Standortsinformationen für unerforschte Waldflächen

Projekt 1749: Vereinfachte Standortsinforma­­tion im Kleinprivatwald

Damit die Wälder auch im Zuge eines zunehmend trockener und wärmer werdenden Klimas noch Leistungen wie Boden-, Trinkwasser- und Klimaschutz für die Gesellschaft erbringen können, kommt dem klima- und standortsangepassten Umgang mit den Wäldern eine besondere Bedeutung zu. Auch sind vermehrt Wiederbewaldungsmaßnahmen notwendig, wenn Wälder durch Extremwetterereignisse, Insekten oder Pilze geschädigt werden. Dazu sind Informationen über die Standortseigenschaften in unseren Wäldern notwendig. Für beinahe 60 Prozent der knapp 393.000 Hektar Kleinprivatwald in Baden-Württemberg liegen aber noch ­­keine detaillierten Standortskarten vor. Da die Gewinnung von Standortinformationen mit sehr arbeits- und zeitaufwendiger Feldarbeit verbunden ist, soll eine "Vereinfachte Standortsinformation" die Grundlage für eine zeitnahe Beratung von Kleinprivatwaldbesitzenden bilden.

 

Zielsetzungen

Das Projektziel ist die Gewinnung von Standortsinformationen zu 20.000 Hektar Kleinprivatwäldern in den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald, Emmendingen und Schwarzwald-Baar-Kreis.

 

Vorgehensweise

Für die Gewinnung der Standortsinformationen wird die FVA die Vielzahl bereits bestehender Informationen zum Gelände, der Geologie, den Böden und dem Klima im besagten Gebiet neu auswerten. Viele dieser Daten liegen inzwischen digital und in hochauflösender Genauigkeit vor. Zugleich haben sich die Auswertungsmöglichkeiten und -methoden stark verbessert. Mit Hilfe der Erkenntnisse aus bisherigen Kartierungen und dem Wissen darüber welche Bedingungen und Standorte Baumarten benötigen, können die Möglichkeiten und Grenzen der waldökologischen Eignung verschiedener Baumarten und Waldtypen in den Privatwäldern bewertet werden. Das Verfahren kann die systematische Standortskartierung in ihrer Genauigkeit nicht ersetzen. Die Ergebnisse werden aber die Möglichkeiten der Beratung der Kleinprivatwaldbesitzenden im Mittleren Schwarzwald erheblich verbessern.

Aufgaben im Projekt:

  • Aufbereitung bereits verfügbarer Grundlagen und Standortsinformationen, u.a. aus geologischen, bodenkundlichen oder standortskundlichen Kartierungen
  • Ableitung und Auswahl geeigneter Kennwerte zum Relief aus dem digitalen Geländemodell
  • Identifizierung und Bildung abzuleitender Standortstypen
  • Konstruktion einer vereinfachten Standortsgliederung nach Höhenstufen und Reliefmerkmalen, ergänzt um einfach im Gelände anzusprechende Gehalte an Grobboden und standortsweisender Bodenvegetation
  • Herleitung einer Baumarteneignungstabelle für die Standortstypen der vereinfachten Standortsinformation
  • Testlauf der Standortsgliederung anhand von Stichproben im Projektgebiet

 

 

Vereinfachte Informationen, wichtige Grundlagen - Werkstattbericht zum Projekt

Interview mit Eva Ardao Rivera und René Kallen

Die Forschung an der FVA hat das Ziel den aktuellen Herausforderungen im Klimawandel zu begegnen. Ihr Projekt beschäftigt sich mit dem Thema Standortskartierung – wie passt Ihre Forschung in die Thematik des Klimawandels?

Der Standort beschreibt alle Umweltbedingungen die an einem Wuchsort auf einen Baum wirken, also beispielsweise der Boden oder das Klima. Informationen darüber sind enorm wichtig, um den Umgang mit unseren Wäldern zukunftsfähig zu gestalten. Mit Hilfe von Standortsinformationen kann individuell entschieden werden, welche forstwirtschaftlichen Maßnahmen einem Wald dienlich sind, der an die örtlichen Bedingungen angepasst und folglich resistenter sowie resilienter ist. Diese Eigenschaften sind besonders wichtig, um der rasch fortschreitenden Klimaerwärmung samt ihren bereits heute spürbaren Folgen zu begegnen.

Wie werden die Standortsinformationen generiert?

Die Informationen werden durch Fachleute im Wald aufgenommen und kartiert. Nun gibt es jedoch aufgrund der begrenzten personellen Ressourcen große Waldflächen insbesondere im Kleinprivatwald, für welche die Standortsinformationen noch nicht aufgenommen worden sind. Deren schlussendliche Erfassung in Karten wird  weitere Jahrzehnte andauern. Deswegen möchten wir in unserem Pilotprojekt bereits bestehende Umweltdaten des mittleren Schwarzwaldes* mit computergestützten geographischen Methoden integrieren, um daraus Informationen über den Standort abzuleiten. Diese sollen dann eine vorläufige Entscheidungsgrundlage für den aktuellen Handlungsbedarf darstellen, bis die Geländekartierungen flächendeckend abgeschlossen sind.

*Einzelwuchsbezirk 3/09 – „Mittlerer Schwarzwald zwischen Kinzig und Dreisam“; enthält 20.000 ha nicht standörtlich kartierten Kleinprivatwald
 

Was ist der aktuelle Stand des Projekts?

Nach einer intensiven Einarbeitungsphase in das komplexe Feld der Standortskartierung konnten wir die benötigten Ausgangsdaten identifizieren, z. B. solche zu Geologie oder Geländebeschaffenheit. Diese wurden und werden aktuell in die notwendige Form überführt, größtenteils von uns, teilweise auch von einem externen Unternehmen, um dann in unsere Berechnungen (= „Modellierung“) einzufließen.

Bei einer ersten Geländeexkursionen konnten wir kürzlich unseren Kontakt zur Praxis stärken und unser Verständnis für die herrschende Datengrundlage vertiefen.

Was sind die Herausforderungen im Projekt und wie gehen Sie damit um?

Herausforderungen gibt es in mannigfaltigen Aspekten. Zum einen solche, die eher allgemeiner Natur sind, wie das Verständnis um die Einflussgröße der Umweltparameter und der dazu vorliegenden Daten oder das Definieren von dynamischen Höhenstufen im Gelände. Zum anderen gibt es spezifischere oder methodischere Herausforderungen. So liegen die zusammenzuführenden Daten häufig in verschiedenen Auflösungen vor. Beispielsweise ist das digitale Geländemodell bis zu einer Auflösung von 1 x 1 m verfügbar, während Klimadaten eher ein Raster von 250 x 250 m oder 1 x 1 km haben.
Zur Klärung hilft, neben wiederkehrender Literaturrecherche, v. a. das Gespräch mit internen und externen Experten, wie z. B. unserem fachkundigen Arbeitsbereichsleiter Hans-Gerd Michiels.

Das Projekt ist als Pilotprojekt zur Vereinfachung des Standortklassifizierungssystems gedacht. Es muss daher einfach genug sein, um mit minimalem Aufwand Standortsinformationen zu liefern, aber gut genug, um gute Forstmanagemententscheidungen zu unterstützen. Dieses Gleichgewicht zwischen Einfachheit und Verwendbarkeit zu finden, ist auch eine gewisse Herausforderung.

Was sind die nächsten Schritte im Projekt?

Sobald die Aufbereitung der Daten abgeschlossen ist, werden wir mit dem Prozess der „Modellierung“ beginnen, also aus den Daten die Standortsinformationen ableiten oder prognostizieren. Parallel wird sich das Team bereits mit Themen wie Baumarteneignung und Entscheidungshilfen befassen, weil es uns wichtig ist, dass unsere späteren Resultate so gut wie möglich für die Waldbewirtschaftenden anwendbar und nutzbar sein werden. Dazwischen sind außerdem weitere Vor-Ort-Termine des Projektgebiets geplant.

Wie profitieren Waldbesitzende von Ihren erwarteten Ergebnissen?

Wir möchten eine vorläufige Entscheidungsgrundlage schaffen, mit deren Hilfe Waldbesitzende einen standortsgerechten und dem Klimawandel angepassten Waldbau betreiben können. Garantien auszusprechen wäre natürlich vermessen und sie könnten in diesem Wirtschaftssektor, insbesondere in Anbetracht des beschleunigten Klimawandels, ohnehin nicht erwartet werden. Doch das Fundament, das wir bieten und auf dem forstliche Handlungen basieren können, kann sicherlich von großer Bedeutung für die Waldbesitzenden sein.

Wie erhalten Waldbesitzende Zugang zu Ihren Daten?

Unsere bisherige Idee ist es, eine digitale Karte zu erstellen, die eine Übersicht über die Umweltbedingungen mit Fokus auf die Bodenverhältnisse gibt. Um die Baumarteneignung zu ermitteln, soll ferner ein Geländeschlüssel, also ein Entscheidungsbaum, entworfen werden, mit dem der Standort von der bewirtschaftenden Person noch genauer eingeschätzt und charakterisiert werden kann.

Die letztendliche Umsetzung wird jedoch stark von den Resultaten unserer Modellierung abhängen.


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