Mehr Kohlenstoff im Boden durch Totholz?

Steigerung der Kohlenstoffsequestrierung in Waldböden durch gezieltes Totholzmanagement – TotC

HINTERGRUND

Viele Forstbetriebe und forstliche Zertifizierungssysteme streben eine Erhöhung des Totholzanteils in Wäldern an, vordergründig mit dem Ziel, rechtlich besonders geschützte Arten sowie die Biodiversität zu erhalten und zu fördern. Eine weitere positive "Nebenwirkung" des Belassens von Totholz könnte die Förderung der Kohlenstoffspeicherung in Waldböden sein, ein essentieller Faktor in Bezug auf einen erfolgreichen Klimaschutz.

Derartige positive, klimawirksame Effekte auf die Kohlenstoffsenkenfunktion sowie die Treibhausgasemission von Wäldern durch Totholz wurden bisher wenig untersucht. Während sich eine Vielzahl von Studien mit der Zersetzung der abgestorbenen Stämme beschäftigt, ist der Verbleib des aus Totholz freigesetzten und in den Boden transportierten Kohlenstoffs bisher selten erforscht worden. Unzureichende Erkenntnisse gibt es insbesondere zur Standortsabhängigkeit und zu den Einflüssen des forstlichen Managements auf die Speicherung von Kohlenstoff im Boden.

Auf ausgewählten Untersuchungsflächen werden die Kohlenstoffausträge mit der Bodenwasser- und Gasphase gemessen. Über die Analyse von Bodenaggregaten soll bewertet werden, wie stabil der in den Boden eingetragene Kohlenstoff gespeichert wird und ob dieser Prozess zusätzlich die Speicherung von Wasser und Nährstoffen erhöht. Die Untersuchungsflächen wurden so ausgewählt, dass verschiedene Standortgradienten abgedeckt sind. In einem Mischbestand auf saurem Ausgangsgestein wurde sowohl liegendes Buchen- als auch Fichtentotholz instrumentiert. In einem Buchenbestand auf  karbonatischem Ausgangsgestein wurde nur liegendes Buchentotholz untersucht, allerdings auf einem nordexponierten und einem südexponierten Hang. Dadurch wurden bei der Auswahl der Untersuchungsflächen unterschiedliche Versauerungszustände (sauer/karbonatisch), Baumarten (Buche/Fichte) und Wasserhaushaltsbedingungen (Nordhang/Südhang) abgedeckt.   

Kontinuierlich erfolgt an den ausgewählten Totholzstämmen eine Bodenwasserentnahme mittels Saugkerzen . In 4-wöchigem Rhythmus werden die Proben entnommen und im Labor der FVA analysiert. Dabei werden neben der Konzentration an gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC – dissolved organic carbon) auch die Nährstoffgehalte im Bodenwasser gemessen. Zusätzlich wird die Zusammensetzung des Niederschlags analysiert, um die Stoffeinträge in den Bestand zu quantifizieren. Durch in den Boden eingebaute Sonden werden alle 30 Minuten sowohl die Bodenfeuchte als auch die Bodentemperatur erfasst. Dabei handelt es sich um Parameter, die viele Prozesse im Boden steuern und daher auch für die Kohlenstoffdynamiken im Boden von großer Bedeutung sind. In regelmäßigem Turnus werden die Kohlenstoffemissionen in Form von CO2 aus dem Totholz erfasst. Diese werden über sogenannte Kammermessungen bestimmt, indem der Anstieg der CO2-Konzentration in einer geschlossenen Kammer über einen gewissen Zeitraum gemessen wird. Über den Anstieg des CO2-Gehaltes und unter Einbeziehung von Luftdruck und Temperatur werden die CO2-Flüsse aus dem Totholz berechnet. An den untersuchten Stämmen wurden ebenfalls Bodenproben entnommen, um den Gehalt an Kohlenstoff in der Bodenfestphase und dessen Stabilität gegenüber Abbau durch Mikroorganismen und Bodentiere zu erfassen. Mit den erhobenen Daten werden abschließend Kohlenstoffbilanzen der untersuchten Stämme erstellt.

Mit den Ergebnissen von den Untersuchungsflächen prüft die FVA inwieweit ein gezieltes Totholzmanagement, wie es beispielsweise die baden-württembergische Forstverwaltung im Rahmen ihres Alt- und Totholzkonzeptes verfolgt, positive Auswirkungen auf die Kohlenstoffsequestrierung in Waldböden und die Emission von Treibhausgasen aus Wäldern hat bzw. wie es optimiert werden könnte, um solche Auswirkungen zu erzielen.

Ziel ist es nachzuweisen, dass mit einem angepassten Totholzmanagement die Anreicherung organischer Substanz im Boden, aber auch andere Bodenfunktionen wie das Wasserrückhaltevermögen oder der Nährstoffhaushalt, gezielt beeinflusst werden können, damit könnte die Biomasseproduktion erhöht, die Bioturbation angeregt und so der Kohlenstoffvorrat im Boden stabilisiert und nachhaltig erhöht werden. Somit kann der positive Mehrwert bestehender, in der Regel mit Naturschutzzielen motivierter Konzepte zur Totholzanreicherung in Wäldern quantifiziert werden.

DOC-Austrag mit dem Bodenwasser

Erste Ergebnisse zeigen größtenteils eine signifikant höhere DOC-Konzentration (dissolved organic carbon) im Bodenwasser unter Totholz im Vergleich zur nicht vom Totholz beeinflussten Kontrollfläche in den verschiedenen Tiefenstufen. Betrachtet man nur die DOC-Konzentrationen unter Totholz kann man höhere Werte unter Buchen- im Vergleich zu Fichtentotholz erkennen und auf dem südexponierten im Vergleich zum nordexponierten Hang. Unterschiede in den DOC-Konzentrationen bezogen auf den Versauerungszustand sind aktuell noch nicht zu erkennen.

CO2-Emissionen aus dem Totholz

An den einzelnen Messdaten sind, wie zu erwarten, deutlich höhere CO2-Flüsse aus dem Totholz im Vergleich zur Kontrollfläche messbar. Ebenfalls erkennbar sind jahreszeitliche Unterschiede. Die Emissionen in den Sommermonaten liegen deutlich über denen in den Wintermonaten. Dies deutet auf eine verminderte mikrobielle Aktivität bei sinkenden Temperaturen hin.

Was wurde bisher herausgefunden?

  • Deutlich höhere DOC-Konzentrationen unter Totholz (DOC – dissolved organic carbon)
  • Unterschiede in den DOC-Konzentrationen zwischen den Baumarten Buche und Fichte
  • Unterschiede in den DOC-Konzentrationen zwischen dem Nord- und dem Südhang
  • Um ein Vielfaches höhere CO2-Emissionen aus dem Totholz im Vergleich zur Kontrollfläche mit jahreszeitlichen Schwankungen

Was steht noch an?

  • Analyse der Bodenfestphase und Stabilität des dort gespeicherten Kohlenstoffs
  • Erstellung von Kohlenstoffbilanzen für Totholz
  • Identifikation von Faktoren, die die Dynamiken von Kohlenstoff in Waldökosystemen steuern
  • Auswirkungen von Totholz auf Wasserspeicherkapazität und Nährstoffdynamiken im Waldboden untersuchen
  • Empfehlungen für die Praxis formulieren, wie Waldbesitzende ihr Totholzmanagement anpassen können, um einen größtmöglichen Effekt auf die Kohlenstoffsenkenleistung ihrer Wälder zu erzielen

PROJEKTLAUFZEIT

01.04.2021 – 30.09.2024

PROJEKTLEITUNG

Dr. Heike Puhlmann

KOOPERATIONEN

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br., Professur für Bodenökologie

PROJEKTTRÄGER

Das Projekt wird finanziert über den Waldklimafond (WKF) und die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) gemeinsam verwaltet vom Bundesministerium für Umwelt (BMU) und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) – Förderkennzeichen 2219WK07A4.

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