Waldeigentumsverständnis

Mein Wald, Dein Wald, Unser Wald? Das Projekt „Waldeigentumsverständnis“ — Was hat es damit auf sich?

Das von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) geförderte Projekt „Mein Wald, Dein Wald oder jedermanns Wald?“ liefert Einblicke in die Beziehung von Waldbesuchenden zum Wald und ihr Verständnis von Waldeigentum. Dabei wurden Eigentumsverständnisse nicht nur im juristischen Sinn, sondern insbesondere auch als psychologisches Konzept untersucht („psychologisches Eigentum“). Im Fokus der Untersuchung stehen die Fragen: Wie verbreitet sind Gefühle von „mein Wald“ und „unser Wald“ unter Waldbesuchenden? Wie kommen diese Gefühle zustande? Wie stehen sie in Zusammenhang mit dem Erleben und Verhalten im Wald und mit der Wahrnehmung von (juristischem) Eigentum? Diese und weitere Fragen wurden multimethodisch mittels einer Literaturstudie, einer qualitativen Befragung und einer deutschlandweiten quantitativen Bevölkerungsbefragung bearbeitet. Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse wurde ein Kurzfilm erstellt, der für das Thema respektvolle Waldbesuche sensibilisieren soll (siehe Abb. 1).

Eigentum ist eine tragende Säule unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems. Auch in der Waldwirtschaft werden langfristig wirksame Rechte und Pflichten über Eigentumsrechte geregelt. Beim Waldeigentum liegt jedoch die Besonderheit vor, dass die Eigentumsgrenzen so wenig ersichtlich sind, wie in kaum einer anderen Umgebung. Es existieren nahezu keine Zäune, Schilder oder andere ‚Marker‘ in der Landschaft, die Hinweise auf die Eigentumsverhältnisse geben. Die Grenzen von Privat-, Kommunal- und Staatseigentum sind daher für Waldbesuchende in der Regel nicht auszumachen. Zudem wird das „freie Betretungsrecht“ in der Beobachtung vieler privater Eigentümerinnen und Eigentümer zunehmend so interpretiert, als gehöre der Wald in erster Linie der öffentlichen Hand und dadurch im Grunde allen gleichermaßen (zur gesellschaftlichen Wahrnehmung des Waldes als „Allgemeingut“ siehe auch: Volz 2001; Kleinhückelkotten et al. 2009; Depenheuer & Möhring 2010; Arzberger et al. 2015). Tatsächlich verteilt sich das Waldeigentum in Deutschland, neben dem Wald der Länder und des Bundes, auf geschätzte 2 Millionen körperschaftliche und private Eigentümerinnen und Eigentümer (AGDW 2022), wobei Privateigentum mit 48% der Waldfläche und ca. 1,82 Millionen Waldbesitzenden (Feil et al. 2018) die vorrangige Eigentumsform darstellt. Dass in den deutschen Wäldern damit statistisch gesehen jeder zweite Schritt auf privaten Grund gesetzt wird, scheint vielen Menschen nicht bewusst zu sein.

Aufmerksamkeit und die wirtschaftliche und ökologische Bewertung des Waldeigentums aus. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass der Gemeingutgedanke auch in der medialen Darstellung von Wald sehr präsent ist: In zahlreichen aktuellen Medienbeiträgen zum Wald im Klimawandel und den damit verbundenen Herausforderungen ist von „unserem Wald“ die Rede. Auch wenn die Sichtweise, dass es sich beim Wald um ein Allgemeingut handelt, womöglich schon seit vielen Jahrzehnten die vorherrschende ist, scheint sich doch der Umgang mit diesem ‚Gemeingut‘ bzw. das Verständnis hinsichtlich der Nutzungsrechte zu ändern. Ein Indiz hierfür sind Berichte aus der Forstpraxis, die eine Zunahme von Konflikten im Rahmen von Bewirtschaftungsmaßnahmen schildern. So beobachten Forstleute beispielsweise, dass Wegsperrungen zur Absicherung von Arbeitsbereichen immer häufiger missachtet werden. Einzelne Waldbesuchende wollen sich diesen Erfahrungsberichten zufolge nicht in ihren subjektiv wahrgenommenen Nutzungsrechten einschränken lassen. Sie empfänden dies als „[…] Angriff auf die Naturidylle und ihr persönliches Recht auf freie Entfaltung in der Natur […] Vor allem dann, wenn auch noch die gewohnte Lauf- oder Wanderstrecke durch Warnhinweise gesperrt ist“ (Landkreis Rastatt 2015). Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW (2016: 4) schreibt zum Wandel der Akzeptanz: „Ein rot-weißes Flatterband und ein Hinweisschild ‚Durchgang verboten — Fällarbeiten‘ reicht nicht mehr“. Eine sinkende Akzeptanz von Absperrungen sei demzufolge ein bundesweites Problem mit dem sich die Öffentlichkeitsarbeit aller Landesforstverwaltungen intensiv beschäftigt. Das „reicht nicht mehr“ betont den in der Forstpraxis wahrgenommenen Wandel im Verständnis der Waldbesuchenden für Einschränkungen durch Bewirtschaftungsmaßnahmen bzw. für die wirtschaftliche Nutzung von Waldeigentum. In Folge dessen sehen sich Kommunen, Forstämter und Waldbesitzende zunehmend gezwungen, um mehr Verständnis für Forstarbeiten zu werben.

Bei der Frage nach den Ursachen für die beobachtete Zunahme an Konflikten bieten grundsätzliche Debatten um den ‚richtigen Umgang‘ mit Wald in Zeiten des Klimawandels und/oder die Zunahme und Ausdifferenzierung der Erholungsnutzung mögliche Erklärungsansätze. Mit Blick auf die zuvor dargestellte gesellschaftliche Wahrnehmung des Waldes rückt jedoch die Frage in den Vordergrund, inwieweit diese Konflikte auch mit dem Eigentumsverständnis der Waldbesuchenden zusammenhängen. Welche Rolle spielen gesellschaftliche ‚Aneignungspraxen‘ bei der Entstehung von Konflikten im und um den Wald? Betrachten die Bürgerinnen und Bürger den Wald tatsächlich als Allgemeingut? Und damit auch als „ihren“ Wald? Welche Rolle spielt dabei die Vertrautheit mit ganz konkreten Waldorten, so zum Beispiel die oben zitierte „gewohnte Lauf- oder Wanderstrecke“? Ist neben einem kollektiven „unser Wald“ möglicherweise auch ein individuelles „mein Wald“ ein verbreitetes Empfinden? Wie hängen diese Gefühle mit dem Walderleben und dem Verhalten im Wald zusammen? Sind Gefühle von „mein“ und „unser“ als Ergebnis der von Depenheuer angeführten „emotionalen Bindungskraft“ zu verstehen? Diesen Fragen widmete sich das von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) geförderte Forschungsprojekt mit dem Kurztitel „Waldeigentumsverständnis“.

Vor dem Hintergrund, dass der Wald scheinbar unabhängig von seinen Eigentumsverhältnissen als kollektives Gut betrachtet wird (Kleinhückelkotten et al. 2009, Depenheuer & Möhring 2010; Arzberger et al. 2015), gilt es Mechanismen der Konfliktlösung bzw. Konfliktvermeidung zu entwickeln, die geeignet sind, einerseits den Schutz des Eigentums und die Gewährleistung des Entscheidungsbereiches der Waldeigentümer:innen langfristig zu sichern und andererseits den ökologischen, sozialen und kulturellen Wert des Waldes zu erhalten bzw. zu fördern. Zur Erfolgssicherung dieser Mechanismen ist es wiederum von großer Bedeutung, auf eine breite Wissensbasis über Ursachen und Entstehung von Konflikten zurückgreifen zu können.

Das Projekt hat sich daher zum Ziel gesetzt, empirische Grundlagen zum Eigentumsverständnis der Waldbesuchenden zu schaffen und damit die Wissensbasis für Konfliktlösungs- bzw. Vermeidungsstrategien zu erweitern. Hierbei wurde „Eigentum“ nicht nur als juristisches Konstrukt, sondern insbesondere als psychologisches Konzept untersucht: Im Fokus der Untersuchung stand das „psychologische Eigentum“.

Die Forschung zu psychologischem Eigentum geht den Fragen nach, warum Menschen etwas als „eigenes“ empfinden und wie etwas zum „eigenen“, d.h. zu „meinem“ oder „unserem“ wird. Einen weiteren Forschungsschwerpunkt bildet die Frage, mit welchen Auswirkungen auf Wahrnehmung und Verhalten psychologisches Eigentum einhergeht. Zu den Projektzielen gehören neben der Erweiterung der Wissensbasis über die psychologische Bindung von Waldbesuchenden die Identifizierung gesellschaftlicher Ansprüche und Sichtweisen sowie der Wissenstransfer zwischen den verschiedenen Akteuren. Die Stärkung des Bewusstseins sowohl für die juristischen Eigentumsverhältnisse als auch für die kognitiv-affektiven Bindungen und die vielfältigen sozialen Bedeutungen des Waldes ist dabei ein zentrales Anliegen. Die Förderung gegenseitigen Verständnisses soll schließlich einen Beitrag zur Reduzierung von Nutzungskonflikten leisten.

Das Projekt erweitert somit das Wissen über Einstellungen, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen der Waldbesuchenden im Kontext folgender Fragestellungen:

  • Wie verbreitet sind Gefühle von „mein“ und „unser Wald“ unter Waldbesuchenden?
  • Wie kommen diese Gefühle zustande? In welchem Zusammenhang stehen sie mit der ausgeübten Tätigkeit, dem Verhalten im Wald und dem Walderleben?
  • Gibt es diesbezüglich Unterschiede zwischen verschiedenen Tätigkeiten oder sozialen Milieus?
  • Welche Ansichten haben Waldbesuchende zu Waldeigentum im weiteren Sinn? Lassen sich hier Zusammenhänge zu psychologischem Eigentum feststellen?
  • Lassen sich darüber hinaus Zusammenhänge zwischen psychologischem Eigentum am Wald und Eigentumsdiskursen im Kontext gesellschaftlichen Wandels feststellen?
  • Wie können die Erkenntnisse über psychologisches Eigentum zu Konfliktlösungsstrategien beitragen? Wie kann in diesem Kontext ein respektvoller Umgang mit fremdem Eigentum gefördert werden?

Die Untersuchung hat gezeigt, dass der Wald in Deutschland nicht nur von den meisten Menschen als Allgemeingut betrachtet wird („unser Wald“), sondern dass viele Waldbesuchende den Wald auch auf persönlicher Ebene als „ihren“ Wald empfinden („mein Wald“). So haben deutschlandweit mehr als zwei Drittel der Befragten der Aussage, der Wald sei ein Allgemeingut, zugestimmt und mehr als ein Drittel der Waldbesuchenden der Aussage „Es gibt einen Wald, den ich als ‚meinen‘ Wald empfinde“ (siehe Abb. 3).

Das Empfinden „mein Wald“ steht den Ergebnissen zufolge in einem direkten Zusammenhang mit dem Walderleben und dem Verhalten im Wald, nicht jedoch mit der Einstellung zu juristischem Waldeigentum, mit der Verortung von Verantwortung und dem Vertrauen in Institutionen im Waldkontext. In Bezug auf die Theorie zu psychologischem Eigentum konnte festgestellt werden, dass alle Komponenten des theoretischen Konzepts sowohl im Hinblick auf das Walderleben als auch im Hinblick auf das Gefühl „mein Wald“ Bedeutung haben — womit die Übertragbarkeit des Konzepts auf den Kontext Wald nachgewiesen werden konnte (eine ausführliche Darstellung des theoretischen Konzepts ist im Projektbericht zu finden; siehe unten). In der Analyse der einzelnen Komponenten konnte abgebildet werden, dass Wälder sehr geeignete ‚Objekte‘ darstellen, um unabhängig von juristischen Besitzverhältnissen psychologisches Eigentum an ihnen zu entwickeln.

Keinen Einfluss auf die Entwicklung von psychologischem Eigentum haben hingegen die Art der im Wald ausgeübten Tätigkeit und demografische Faktoren. Vielmehr haben die im Projekt gewonnenen qualitativen und quantitativen Daten bezüglich der Motive und Ausbildungspfade von psychologischem Eigentum mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zwischen den verschiedenen Nutzungsgruppen offenbart. Das heißt, im Hinblick auf die ausgeübten Tätigkeiten und demografische Faktoren ist das Gefühl „mein Wald“ ein gesellschaftlich verbindendes Element des Walderlebens.

Die Untersuchungsergebnisse verdeutlichen auch, dass „mein“ im Waldkontext in der Regel nicht als besitzanzeigendes „mein“ verstanden wird, sondern als Ausdruck einer ‚besonderen Beziehung‘. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass mit dieser besonderen Beziehung Gefühle von Verbundenheit, Fürsorge und Mitverantwortung sowie eine hohe Sensibilität für Veränderungen einhergehen. Aber auch der Wunsch nach Mitsprache und Mitgestaltung steht in Zusammenhang mit dem Gefühl „mein Wald“.

Die Projektergebnisse deuten auch darauf hin, dass individuelles psychologisches Eigentum an Wald zwar weit verbreitet ist, kollektives psychologisches Eigentum hingegen, wenn überhaupt, jedoch nur in relativ kleinen Gruppen vorliegt. Das Hauptdifferenzierungsmerkmal zwischen individuellem und kollektivem psychologischem Eigentum liegt im Bewusstsein des Individuums, dass es Teil einer Gruppe bzw. eines Kollektivs ist, dessen Mitglieder ebenfalls psychologisches Eigentum am ‚Eigentumsobjekt‘ empfinden und dass das Selbst über individuelle Erfahrungen und Empfindungen Teil dieses geteilten, kollektiv anerkannten possessiven „Mind-Sets“ ist (Pierce & Peck 2018).

Kollektives psychologisches Eigentum entsteht an der Schnittfläche von Erfahrungen und ist daher untrennbar an Kontexte gebunden, in denen Gruppenmitglieder ihre kollektiven Erfahrungen teilen und darüber ein gemeinsames, kollektiv anerkanntes possessives Empfinden entwickeln (Pierce & Peck 2018). Die quantitativen Daten haben gezeigt, dass dieses Merkmal einer kollektiven Anerkennung nicht durch den Gemeingutgedanken wiedergegeben wird, da darin die Anerkennung eines individuellen possessiven Empfindens der Anderen keine notwendige Bedingung ist.  Die Sichtweise „Der Wald ist ein Allgemeingut“ steht zudem nicht in Zusammenhang mit individuellem psychologischem Eigentum, d.h. „unser Wald“ ist nicht gleich auch „mein Wald“.

Die Daten- haben zudem gezeigt, dass psychologisches Eigentum an natürlichen Ressourcen — in diesem Fall an Wald — nicht mit einem allgemein umweltbewussten Verhalten einhergeht (z.B. Konsumverhalten, Lebensstil). Sehr wohl kann es aber mit umweltbewusstem im Sinne von fürsorglichem Verhalten gegenüber dem ‚Eigentumsobjekt‘, d.h. der konkreten Ressource einhergehen (dem Waldgebiet, dem See, dem Park etc.; siehe dazu auch Peck et al. 2021).

Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse zur gesellschaftlichen Wahrnehmung von Wald und zur emotionalen Bindung der Waldbesuchenden können genutzt werden, um darauf aufbauend Konflikten vorzubeugen. Mit Blick auf die hier ausgeführten Schlussfolgerungen werden drei Strategien vorgeschlagen, die sich zur Minderung oder Lösung von Nutzungskonflikten um Wald ableiten lassen:

  1. Psychologisches Eigentum am Wald fördern, um darüber fürsorgliches im Sinne von umweltbewusstem Verhalten bezüglich konkreter Waldgebiete zu fördern,
  2. Gemeinsamkeiten beim Walderleben hervorheben und kollektives psychologisches Eigentum stärken, um darüber Bewusstsein über und Anerkennung der vielfältigen und häufig geteilten sozialen Bedeutungen des Walderlebens und der kognitiv-affektiven Bindungen der Waldbesuchenden zu fördern und
  3. Bewusstsein für die juristischen Eigentumsverhältnisse  im Wald stärken, um darüber einen respektvollen Umgang mit fremdem Eigentum zu fördern.

Diese Strategien wirken nicht nur auf der individuellen Ebene der angesprochenen Zielgruppen, sondern tragen auch zu gesellschaftlichen Debatten um Wald und Waldnutzung bei. Sie können so indirekt auch die Akzeptanz für eine Inwertsetzung der vielfältigen und insbesondere kulturellen bzw. sozialen Funktionen des Waldes fördern. So konnten Peck et al. (2021) im Kontext öffentlicher Güter einen positiven Zusammenhang zwischen psychologischem Eigentum und der monetären Spendenbereitschaft feststellen. Diese Erkenntnis deckt sich mit der Theorie zu psychologischem Eigentum: Wenn sich etwas wie „meins“ anfühlt, ist das Interesse dieses Etwas zu erhalten und damit verbunden auch die Investitionsbereitschaft größer (vgl. Pierce & Peck 2018).

Einen ersten Kommunikationsbeitrag liefert ein im Projekt entwickelter animierter Kurzfilm, der Forschungsergebnisse aus dem Projekt in anschaulicher Weise einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht (siehe unten „Kurzfilm“). Dabei werden die Zuschauenden angeregt, ihr eigenes psychologisches Eigentum zu reflektieren und zu verstehen, dass auch andere Individuen und Gruppen ähnlich empfinden – „mein Wald“ in diesem Sinne also „unser Wald“ ist, dem sich viele verbunden fühlen. Auf Basis dieser und weiterer Gemeinsamkeiten beim Walderleben werden die Zuschauenden aufgefordert, sich im Wald mit Blick auf juristisches Eigentum, Natur und Lebensräume, Forstwirtschaft und andere Waldbesuchende respektvoll zu verhalten.

Damit haben die Projektergebnisse und deren Präsentation im Kurzfilm das Potenzial, Spannungen zwischen einzelnen Akteuren und Akteursgruppen, die auf possessiven Gefühlen wie „mein“ und „unser“ beruhen, zu adressieren und zu mindern. Dass nicht nur Waldbesitzende, sondern auch ein beachtlicher Teil der Waldbesuchenden das Gefühl „mein Wald“ empfinden, wird hier nicht primär als Herausforderung begriffen, sondern vielmehr als Potenzial für Verständigung und Verständnis.

Gemeinsames, konstruktives und wertschätzendes Handeln der verschiedenen Akteure ist aktuell und zukünftig nötiger denn je, um den Wald im Hinblick auf seinen Eigenwert, seine ökosystemaren Bedeutungen und seine wirtschaftliche Nutzbarkeit zu bewahren. Große Bedeutung kommt dabei auch dem Erhalt der vielfältigen sozialen Funktionen des Waldes zu, deren Wichtigkeit in Pandemiezeiten besonders deutlich wurde (vgl. Weinbrenner et al. 2021). Im Kontext aktueller multipler Krisen scheint dem Walderleben und insbesondere dem Erleben einer ‚Gegenwelt‘ (vgl. Ensinger et al. 2013, 2014; Botsch et al. 2014) ein großes Potenzial innezuwohnen, sich positiv auf die gesellschaftliche Resilienz auszuwirken.

Die Untersuchungsergebnisse haben gezeigt, dass das Empfinden „mein Wald“ mit vielen für die physio-psychische Gesundheit relevanten Motiven zusammenhängt (Bedürfnisbefriedigung). In diesem Sinne leistet die Studie auch einen Beitrag zur Erholungswald-Forschung, gerade weil sie das Phänomen des Wohlbefindens beim Waldbesuch unter einem anderen, neuen Blickwinkel betrachtet. Durch die Brille der Theorie des psychologischen Eigentums zeigt sich, dass der Wald bzw. das Walderleben eine Vielzahl sozialer Funktionen erfüllt — und dass das Gefühl „mein Wald“ mit diesen Funktionenverknüpft ist. Sich Waldräume ‚zu eigen‘ machen zu können, ist eine wertvolle gesellschaftliche Ressource, die auf dem freien Betretungsrecht basiert. Umso wichtiger erscheint die Förderung gegenseitigen Bewusstseins und Verständnisses, um sowohl diese wertvolle gesellschaftliche Ressource als auch die Eigentumsrechte und den damit verbundenen Entscheidungsbereich der Waldbesitzenden langfristig zu sichern.

Im Gefühl „mein Wald“ findet letztlich die von Depenheuer (2010) angeführte „emotionale Bindungskraft“ des Waldes Ausdruck. Die im Projekt umgesetzte Analyse von psychologischem Eigentum an Wald hat das Verständnis vertieft, was diese Bindungskraft des Waldes ausmacht.

Wir hoffen, mit dem hier vorgestellten animierten Kurzfilm einen Beitrag zu einem konstruktiven Dialog zu leisten. Daher freuen wir uns, wenn auch Sie den Film für Ihre Belange nutzen wollen — beispielsweise für Infostände, Konfliktgespräche, Mediationen, verschiedene Beteiligungsformate oder einfach, um ungezwungen und konstruktiv miteinander ins Gespräch zu kommen oder die eigenen Sichtweisen zu reflektieren. Der Film ist für nicht-kommerzielle Zwecke kostenfrei nutzbar. Bei eventuellen Rückfragen zur Nutzung des Films können Sie sich gerne an Dominik Menton-Enderlin (Dominik.Menton-EnderlinnoSp@m@Forst.bwl.de) wenden.

Einen ausführlichen Projektbericht finden Sie hier (PDF, 3,5 MB).

Agdw (2022): Zwei Millionen Waldeigentümer. Online abrufbar unter: http://www.waldeigentuemer.de/themen/private-waldbesitzer/ (abgerufen am 28.10.2017).

Arzberger, M.; Gaggermeier, A.; Suda, M. (2015): Der Wald: ein Wohlfühlraum. LWF aktuell (107), 9-13.

Botsch, K.; Wurster, M.; Ensinger, K.; Selter, A; Bethmann, S. (2014): Metaphorische Repräsentationen des Waldes. Allg. Forst- u. J.-Ztg., 185. Jg., 9/10, 187-203.

Depenheuer, O.; Möhring, B. (2010): Waldeigentum: Dimensionen und Perspektiven. 10.1007/978-3-642-00232-8.

Ensinger, K., Wurster, M., Selter, A. et al. (2013): "Eintauchen in eine andere Welt" - Untersuchungen über Erholungskonzepte und Erholungsprozesse im Wald. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung, 184 Nr. 3/4, 2013: 70-83.

Ensinger, K.; Bethmann, S.; Wurster, M. et al. (2014): "Und wenn’s ’ne tote Wühlmaus ist“: Zyklische und lineare Zeitkonzepte in der Nationalparkdebatte Nordschwarzwald und in der Wahrnehmung von Wald. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 185 (9/10), 203-219

Feil, P.; Neitzel, C.; Seintsch, B. et al. (2018): Privatwaldeigentümer in Deutschland: Ergebnisse einer bundesweiten Telefonbefragung von Personen mit und ohne Waldeigentum. Landbauforschung 68 (3/4), 87-130

Kleinhückelkotten, S.; Calmbach, M.; Glahe, J.; Neitzke, H. (2009): Kommunikation für eine nachhalti-ge Waldwirtschaft: Schlussbericht zum Projekt "Social Marketing für eine nachhaltige Waldwirt-schaft". Hannover: ECOLOG-Institut.

Landesbetrieb Wald und Holz NRW (2016): Waldblatt – Informationen für Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer Herbst 2016. Rüthen: Regionalforstamt Soest Sauerland. Online abrufbar unter: https://www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Newsletter/Dokumente/Waldblatt/Waldblatt-Oktober-2016-RFA-03.pdf  (abgerufen am 20.09.2017).

Landkreis Rastatt (2015): Ohne Holzernte keine Waldpflege und kein heimisches Holz! Online abrufbar unter: http://www.landkreis-rastatt.de/,Lde/Ohne+Holzernte+keine+Waldpflege+und+kein+heimisches+Holz_.html  (abgerufen am 05.10.2017).

Peck, J.; Kirk, C. P.; Luangrath, A. W.; Shu, S. B. (2021): Caring for the commons: using psychological ownership to enhance stewardship behavior for public goods. Journal of Marketing, 85(2), 33–49. https://doi.org/10.1177/0022242920952084

Pierce, J.L.; Kostova, T.; Dirks, K.T. (2001): Toward a Theory of Psychological Ownership in Organizations. The Academy of Management Review 26 (2), 298-310 http://www.jstor.org/stable/259124

Pierce, J. L.; Peck,J. (2018): The History of Psychological Ownership and Its Emergence in Consumer Psychology. In: Peck, J.; Shu, S. B. (Hg.): Psychological Ownership and Consumer Behavior. Cham: Springer International Publishing, S. 1–18. Online verfügbar unter https://doi.org/10.1007/978-3-319-77158-8_1.

Volz, K.-R. (2001): Wem gehört eigentlich der Wald? Der Bürger im Staat 51 (1), 51-58.

Weinbrenner, H.; Breithut, J.; Hebermehl, W.; Kaufmann, A.; Klinger, T.; Palm, T.; Wirth, K. (2021): “The Forest Has Become Our New Living Room” – The Critical Importance of Urban Forests During the COVID-19 Pandemic. Front. For. Glob. Change 4:672909. doi: 10.3389/ffgc.2021.672909

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