Wildverbiss

Das Ökosystem Wald ist Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen und erfüllt gleichzeitig wichtige Funktionen für den Menschen. Das Wirken der Pflanzenfresser ist zunächst ein natürlicher Einfluss im Wald. Der Verbiss an jungen Bäumen kann jedoch zu einem Schaden werden, wenn die Nutzungsansprüche des Menschen und die damit verbundenen Ziele gefährdet werden. Diese oft als Wald-Wild-Konflikt beschriebene Problematik ist also eher ein Konflikt zwischen Mensch und Wildtier, hervorgerufen zum Beispiel durch Zuwachsverluste oder dem Ausbleiben der gewünschten Naturverjüngung.

In unserer Kulturlandschaft kann der Verbiss an der Waldvegetation durch diverse Faktoren beeinflusst werden. Ein Einflussfaktor im Wirkungsgefüge Wald, Wild und Mensch ist die Wilddichte. Eine nachhaltige Jagd beeinflusst somit auch den Wildeinfluss im Wald. Um die Verjüngungsziele zu erreichen, ist die alleinige Betrachtung der Jagd in den meisten Fällen allerdings nicht ausreichend. Die Art des Waldbaus bestimmt zum Beispiel die Nahrungsverfügbarkeit für Pflanzenfresser und ist eine wichtige Stellschraube für die Wildschadensanfälligkeit des Waldes. Auch Waldbesuchende beeinflussen die Raumnutzung von Wildtieren und damit indirekt den Verbiss im Wald. Über eine ganzheitliche Betrachtung und Analyse des Wirkungsgefüges entwickeln wir Lösungsansätze für ein modernes Wildtiermanagement im Wald.

Projekte

Im Projekt "Transfer im Themenbereich Wildverbiss" entwickeln wir Lösungsansätze für ein modernes Wildtiermanagement im Wald. Über eine ganzheitliche Betrachtung und Analyse des Wirkungsgefüges werden praxisrelevante, einfach umsetzbare und erfolgversprechende Maßnahmenpakete für Regionen entwickelt, in denen starker Verbiss die Erreichung waldbaulicher Ziele für Tanne und Eiche gefährdet.

Dabei legen wir neben dem wissenschaftlichen Ansatz - Verbissintensität und Schadwirkung werden durch viele Faktoren innerhalb eines Wirkungsgeflechts beeinflusst und darum sollten Lösungen verschiedene Handlungsebenen miteinbeziehen - großen Wert auf das Potential der Kommunikation zwischen den Akteursgruppen.

Hintergrund

Die Verjüngung der Wälder durch junge Bäume, die ohne direktes Zutun des Menschen natürlicherweise durch die in einem Waldbestand vorhandenen Samenbäume aufkommen, ist forstwirtschaftliches Ziel in Baden-Württemberg. Diese sogenannte Naturverjüngung hat viele Vorteile: das Saatgut stammt von lokal angepassten Bäumen, die Keimlinge sind von Anfang an an die Standortsverhältnisse angepasst und nicht zuletzt ist eine funktionierende Naturverjüngung kostengünstig.

Allerdings können junge Bäume durch äsendes Schalenwild so stark verbissen werden, dass sie nur stark verzögert aufwachsen oder andere, nicht erwünschte und weniger verbissgefährdete Baumarten schneller wachsen und die gewünschten Baumarten verdrängen.

Seit 1986 wird daher im Rahmen des Forstlichen Gutachtens die Intensität des Verbisses an Baumverjüngung durch Schalenwild geschätzt. Seit 2009 wird zusätzlich zur Verbissintensität das Erreichen der waldbaulichen Ziele auf den Verjüngungsflächen geschätzt. Damit wird berücksichtigt, dass Verbiss erst dann einen Schaden darstellt, wenn er erheblichen Einfluss auf den zukünftigen Bestand hat und die waldbauliche Zielerreichung gefährdet. Die Schätzung dient als Grundlage zur Abschussvereinbarung zwischen den jeweiligen Jagdrechtsinhabenden und Jagdausübenden in einem Jagdrevier. In Baden-Württemberg erfolgt sie seit dem 01.04.2016 im Rahmen der Rehwildbewirtschaftung ohne behördlichen Abschlussplan (RobA).

Im Fokus des Projekts stehen die Weißtanne und die Eiche. Diese beiden, auch im Klimawandel waldbaulich vielversprechenden Baumarten werden besonders gern und häufig verbissen und stellen, auch im Hinblick auf die jüngsten, klimabedingten Waldschäden und große Waldflächen die zur Verjüngung anstehen oder wieder bewaldet werden müssen, die Jagd und den Waldbau gleichermaßen vor eine große Herausforderung.

Obwohl es zahlreiche und wissenschaftlich gestützte Erkenntnisse zum Themenfeld „Waldverjüngung und Wildverbiss“ gibt, fehlt in vielen Bereichen eine Strategie, um diese Erkenntnisse zum besseren Erreichen der waldbaulichen Ziele vor Ort einzusetzen. Stattdessen münden Schwierigkeiten beim Erreichen der waldbaulichen Verjüngungsziele oftmals in gegenseitigen Schuldzuweisungen statt in der Entwicklung von gemeinsamen Lösungsstrategien. Die unterschiedlichen landschaftlichen Gegebenheiten in Baden-Württemberg verlangen zudem danach, dass Lösungsstrategien regional angepasst sind.

Ziele des Projekts

Hauptziel des Projektes ist es, erfolgversprechende Maßnahmen für die Erreichung der waldbaulichen Verjüngungsziele zu identifizieren und diese praxisgerecht zu vermitteln. Hierdurch soll die Entwicklung von regionalen Lösungskonzepten durch die Akteure vor Ort unterstützt werden.  Im Einzelnen werden drei aufeinander aufbauende Ziele verfolgt:

  1. Praxisgerechte Aufarbeitung von Fachwissen: Als Grundlage für einen konstruktiven Dialog und die zielgerichtete Entwicklung von regionalen Lösungsstrategien rund um Waldumbau, Klimawandel und Wildverbiss wird das vorhandene Wissen in Form eines praxisnahen Ratgebers, eines ausführlichen Review-Papers und eines Erklärvideos aufgearbeitet.
  2. Lernen von Positivbeispielen: Durch den Vergleich von Gebieten mit und ohne Verjüngungsschwierigkeiten (sogenannte Transfergebiete) werden spezifische Stellschrauben für die erfolgreiche Verjüngung von Tanne und Eiche in Baden-Württemberg identifiziert. Hierbei werden sowohl waldbauliche und jagdliche Stellschrauben, als auch die Kommunikationsstrukturen zwischen den Akteuren vor Ort analysiert. Basierend auf den Ergebnissen werden regionalspezifische Lösungskonzepte entwickelt.
  3. Das Forstliche Gutachten soll als zentrales Instrument der Abschussplanung weiterentwickelt und seine Anwendung gestärkt werden.

PROJEKT - BEGLEITFORSCHUNG FORSTLICHES GUTACHTEN (2017-2019)

Das Projekt Begleitforschung Forstliches Gutachten baut thematisch auf den Ergebnissen der landesweiten Auswertung des Forstlichen Gutachtens (2009, 2012, 2015) auf. Für ausgewählte Jagdreviere in Baden-Württemberg wurden in den Jahren 2017 und 2018 Verbissaufnahmen mit einem Fokus auf den Baumarten Eiche und Tanne durchgeführt. Auf Grundlage der Feldaufnahmen werden praxisrelevante Empfehlungen für die erfolgreiche Verjüngung von Tanne und Eiche entwickelt.

  • 1545 Begleitforschung Forstliches Gutachten

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