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Seltene Baumarten und ihre Genetik erhalten
Im Juni 2020 startete im Rahmen eines Sonderprogramms zur Stärkung der Biologischen Vielfalt das Projekt zum "Erhalt seltener Baumarten und deren Genetik" an der FVA. Die seltenen Baumarten finden in der Forstpraxis immer mehr Verwendung als Alternativbaumarten zur Schaffung stabiler und klimatoleranter Wälder. Sie sind aber nicht im Forstvermehrungsgutgesetz verankert, weshalb bei der Wahl von Pflanz- und Saatgut keine rechtlichen Bestimmungen gelten. Dadurch besteht die Gefahr, dass die genetische Vielfalt und Diversität durch den Arterhalt mit ungeeignetem Pflanzgut stark gemindert werden könnte. Deshalb soll zum einen der Generhalt der Baumarten gefördert werden, zum anderen soll die Bereitstellung hochwertigen Pflanzguts für die Forstpraxis gewährleistet werden. Im Rahmen dieses Projekts werden die Baumarten
- Feldahorn (Acer campestre),
- Eibe (Taxus baccata),
- Speierling (Sorbus domestica),
- Elsbeere (Sorbus terminalis) und
- Flatterulme (Ulmus laevis)
behandelt. Diese Baumarten weisen eine vergleichsweise hohe Toleranz gegenüber Trockenheit auf und sind für die Biodiversität von hoher Bedeutung.
Dieses Projekt ist Teil des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt.
Ziel des Projekts
Ein konkretes Ziel des Projektes ist es, potenzielle Erntebestände zu finden. Die in Frage kommenden Bestände werden zunächst genetisch charakterisiert, um die genetische Vielfalt und Verwandtheitszusammenhänge herauszufinden. Daraufhin werden geeignete Flächen als Erntebestände empfohlen und Herkunftsgebiete vorgeschlagen.
Da die meisten seltenen Baumarten nicht bestandesbildend, sondern eher eingestreut und vereinzelt vorkommen, können oftmals keine Erntebestände ausgewiesen werden. In diesem Fall wird auf den Ex-Situ-Erhalt in Form des Aufbaus von Sämlingssamenplantagen und/oder Generhaltungsflächen zurückgegriffen. Für den Aufbau dieser Flächen werden Plusbäume in ganz Baden-Württemberg gesucht und dokumentiert.
Endständiges Anplatten: Veredelung eines Waldbaumes
Als Veredelung bezeichnet man eine künstliche Form der vegetativen Vermehrung. Dabei wird eine Unterlage mit einem Edelreis oder Edelauge verbunden. Die beiden Pflanzenteile verwachsen und es entsteht eine Pflanze, die die genetische Zusammensetzung der Pflanze trägt, von der der Edelreiser stammt. In unserem Projekt stammen die Edelreiser von den Plusbäumen und so produzieren wir durch die Veredelung Klone dieser ausgewählten Bäume.
Die Veredelungen werden in unsere Generhaltungs- und Samenplantagen gepflanzt. Da die Plusbäume nach forstlichen Qualitätsmerkmalen ausgewählt wurden und deren genetische Zusammensetzung in den Veredelungen enthalten ist, werden gute Wuchseigenschaften der Nachkommen aus der Samenplantage erwartet. So tragen wir zum Generhalt der seltenen Baumarten bei.
Schritt-für-Schritt-Anleitung am Beispiel des Feldahorns (Acer campestre Sapindaceae)
Der erste Schritt dient der Suche nach einem schönen Reiser. Das sind in der Regel ein- oder zweijährige Triebe. Die bleistiftstarken Reiser eignen sich am besten für die Veredlungsvariante des endständigen Anplattens. Auf dem Bild kann man gut erkennen, dass der etwas dunklere Teil unterhalb des kleinen Fingers der zweijährige und oberhalb der einjährige Trieb ist.
Beim endständigen Anplatten wird unterhalb des Auges, das austreiben soll, ein diagonaler Schnitt vollzogen. Ein stets geschärftes Messer ist dabei wichtig, da das Kambium (verantwortlich für das Dickenwachstum) möglichst "glatt" geschnitten sein sollte, um anzuwachsen.
Beim endständigen Anplatten wird nun eine Unterlage ausgewählt, die möglichst dieselbe Stärke wie der Edelreis hat. Die Schnittstellen von Edelreis und Unterlagen müssen später genau aufeinander passen, sodass das Kambium jeweils direkten Kontakt miteinander hat. Im Kambium findet der Saftstrom der Pflanze statt, sodass diese beiden Teile später anwachsen.
Edelreiser und Unterlage werden nun aneinander gedrückt und mit einem speziellen Gummi aneinander fixiert. So wird ein Anwachsen gewährleistet.
Ein spezielles Baumwachs wird über die Schnittstellen ausgebracht, um ein weiteres Austrocknen und Eindringen von Erregern in die Pflanze zu verhindern.
Bei der "wurzelnackten" Veredelung befinden sich die Unterlagen nicht im Topf oder Freiland, sie werden erst nach der Veredlung getopft. Das hat praktische Gründe. Nach etwa drei bis sechs Wochen zeigt sich dann, ob der Edelreiser angewachsen ist oder nicht.