Waldbiotopkartierung

Die Waldbiotopkartierung (WBK) erfasst auf der gesamten Waldfläche in Baden-Württemberg besonders hochwertige Biotopstrukturen und dokumentiert sie in Form von Sach- und Geodaten. Hauptkriterium der Kartierung ist die Seltenheit, wobei die Biotope von Natur aus selten sind oder durch menschliche Einwirkung stark abgenommen haben. Ihr Bestand ist daher in besonderem Maße schutzwürdig. Die meisten Waldbiotope sind entweder nach § 33 Landes- Naturschutzgesetz), §30a Landeswaldgesetz (Biotopschutzwald) und § 30 Bundesnaturschutzgesetz unter Schutz gestellt. Die Biotope dürfen nicht zerstört oder nachhaltig beeinträchtigt werden.

ZIELE DER WBK UND ANWENDUNG IN DER PRAXIS

Die Waldbiotopkartierung basiert auf folgenden Hauptaufgaben und Zielen:

  1. Durch die Dokumentation geschützter Biotope wird Transparenz und Rechtssicherheit für Waldbesitzende und Bürger/-innen geschaffen.
  2. Es werden fachlich fundierte Informationsgrundlagen für die Abwägung zwischen Biotop- und Artenschutzbelangen sowie unterschiedlichsten forstlichen und außerforstlichen Planungszielen geliefert.
  3. Mit der Erfassung und Bewertung der FFH-Lebensraumtypen und Arten in den FFH-Gebieten des Landes werden Grundlagendaten für die Natura2000-Managementplanung geliefert.
  4. Leistungen von Wald und Forstwirtschaft für den Biotop- und Artenschutz werden sichtbar.
  5. Die WBK liefert Hinweise und Hilfestellungen zur Erhaltung, Pflege und Entwicklung der Biotope sowie zu gesetzeskonformen Bewirtschaftungsmaßnahmen.

Um den Schutz der Waldbiotope zu gewährleisten, fließen die Ergebnisse im öffentlichen Wald über die Forsteinrichtung direkt in die Betriebsplanung der Forstbetriebe ein. Für Privatwaldbesitzende sind die Daten frei zugänglich und können im Internet eingesehen werden. Damit sind die Voraussetzungen für den Erhalt und eine gezielte Pflege der Biotope im Rahmen der Waldbewirtschaftung geschaffen. Die Nachfrage nach Auswertungen bzw. Bereitstellung von WBK-Daten ist groß und nimmt weiter zu. Dabei kommen die Anfragen vorwiegend aus dem forstexternen Bereich. Die WBK bildet außerdem eine wesentliche Grundlage der Umweltplanung.  Das Schaubild gibt eine Übersicht über die unterschiedlichen Bereiche, in denen Daten der WBK benötigt werden:

WER FÜHRT DIE WBK IN WELCHER FORM DURCH?

Die Waldbiotopkartierung wird seit 1989 unter der Leitung der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg in Freiburg (heute Abteilung Waldnaturschutz) durchgeführt. Sie wurde von der Landesforstverwaltung initiiert und in enger Zusammenarbeit mit der Naturschutzverwaltung entwickelt und durchgeführt. Die zu bearbeitenden Projekte werden mit den zuständigen Abteilungen der Regierungspräsidien abgestimmt. Die unteren Forst- und Naturschutzbehörden sowie die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) werden über Ergebnisse und laufende Kartierungen informiert. Die WBK ist damit ein Beispiel für eine gelungene Zusammenarbeit zwischen der Forst- und der Naturschutzverwaltung des Landes. Da Waldbiotope Veränderungen durch sukzessionale Prozesse, Pflegemaßnahmen oder Störungen unterliegen, erfolgt alle 10 Jahre eine turnusmäßige Aktualisierung (Fortschreibung) des Biotopbestandes.

Daneben erfordern geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen (z. B. FFH-Richtlinie, Novelle Naturschutzgesetz, Umweltinformationsgesetz), neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowie die mit dem technischen Fortschritt gestiegenen Anforderungen an die Genauigkeit der Kartierung eine permanente Anpassung der WBK.

WELCHE BIOTOPE ERFASST DIE WALDBIOTOPKARTIERUNG?

Um die Vielzahl unterschiedlicher Biotopstrukturen übersichtlich gliedern zu können, werden in der Waldbiotopkartierung 12 Leitbiotoptypen (LBT) unterschieden. Ein Leitbiotoptyp fasst dabei Strukturen ähnlicher Ausprägung zusammen. Die zahlreichen Einzelstrukturen sind ausführlich in einem Kartierhandbuch zur Waldbiotopkartierung beschrieben.

Leitbiotoptypen

Unter diesem LBT werden Waldbestände erfasst, die nach Standort, Bodenvegetation und ihrer Baumartenzusammensetzung seltenen und selten gewordenen naturnahen Waldgesellschaften entsprechen.

Dieser LBT umfasst Biotopstrukturen der Trocken- und Magerrasen, der Trocken- und Felsengebüsche, der Trockensäume sowie der Wacholderheiden.

Diesem LBT werden die Biotopstrukturen der Hoch-, Nieder- und Übergangsmoore, z. T. mit Röhrichten und Seggenried-Bereichen und Feuchtgebüschen. Weiterhin werden die Biotopstrukturen Misse, Waldsimsen- und Schachtelhalm-Sümpfe, feuchte Hochstaudenfluren und quellige Bereiche diesem Leitbiotoptyp zugeordnet.

Hierunter fallen z. B. Tümpel, Weiher, Teich, See, Moorsee, Baggersee und Altwasser.

Zu diesem LBT gehören die Biotopstrukturen Quelle, Bach, Fluss und deren Altarme sowie regelmäßig überschwemmte Bereiche, dazu auch alle Bach- und Flusstäler mit kleinflächig wechselnden Feuchtbiotopen.

Ein strukturreicher Waldrand besteht aus fließend ineinander übergehenden Zonen von Kräutern (Saum), Sträuchern (Mantel) und überwiegend standortsheimischen Bäumen 2. und 1. Ordnung (Trauf).

Aktuelle Lebensstätten seltener Tierarten werden diesem LBT zugeordnet. Die Ausweisung erfolgt maßnahmenbezogen z. B. für die Umsetzung von Erhaltungsmaßnahmen spezieller Arten in N2000-Gebieten, für die keine anderen forstlichen Schutzkonzepte greifen.

Bei der Erfassung von Beständen dieses LBT müssen größere aktuelle Vorkommen seltener, geschützter Pflanzenarten oder aktuelle Vorkommen einzelner bis mehrerer seltener autochthoner Baumarten nachgewiesen sein. Die Ausweisung erfolgt Maßnahmenbezogen z. B. für die Umsetzung von Erhaltungsmaßnahmen spezieller Arten in N2000-Gebieten, für die keine anderen forstlichen Schutzkonzepte greifen.

Dieser Leitbiotoptyp kommt in drei Ausprägungen vor. Als Feldgehölze, Altbestände mit überdurchschnittlichem Anteil verschiedener Baum- und Strauchschichten sowie Totholz; und Altholz (Waldinseln).

Zu diesem LBT gehören Nieder-, Schäl- und Mittelwälder, Streunutzungsflächen, ehemalige Hutewälder und Harznutzungswälder sowie Parkwälder. Für eine Ausweisung als Biotop in diesem LBT müssen die Flächen entweder noch entsprechend der historischen Nutzungsform bewirtschaftet werden oder die für diese Art der Bewirtschaftung typischen Eigenschaften aufweisen.

Als Sukzessionsflächen werden Flächen kartiert, die sich nach Ende der menschlichen Eingriffe wieder weitgehend ungestört in Richtung Wald entwickeln. Beispiele für Sukzessionsflächen sind Torfstiche, Riedflächen, zugewachsene Weidfelder, stillgelegte Kiesgruben oder aufgelassene Steinbrüche.

Unter diesem LBT werden u.a. Block- und Schutthalden, Höhlen, Felswände, Hohlwege, Dolinen, Kare, Lesesteinhaufen u. ä. zusammengefasst.

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