Fernerkundungsbasierte Habitatmodellierung

Die Rolle vom stehendem Totholz für den Dreizehenspecht

Mit seiner enormen Variabilität an Formen, Mikrohabitaten und Nährstoffressourcen ist Totholz ein zentrales Strukturelement für die Waldbiodiversität. Fast jedes Bundesland Deutschlands hat daher ein Konzept zur Förderung von Alt- und Totholz etabliert um das Totholzvorkommen im Wirtschaftswald für die hochspezialisierte, an das Totholz gebundene Arten zu fördern.

Die aktuellen Trockenjahre erhöhen drastisch die Zahl absterbender Bäume in den Waldbeständen deutschlandweit, was viele neue Totholzaspekte eröffnet.

Doch wieviel Totholz brauchen Arten wie der Dreizehenspecht wirklich?

Um diese für die Förderung der Waldbiodiversität und für die Evaluierung der Alt- und Totholz-Programme wichtige Frage zu beantworten, haben wir mit innovativen Fernerkundungsmethoden Dreizehenspecht-Lebensräume analysiert.

METHODE

Basierend auf den aus Fernerkundungsdaten (LiDAR und farbinfrarote Luftbilder) abgeleiteten Einzelbaumdaten für den Nationalpark Bayerischer Wald und den zeitgleichen Artbeobachtungen vom Dreizehenspecht wurde die Habitatnutzung dieser wichtigen Waldart untersucht und Totholzschwellenwerte abgeleitet.

Auf 104 Probepunkten (je 52 mit und ohne nachgewiesenes Brutvorkommen des Dreizehenspechts) untersuchten wir das Vorkommen des Dreizehenspechts in Abhängigkeit von 20 Habitatvariablen mit Fokus auf Totholzvorkommen, -qualität und -quantität. Dabei verglichen wir die Habitatausstattung innerhalb 4 unterschiedlich großer Radien, die unterschiedliche Reviergrößen des Vogels repräsentieren.

ERGEBNISSE

Das Vorkommen und die Anzahl von lebenden, absterbenden und frisch abgestorbenen Fichten (letzteres definiert als Totholz mit einer durchschnittlichen Astlänge von mind. 2m) waren essentiell für das Vorkommen des Dreizehenspechts. Bei 8 oder mehr toten Bäumen pro Hektar (mit Höhe  ≥ 15 m und Kronenfläche > 4 m²) lag die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens des Dreizehenspechts bei 75-80 %. Jedoch gab es auch einen oberen Schwellenwert: überschritt die Menge an stehendem Totholz 40-55 Stück pro Hektar, sank die Vorkommenswahrscheinlichkeit wieder. Dabei war die Habitatausstattung in der direkten Umgebung von 100-250 m um den Brutbaum oder den Beobachtungsort besonders ausschlaggebend.

Zusammengefasst, ist nach unseren Erkenntnissen das Belassen von mindestens 8 toten, möglichst frisch abgestorbenen Bäumen pro Hektar rund um den Brutbaum zu empfehlen. Dabei ist im Wirtschaftswald die Einhaltung einer Mindestentfernung zur nächsten Fläche mit Totholzaufwertung von mehr als 500 m zwecks Borkenkäferprävention wichtig.

ROLLE DER Fernerkundung

Die Ergebnisse unterstreichen das große Potenzial von Fernerkundungsdaten für ökologische Studien und Naturschutzmanagement. Die Fernerkundung hat den Vorteil, dass sie flächendeckende Daten liefert und automatisierte Auswertungen erlaubt. Daraus generierte Karten, die die Habitatqualität bzw. die Vorkommenswahrscheinlichkeit geschützter Arten abbilden, können in der Praxis sowohl bei der Identifizierung von Defiziten als auch bei der Planung von Fördermaßnahmen behilflich sein.

 

Weiterführende Publikationen:

Zielewska-Büttner, K., Heurich, M., Müller, J., Braunisch, V. (2020) Wieviel Totholz braucht der Dreizehenspecht. AFZ-DerWald, 7, 36-40. (Link)

Zielewska-Büttner, K., Heurich, M., Müller, J., Braunisch, V. (2020) Totholz und der Dreizehenspecht – auf die Qualität kommt es an! Waldwissen.net, (Link)

Zielewska-Büttner, Katarzyna, Heurich, Marco, Müller, Jörg, Braunisch, Veronika (2018): Remotely Sensed Single Tree Data Enable the Determination of Habitat Thresholds for the Three-Toed Woodpecker (Picoides tridactylus). Remote Sensing 10 (12), 1972, 1-25. Link

 

KOOPERATION:  Marco Heurich und Jörg Müller (Nationalpark Bayerischer Wald) https://www.nationalpark-bayerischer-wald.bayern.de 

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