziel des Verbundprojektes Waldlabor Oberrhein ist es daher, neue Konzepte der Waldbewirtschaftung für den Klimawandel-Hotspot Oberrhein zu entwickeln. Mithilfe von verbesserten Umweltmodellen sollen Risiken und Risikostandorte genauer bestimmt werden. Um die Bevölkerung vor Ort in die Debatte einzubinden, entwickelt das Team basierend auf den Erfahrungen anderer Regionen Beteiligungskonzepte. Innovative Bewässerungsmethoden werden erprobt, damit junge Bäume in Phasen extremer Trockenheit eine Chance haben. Auch die Untersuchung der Auswirkungen des Klimawandels auf Schutzgebiete steht auf der Agenda.

Das Waldlabor ist ein Reallabor mit einem partizipativen Forschungsansatz. Waldbesitzende und Forstverwaltung sind von Beginn an beteiligt und bestimmen über die Forschungsthemen und Umsetzungswege mit. Gemeinsam mit Praxispartnern und Stakeholdern werden die im Projekt erarbeiteten Ansätze in ein regionales Risikomanagementkonzept integriert.

Das WaldlabOR wird von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und dem Landkreis Karlsruhe getragen und durchgeführt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt im Rahmen der Fördermaßnahme „REGULUS – Regionale Innovationsgruppen für eine klimaschützende Wald- und Holzwirtschaft“. Sechs weitere Institutionen unterstützen den Projektverbund WaldlabOR als assoziierte Partner.

Teilprojekte

Ziel ist es, die aktuelle Betroffenheit von FFH-Wald-Lebensraumtypen (WLRT) durch schon angelaufene Klimawandelfolgen in einer Hotspot-Region festzustellen und ihre zukünftige Betroffenheit abzuschätzen. Dafür werden Vegetationsökologische Aufnahmen und Waldzustandsbewertungen in Vorkommen der WLRT 9110 (Hainsimsen-Buchenwald), 9130 (Waldmeister-Buchenwald), 9160 (Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald) und 9190 (Bodensaurer Eichenwald auf Sandböden) in drei exemplarischen FFH-Gebieten im Oberrhein durchgeführt.

Um konstruktiv mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Waldökosysteme umzugehen, bedarf es neuer Konzepte der Waldbewirtschaftung. Im Teilprojekt Risikomanagement erarbeiten wir Strategien für den Übergang der bisherigen Waldbewirtschaftung hin zum Fokus auf den Erhalt des Waldes und seiner Ökosystemleistungen. Mithilfe von Literaturanalyse sowie von Experten- und Stakeholderworkshops identifizieren wir Risikofaktoren und deren Auswirkungen auf das Waldökosystem. Diese Faktoren und Auswirkungen dienen als Grundlage für die Entwicklung eines Risikomodells, das sich auf unterschiedliche Szenarien für die Waldentwicklung bezieht. Die Modellergebnisse werden in Managementpläne integriert und in den öffentlichen Diskurs um den Wald im Klimawandel eingebunden.

Das Absterben vieler Bäume aufgrund von Dürre, Hitze und der Ausbreitung von Schädlingen und Krankheiten stellen Forstwirtschaft und Gesellschaft vor große Herausforderungen. Das Teilprojekt untersucht die Effektivität und Effizienz der Bewässerung von Forstkulturen, die Möglichkeit von pflanzenschutzmittelfreien Verfahren zur Reduktion von Engerlingfraß an Wurzeln, die Trockenstresstoleranz einer Reihe von Baumarten sowie die Akzeptanz für diese Maßnahmen zur Sicherung der Kulturbegründung. Auf drei Versuchsflächen werden Sämlinge der vier Baumarten Winterlinde, Roteiche, Traubeneiche und Spitzahorn in Trupps angepflanzt. Die Hälfte der Fläche wird bewässert und an einzelnen Bäumen werden Wurzelkäfige gegen Engerlingfraß angebracht.

Dieses Teilprojekt untersucht, wie sich potenziell relevante Faktoren wie der Standort, insbesondere das Klima und Waldstrukturen auf die Verbreitung des Maikäfers auswirken. Auch die Auswirkungen von Regulierungsmaßnahmen auf die Maikäferpopulation werden bewertet. Es wird eine retrospektive Analyse der Maikäferpopulation auf räumlicher und zeitlicher Ebene durchgeführt. Diese Analyse wird die Entwicklung eines Artverbreitungsmodells mit dem Ziel der Vorhersage künftiger Veränderungen der Maikäferpopulation im Klimawandel ermöglichen. Es soll eingeschätzt werden, inwiefern Alternativbaumarten als Nahrungsquelle für den Maikäfer zum Zeitpunkt des Reifungsfraßes die Populationsentwicklung potenziell beeinflussen können

Im Teilprojekt werden Risikostandorte in Bezug auf den Wasserhaushalt identifiziert, für welche die Auswirkungen verschiedener Managementstrategien auf Waldwachstum, Mortalität und die Bereitstellung wasserbezogener Ökosystemleistungen (wÖSL) beurteilt werden. Mit Hilfe einer gekoppelten Modellierung von Wasserhaushalt (mit LWF-Brook90) und Waldwachstum (mit 3PG) werden die Managementstrategien für konkrete Waldbestände simuliert und Auswirkungen auf wÖSL quantifiziert und ökonomisch bewertet.

Das Teilprojekt befasst sich mit Beteiligungsprozessen, die eine breite Bevölkerung in ihrer Betroffenheit von Waldschäden und Klimafolgen adressieren. Der Fokus liegt dabei auf der Aushandlung und Legitimation von Entscheidungen unter der Bedingung von Unsicherheit und Risiko. Mittels verschiedenen qualitativen Verfahren (teilnehmende Beobachtung, Interviews, Dokumentenanalyse) werden bestehende Beteiligungsprozesse untersucht. Anhand von systematischen Fallvergleichen werden Erfolgsfaktoren für Beteiligung identifiziert und validiert.

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