Wildunfälle

Wildunfälle haben gravierende Auswirkungen sowohl auf Tiere als auch auf die Verkehrssicherheit. Durchschnittlich wird in Deutschland alle 90 Sekunden ein größeres Säugetier durch Straßenverkehr getötet. Gleichzeitig sterben jedes Jahr rund 15 Personen durch Wildunfälle und 2.000–3.000 Personen werden leicht bis schwer verletzt. Die Sachschäden lagen 2020 bei mehr als 890 Millionen Euro, die jährlich von den Versicherungsgesellschaften reguliert werden. Um Wildunfälle zu vermeiden, stehen verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, die sich jedoch in der Wirksamkeit sehr stark unterscheiden.

Ein neu gegründeter Arbeitskreis „Verkehrssicherheit & Wildtiere“, der sich aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Ministerien, des Landesjagdverbandes und der FVA zusammensetzt, beschäftigt sich seit Oktober 2020 mit der Wildunfallproblematik in Baden-Württemberg. Gemeinsam sollen neue Wege in der Wildunfallprävention beschritten werden, um die Verkehrssicherheit zu verbessern, aber auch Wildtieren ein gefahrloses Queren zu ermöglichen.

Präventionsmaßnahmen

Querungshilfen (Grünbrücken, Faunabrücken und Tier-Unterführungen) können zur Vermeidung übermäßiger Lebensraumzerschneidung durch Verkehrswege beitragen. Für eine optimale Funktionalität müssen diese jedoch gut geplant sein. Ort des Bauwerks, die Multifunktionalität (alle betroffenen Arten müssen berücksichtigt werden) und die Anbindung ans Hinterland sind hierbei essenziell. Eine detaillierte Übersicht der Anforderungen gibt das BfN-Stkripten 522.

Aktuell erfolgt die Überprüfung der Wirksamkeit von drei Grünbrücken in Baden-Württemberg in einem 30monatigen Projekt, das vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg als auch der Autobahngesellschaft des Bundes finanziert wird.

 

Elektronische Wildwarnanlagen sind technische Einrichtungen im Straßenbereich, die Wildtieren ermöglichen, Straßen mit geringerem Risiko zu queren. Mittels Infrarotsensoren oder anderer Erfassungstechniken werden Wildtiere hauptsächlich während der Dämmerung und Nacht am Straßenrand detektiert, worauf Lichtsignaltafeln aktiviert werden. Diese blinken für einen fest definierten Zeitraum und warnen den Verkehr vor querendem Wild. Gleichzeitig erfolgt die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, so dass das Risiko eines Wildunfalls deutlich reduziert wird. Die FVA hat von 2003 bis 2005 maßgeblich an der Konzeption und Umsetzung einer ersten elektronischen Wildwarnanlage in Deutschland mitgewirkt. Diese Pilotanlage befindet sich an der B292 bei Aglasterhausen, Nord-Baden-Württemberg. Eine Beschreibung der Anlage liefert der Artikel "Elektronische Wildwarnanlagen senken Unfallzahlen" auf waldwissen.net. Details können im Projektbericht nachgelesen werden.

Seit 2021 untersucht die FVA Baden-Württemberg in einem neuen Projekt die Wirksamkeit der elektronischen Wildwarnanlagen in Deutschland. Die bisher errichteten Wildwarnanlagen im Bundesgebiet unterscheiden sich stark in ihrer Bauweise, da es aktuell noch keine einheitlichen Regelungen gibt. Die Wirksamkeit wird mithilfe verschiedener Methoden untersucht, u.a. mit Fotofallen, Wärmebildkameras und Verkehrszählgeräten. Das Projekt hat eine Dauer von 20 Monaten und wird vom Bundesamt für Straßenwesen (BASt) finanziert.

Wildschutzzäune werden als Leit-  und Sperreinrichtung eingesetzt und reduzieren Wildunfälle bei sachgerechter Ausführung nachhaltig. Infolge artenschutzrechtlicher Anforderungen wurden neben dem klassischen Wildschutzzaun mit Knotengeflecht unterschiedliche Wildschutzzaunsysteme entwickelt, die zum Teil stark kletternde Arten wie Wildkatze und Luchs vor dem Betreten von Straßen abhalten.

Die Bewertung der unterschiedlichen Wildschutzzauntypen sowie die Berechnung von Wildunfallschwerpunkten für das Bundesgebiet wurde in einem Projekt von 2017-2019 vom FVA-Wildtierinstitut untersucht. Die Finanzierung erfolgte über das Bundesamt für Straßenwesen (BASt). Der Abschlussbericht kann hier erworben werden.

Wildwarnreflektoren sind eine der am häufigsten angewandten Wildunfallpräventionsmaßnahmen und kommen seit rund 60 Jahren zum Einsatz. Die Frage, ob Wildwarnreflektoren Verhaltensänderungen bei Wildtieren hervorrufen und es dadurch zu weniger Wildunfällen kommt, wurde in zwei Projekten an der FVA untersucht:

In einem ersten Schritt konnte gezeigt werden, dass blaue Halbkreisreflektoren keine Verhaltensänderungen bei Rehen hervorrufen, die zur Verhinderung von Wildunfällen führen (Abschlussbericht „Effektivität von optischen Wildunfallpräventionsmaßnahmen“ (PDF, 8,5 MB)).

Aufgrund einer Diskrepanz zwischen den Projektergebnissen und Erfahrungen der Jägerschaft wurde dieser Aspekt aufgegriffen und ein zweites Projekt (2017-2020) zur Wirksamkeit von Wildwarnreflektoren durchgeführt (Abschlussbericht Erhebung der Straßenabschnitte mit Wildwarnreflektoren in Baden-Württemberg und Untersuchung der Wirkung von Wildwarnreflektoren auf Wildtiere am Straßenrand“ (PDF, 3,5 MB)). Ziel war neben der Untersuchung der Wirksamkeit verschiedener Wildwarnreflektoren auf Rehe, Füchse und Wildschweine die Erhebung der Straßenabschnitte in Baden-Württemberg, an denen Wildwarnreflektoren montiert sind. Die Ergebnisse zeigen, dass Wildwarnreflektoren keinen Effekt auf das Verhalten von Wildtieren haben und das Risiko eines Wildunfalls durch Reflektoren nicht reduziert wird.

 

 

Seit Mai 2021 werden im polizeiinternen EUSKa-System (Elektronische Unfallstecktypenkarte) alle polizeilich aufgenommen Wildunfälle, auch die „einfachen“ Wildunfälle mit Sachschaden ohne Personenschäden (Kategorie 5), lagegenau mit Geokoordinaten dokumentiert. Das FVA-Wildtierinstitut erhält über das Innenministerium die Möglichkeit, diese Wildunfalldaten zu analysieren, auszuwerten und die Informationen in einer interaktiven Karten Nutzerinnen und Nutzern zur Verfügung zu stellen.

Um Häufungsabschnitte von Wildunfällen zu erkennen, werden die einzelnen Wildunfälle zu Wildunfallstrecken pro Jahr zusammengefasst. Definition hierfür ist das Vorkommen von mindestens 6 Wildunfällen mit weniger als 200 Meters zwischen den einzelnen Standorten.  Detaillierte Informationen zur Methodik findet sich im Abschlussbericht zur Ermittlung von Wildunfallschwerpunkten, der in Kürze veröffentlicht wird.

Für die Jahre 2021 und 2022 liegen insgesamt 31.889 Wildunfalldaten vor. 11 Wildtierarten sind in Wildunfälle verwickelt, sowie Hunde und Katzen. Die am häufigsten betroffene Wildart ist das Reh (N = 21.906). Mit deutlichem Abstand folgen Wildschweine (N = 2.492), Füchse (N = 2.174) und Dachse (N = 1.537). Alle weiteren Tierarten sind mit unter 1000 Unfälle seltener in einen Wildunfall verwickelt.

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